Bei Verdacht auf Tinnitus wird man vom Arzt eingehend befragt. Wirklich messen können Mediziner das Phänomen bislang nicht. Eine neue Methode soll das ändern.
Mit einer neuen Methode sollen Ärzte einen Tinnitus relativ präzise messen können. Bislang wurde das Phänomen, bei dem Betroffene unter der Wahrnehmung nicht real existierender Geräusche leiden, hauptsächlich aufgrund von subjektiven Angaben der Patienten diagnostiziert, wie australische Forscher im Fachmagazin "PLOS ONE" schreiben.
Ihr Ansatz, der auf der Beobachtung von Hirnaktivität beruht, könne dazu beitragen, Fortschritte bei der Behandlung eines Patienten besser zu beurteilen sowie neue Therapieansätze besser testen zu können.
Eine deutsche Expertin dämpft aber die Erwartungen, dass die neue Technik schon bald Einzug in die Praxis findet.
Schädigung von Sinneszellen im Innenohr
Die Deutsche Tinnitus-Liga schätzt, dass einige Millionen Menschen in Deutschland an Tinnitus leiden. Sie hören über einen längeren Zeitraum beispielsweise ein Piepsen, Klingeln, Pfeifen oder auch Brummen, obwohl es diese Geräusche um sie herum gar nicht gibt. Manche Patienten belastet das so sehr, dass ein normales Leben kaum noch möglich ist.
Hinter einem Tinnitus steckt in der Regel eine Schädigung von Sinneszellen im Innenohr. Dadurch werden fehlgeleitete Nervenimpulse erzeugt, die dem Gehirn bestimmte Geräusche vorgaukeln. Auslöser können unter anderem Stress, ein Lärmtrauma und Erkrankungen im Ohrbereich sein.
Ein chronischer Tinnitus ist nur schwer zu behandeln, oft laufen Therapien darauf hinaus, sich an ein Leben damit zu gewöhnen.
Tinnitus: Spezielle Kappe misst Hirnaktivität
Bislang ist es üblich, dass Ärzte Betroffene unter anderem nach ihrem Leidensdruck befragen und mithilfe von Vergleichstönen versuchen, die Art und Lautstärke des empfundenen Geräuschs zu bestimmen.
Aufgrund dieser Angaben stellt der Mediziner dann eine Diagnose und schlägt eine Therapie vor. Forscher um James Fallon von der Universität Melbourne haben nun eine Methode entwickelt, mit dem ein Tinnitus auch gemessen werden kann.
Dafür setzten sie insgesamt 46 Probanden - einige mit und einige ohne chronischem Tinnitus - eine spezielle Kappe auf, mit deren Hilfe die Hirnaktivität gemessen werden kann. Fachleute sprechen von funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS).
Die Forscher interessierten sich dabei für bestimmte Muster, wie Gehirnbereiche miteinander in Verbindung stehen. Mit Hilfe spezieller Computerprogramme konnten sie dann bei der überwiegenden Zahl der untersuchten Fälle auf einen Tinnitus und dessen Schwere schließen.
Kosten und Zeitaufwand sind bisher noch unklar
Birgit Mazurek, Direktorin des Tinnituszentrums an der Berliner Charité, spricht von einer "interessanten Studie" - auch wenn solche experimentellen Hirnmessungen bei Tinnitus-Patienten nicht ganz neu seien. Es ließe sich bislang nicht wirklich beurteilen, ob die neue Methode tatsächlich praxistauglich sei. So seien Kosten und auch Zeitaufwand unklar.
Mazurek betonte, dass es zwar hilfreich wäre, einen Tinnitus objektiv messen zu können. Gleichzeitig verwies sie aber darauf, dass der Leidensdruck der Patienten sehr individuell sei - und nicht direkt abhängig von der Intensität der wahrgenommenen Geräusche.
In anderen Worten: Wie stark ein Patient unter seinem Tinnitus leidet, ließe sich nur bedingt mit der nun vorgestellten Methode bestimmen. © dpa
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