Der Traum von einer einfachen Schnittstelle zwischen Gehirn und Maschine ist wahr geworden.
Mithilfe von Gehirnsignalen kann jeder Mensch zum Beispiel ein Modellauto lenken. Benötigt wird ein Helm, der die Gehirnströme ohne direkten elektrischen Kontakt in Steuerungssignale umsetzt. Forscher an der Technischen Universität Braunschweig haben ihn jetzt entwickelt.
Das neue Verfahren basiert auf einem klassischen Elektroenzephalogramm (EEG). Es misst die elektrische Aktivität des Gehirns anhand von Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche. Ein Computer überträgt die Signale auf das Fahrzeug. Indem sich die Testperson auf vorgegebene Muster konzentriert, kann sie die Richtung des Modellfahrzeugs verändern.
In Sekunden einsatzbereit
Der Clou: Das neue Brain-Computer-Interface kommt ohne direkten elektrischen Kontakt zum Kopf aus. Die Gehirnsignale werden von den Elektroden im Helm berührungslos gemessen. So kann man auf elastische Hauben und den Einsatz von Kontaktgel verzichten, die beim herkömmlichen EEG benötigt werden.
Während ein EEG bisher eine lange und für den Patienten unangenehme Vorbereitung benötigt, ist der Helm in Sekunden einsatzbereit. Mit dieser Methode lassen sich nicht nur Modellautos lenken. Sie soll in Zukunft auch als schonende und kostengünstige Alternative bei der Diagnose von Gehirnerkrankungen verwendet werden. Auch bei der Steuerung von Computerspielen und anderer Geräte wie Rollstühle und Prothesen soll die Entwicklung zum Einsatz kommen.
Signale aus dem Sehzentrum
In dem Fahrzeug-Versuch werden die Signale im Sehzentrum des Gehirns gemessen. Um zu steuern betrachtet man auf einem Bildschirm zwei Schachbrettmuster, die mit unterschiedlicher Frequenz blinken. Konzentriert man sich auf das linke Schachbrett, fährt das Auto nach links, beim rechten Schachbrett entsprechend nach rechts. Wird keines der beiden Muster fokussiert, fährt das Fahrzeug geradeaus.
Ein Sensor passt auf eine Zwei-Euro-Münze
Das Brain-Computer-Interface ermöglicht den direkten Informationsfluss vom Gehirn zum Computer. Dazu müssen Signale aus dem Gehirn aufgenommen werden.
Die Wissenschaftler am Institut für Elektrische Messtechnik und Grundlagen der Elektrotechnik (EMG) der Technischen Universität Braunschweig haben dazu eine neue Methode, das kapazitive EEG entwickelt. Die Braunschweiger arbeiteten eng mit Prof. Dr. Gabriel Curio von der Klinik für Neurologie der Charité Berlin und Prof. Dr. Klaus-Robert Müller vom Fraunhofer Institut FIRST in Berlin zusammen.
"Gehirnaktivitäten lassen sich auch an der Körperoberfläche nachweisen. Sie verursachen Ladungsverschiebungen im Bereich der Kopfhaut", erläutert EMG-Institutsleiter Prof. Dr. Meinhard Schilling. "Diese Änderung der elektrischen Ladung kann wiederum die Ladung auf einer metallischen Platte in Körpernähe beeinflussen. Das machen wir uns zunutze: Die Platte benötigt keinen elektrischen Kontakt zum Körper mehr. So können wir selbst durch Haare hindurch die Gehirnströme aufzeichnen."
Mit hochempfindlichen Signalverstärkern bereiten die Wissenschaftler die Signale so auf, dass sie später wie Landkarten auf einem Bildschirm dargestellt werden können. Aus zahllosen Gehirnsignalen werden dann die richtigen herausgefiltert. "Der Einzelsensor in unserem Helm hat lediglich den Durchmesser einer Zwei-Euro-Münze und ist damit kaum größer als eine konventionelle EEG-Elektrode", erläutert Schilling.
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