• Eine kleine Studie weist daraufhin, dass therapieresistente Depressionen mit dem Einsatz von Lachgas gelindert werden können.
  • Dabei waren sowohl geringere als auch höhere Dosen wirksam.
  • Die Ergebnisse müssen nun in einer größeren Studie bestätigt werden.

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Eine einstündige Inhalationsbehandlung mit Lachgas kann einer kleinen Studie zufolge die Symptome einer schweren, therapieresistenten Depression für etwa zwei Wochen lindern.

Eine geringere und damit verträglichere Dosis des Gases war dabei nahezu ebenso wirksam wie eine höhere Dosis, die häufiger mit Übelkeit oder Kopfschmerzen einhergeht, berichten US-Forscher im Fachmagazin "Science Translational Medicine". Ein deutscher Experte spricht von interessanten Ergebnissen, die aber in einer größeren Studie bestätigt werden müssten.

Lachgas kann Patienten womöglich helfen

Depressionen sind eine häufige Erkrankung. Etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann in Deutschland erkrankt nach Angaben der Deutschen Depressionshilfe im Laufe des Lebens daran. Es gibt eine Reihe von Medikamenten zur Behandlung depressiver Erkrankungen.

Bei mindestens einem Drittel dieser Patienten bestehe nach Angaben der Forscher um Peter Nagele von der University of Chicago allerdings das Risiko, dass sie nicht auf die Medikamente ansprechen und die Depression chronisch wird. Der gebürtige Österreicher Nagele zeigte 2015 in einer ersten Machbarkeitsstudie, dass Lachgas diesen Patienten womöglich helfen kann.

Lachgas - oder chemisch Distickstoffmonoxid - wird in der Medizin seit langem als Narkose- oder Schmerzmittel eingesetzt, häufig in der Zahnmedizin, etwa beim Ziehen eines Zahnes. In der aktuellen Studie untersuchte das Team, ob eine geringere Dosis als die seinerzeit eingesetzte ebenfalls eine Wirkung zeigt und ob sie gegebenenfalls länger als einen Tag anhält.

Schweregrad auf der Depressionsskala sank

20 Teilnehmer schlossen die Studie ab. Diese hatten im Abstand von etwa einem Monat jeweils drei Behandlungen durchlaufen: Sie atmeten einmal für eine Stunde ein Gemisch von 50 Prozent Lachgas und 50 Prozent Sauerstoff, einmal ein Gemisch mit nur 25 Prozent Lachgas und einmal als Placebo nur Sauerstoff.

Das Befinden der Patienten beurteilten die Forscher zu mehreren Zeitpunkten im Verlauf der Studie mit Hilfe der Hamilton-Depressionsskala, einem Fragekatalog zur Schwere verschiedener Symptome einer Depression. Ihre ursprünglichen Medikamente durften die Teilnehmer weiter einnehmen.

Bei 17 der 20 Patienten nahm die Schwere der Depression im Studienverlauf ab, berichten die Forscher. Der Schweregrad auf der Depressionsskala sank im Schnitt von 20,5 Punkten - einer mittelschweren Depression - auf 8,5 Punkte, was in der Klassifizierung zwischen "keine Depression" und "leichte Depression" fällt.

Die geringere Dosis von 25 Prozent Lachgas war dabei nahezu ebenso wirksam wie die höhere Dosis mit 50 Prozent - allerdings bei einem Viertel der unerwünschten Wirkungen. Traten Effekte wie Übelkeit, Erbrechen oder ein Gefühl des High-Seins auf, verschwanden sie in der Regel innerhalb weniger Stunden.

Effekt bei höherer Dosierung nach zwei Wochen größer

Der Unterschied zwischen den beiden Dosierungen betraf vor allem die Dauer der Wirkung: Der Effekt war bei der höheren Dosierung nach zwei Wochen größer. Bei einigen Patienten zeigte die Behandlung keine oder nur eine minimale Wirkung, berichten die Forscher weiter.

Es handele sich um eine kleine Studie, in der es vorrangig darum gegangen sei, eine optimale Dosis zu finden und die Dauer der Wirkung genauer zu erforschen. Die Befunde können nicht einfach auf eine größere Patientengruppe übertragen werden, betonen die Wissenschaftler. Die Ergebnisse rechtfertigten aber größere Studien mit mehr Patienten.

Diese Ansicht teilt Peter Falkai, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU Klinikum München, der nicht an der Studie beteiligt war. Der festgestellte Effekt sei im Vergleich zur Wirkung zugelassener Antidepressiva erheblich. "Aufgrund der geringen Zahl von Patienten können Effekte allerdings leicht überschätzt werden. Es ist keine Seltenheit, dass die sich in größeren Studien dann verlieren."

Mit Ketamin werde bereits ein anderes, ursprünglich aus der Anästhesie bekannte Arzneimittel gegen Depressionen eingesetzt. "Es scheint eine Untergruppe von Patienten zu geben, die auf diese Wirkstoffe ansprechen."

Studie wird nicht von der Pharmaindustrie gefördert

"Es gibt einen riesigen ungedeckten Bedarf", sagte Nagele. "Es gibt Millionen von depressiven Patienten, die keine guten Behandlungsmöglichkeiten haben, besonders diejenigen, die mit Suizidalität zu tun haben. Wenn wir wirksame, schnelle Behandlungen entwickeln, die jemandem wirklich helfen können, seine suizidalen Gedanken zu steuern und auf der anderen Seite herauszukommen - das ist eine sehr erfreuliche Forschungsrichtung."

In einem zu der Studie veröffentlichten Video betont Nagele, dass die Studie nicht von der Pharmaindustrie gefördert und nicht von kommerziellen Interessen geleitet sei. Lachgas sei ein altes Medikament, das nicht mehr unter Patentschutz falle.

Es gehe um ein "repurposing" - also das "Umfunktionieren" - eines bereits etablierten Medikaments und darum, Behandlungsoptionen für eine Patientengruppe zu finden, denen wenige Alternativen offenstehen. (ff/dpa)

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