Der Kampf gegen die Masern schien durch flächendeckende Impfungen gewonnen. Doch nun schlägt die WHO Alarm. Versorgungskrisen und ideologische Gründe öffnen den Erregern Tür und Tor.
Das Vorbeugen gegen Masern ist einfach, eine Impfung kostet nur wenige Cent. Dennoch ist die hochansteckende und mitunter lebensgefährliche Krankheit wieder auf dem Vormarsch. Und das nicht nur in Ländern, die unter Armut und Konflikten leiden, sondern auch in Deutschland und anderen westlichen Industriestaaten - vor allem wegen sinkender Impfquoten. Am Freitag sprach sich der brandenburgische Landtag für eine Impfpflicht für Kita-Kinder aus.
Was genau sind Masern?
Masern sind eine Viruserkrankung, die schneller übertragen wird als etwa die Grippe oder Ebola. Wenn ein Infizierter niest oder hustet, bleiben die Viren noch zwei Stunden aktiv. Eine Infektion kann also noch erfolgen, wenn gar kein Infizierter mehr im Raum ist. Außerdem können Infizierte das Masern-Virus bereits vier Tage vor Ausbruch von Symptomen übertragen.
Betroffen sind meist Kinder, aber nicht ausschließlich. Die Krankheit äußert sich mit hohem Fieber und später dann mit rotem Hautausschlag. Zudem können lebensgefährliche Komplikationen wie eine Lungenentzündung oder eine Hirnhautentzündung auftreten, insbesondere bei ohnehin abwehrgeschwächten Menschen wie Säuglingen oder Senioren.
Gesundheitsbehörden rufen eindringlich zur Impfung ab einem Alter von zwölf Monaten auf. Dabei geht es nicht nur um den persönlichen Schutz, sondern auch um eine Immunisierung der Gesamtbevölkerung. Angestrebt wird eine Impfrate von 95 Prozent. Sie macht eine Infektion von Menschen unwahrscheinlich, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können wie Säuglinge, Leukämie-Patienten oder Transplantationsempfänger.
Warum sind Masern wieder in den Schlagzeilen?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef schlugen jüngst wegen der Ausbreitung der Masern Alarm. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der gemeldeten Infektionen laut WHO im Vergleich zu 2017 um 50 Prozent. Weltweit starben 136.000 Menschen an den Masern.
Laut Unicef wurden 2018 in 98 Ländern mehr Masern-Fälle registriert als 2017. Allein zehn Staaten, darunter Brasilien, der Jemen und Frankreich, sind für drei Viertel des Anstiegs verantwortlich. Den stärksten Anstieg von 30.000 auf 35.000 Fälle verzeichnete demnach die Ukraine. Allein in den ersten beiden Monaten 2019 wurden dort schon 24.000 neue Fälle gemeldet.
Warum verbreitet sich die Krankheit derzeit so stark?
In den reichen Ländern geht die Ausbreitung der Masern vornehmlich auf eine zunehmende Impfskepsis zurück. Die Wortführer stützen sich bei ihren Warnungen vor allem auf den britischen Wissenschaftler Andrew Wakefield, der Forschungsergebnisse gefälscht und einen Zusammenhang zwischen der Masern-Impfung bei Kindern und Autismus behauptet hatte. Obwohl seine These unter anderem durch eine Studie mit mehr als 650.000 Kindern und weitere Untersuchungen längst widerlegt wurde, hält sich das Gerücht etwa in Online-Foren hartnäckig.
In Deutschland treten die Masern in Wellen auf. Während es 2017 mit 929 Infektion relativ viele Fälle gab, waren es 2018 laut Robert-Koch-Institut mit 543 wieder weniger. Der Höhepunkt der vergangenen 15 Jahre wurde 2015 mit 2465 Fällen erreicht.
Auch religiöse Motive spielen bei der Impfskepsis eine Rolle. So waren beim jüngsten massiven Masern-Ausbruch im US-Bundesstaat New York vor allem ultraorthodoxe Juden betroffen. Unicef-Chefin Henrietta Fore erklärte im März mit Blick auf die Impfgegner: "Masern mögen die Krankheit sein, aber allzu oft ist die wirkliche Infektion Fehlinformation, Misstrauen und Gleichgültigkeit."
Impfkampagne der Unicef
In armen Weltgegenden haben viele Menschen hingegen keinen Zugang zur Masern-Impfung, wie die WHO beklagt. So erkrankten im armen ostafrikanischen Inselstaat Madagaskar zwischen September 2018 und Februar 2019 etwa 77.000 Menschen. Mehr als 900 Patienten starben, die meisten Opfer waren Kinder.
Die WHO und Unicef unterstützten im Februar eine Impfkampagne für 11,5 Millionen Kinder im Jemen, wo infolge des seit Jahren andauernden Bürgerkriegs eine Masern-Epidemie ausgebrochen ist. In Venezuela führte die akute Versorgungskrise mitsamt Medikamenten-Engpässen dazu, dass seit vergangenem Jahr zehntausende Menschen Masern bekamen. Die große Mobilität heutzutage tut ein Übriges, dass sich die Masern in aller Welt weiter ausbreiten. (mc/dpa)
© AFP
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