Russland fliegt wieder ins All. Nach der erfolgreichen Prämiere vergangene Woche plant Wladimir Putin von 2017 an regelmäßige Starts von dem Weltraumbahnhof Wostotschny nahe der chinesischen Grenze. Es sind auch Flüge auf den Mond und zum Mars in Planung. Doch warum greift der russische Machthaber nun nach den Sternen?
"Das ist ein bedeutender Schritt in der Entwicklung der russischen Raumfahrt." Mit diesen Worten eröffnete Präsident
Das neu errichtete Kosmodrom soll eine neue Ära einleiten. Doch was hat Putin genau vor?
Russland hat große Pläne für den Weltraum
Das Projekt Wostotschny war von Beginn an nicht unumstritten. Kriminelle Machenschaften auf der Baustelle sowie Streiks wegen ausstehender Löhne der Arbeiter verzögerten den Start des Prestigeobjekts. Dennoch soll Wostotschny den Russen neue Möglichkeiten in Sachen Raumfahrt eröffnen.
Die Pläne reichen weit in die Zukunft. Zuerst soll eine bemannte Rakete zum Mond fliegen, um dort Sonneneinstrahlung und Wasservorkommen zu erforschen, dann will Russland Kosmonauten zum Mars schicken.
Die Mondmission soll nach Angaben des Pressedienstes der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos frühestens 2035 stattfinden. Der lang erwartete Testflug der neuen Angara-Rakete A5B hingegen ist noch für dieses Jahr geplant.
Auch eine eigene Raumstation wünscht sich Putin - für die Zeit nach der ISS, also zwischen 2023 und 2025. Diese sei, so zitiert "Spiegel Online" den Kremlchef, von "von großer volkswirtschaftlichen Bedeutung". Denn mit dieser müsse man Russlands gesamtes Territorium einsehen können, was mit der ISS aufgrund ihrer Umlaufbahn nicht möglich ist.
Wird Russland nun Konkurrenz für Europa und die USA?
In gewisser Weise sind die USA und Europa derzeit sogar abhängig von der russischen Raumfahrt: Wer zur internationalen Raumstation ISS fliegt, tut dies in Sojus-Kapseln. Damit verdient Russland ebenso Geld wie mit den Starts von Satelliten – die momentan einzigen Erfolge der Weltraumnation, denn eigene Projekte wie etwa der Frachttransporter Progress M-27M, der 2015 zur ISS hätte fliegen sollen, aber in der Erdatmosphäre verglühte, sind wenig von Erfolg gekrönt.
Wettrüsten für die Erkundung des Alls: Entsteht ein neuer kalter Krieg?
Erinnerungen werden wach an den Wettlauf um die Eroberung des Monds, die die Zeit des kalten Krieges prägte. Steht ein neues Wettrüsten zwischen West und Ost an? Die derzeitige politische Lage verstärkt solche Befürchtungen.
Doch Thomas Reiter, ESA-Direktor und ehemaliger Raumfahrer sieht eher ein Miteinander mit der russischen Roskosmos: "Die Kooperation zwischen den beiden Behörden hat eine verhältnismäßig lange Historie, die bereits in den Neunzigern angefangen hat."
Die Ziele beider Seiten sind identisch: Die Erkundung des Weltraums allgemein und konkrete wissenschaftliche Ziele, wie etwa die mögliche Existenz von Leben auf dem Mars noch in diesem Jahrzehnt nachzuweisen. "Diese Themen gehen wir gemeinsam an und die sind extrem wichtig, funktionieren auch hervorragend, da wir eingespielte Schnittstellen auf beiden Seiten haben", erklärt der Raumfahrer gegenüber unserer Redaktion.
Auch die USA haben mit Russland Pläne, die über die ISS hinausgehen. Hatten die beiden Parteien 2014 noch ein Ende der Zusammenarbeit angekündigt, sind seit 2015 Pläne über weitere Zusammenarbeit bekannt.
Was will Putin mit der Weltraumforschung bezwecken?
Was sind die Gründe für die neuen Bestrebungen, das Weltall zu erobern? Russland will vor allem wirtschaftlich von der Forschung profitieren: Im Jahr 2015 gab der Chef von Roskosmos, Igor Komarow, bei seinem Amtsantritt bekannt, dass Russland wieder mehr Geld mit der Raumfahrt verdienen möchte. Flüge ins Weltall sollen Millionen in die Kassen spülen, denn der Start kommerzieller Satelliten ist sehr lukrativ.
Zudem erhofft sich Russland, das sein Etat in der Raumfahrt aus wirtschaftlichen Gründen zurückschrauben musste, vom Weltraumbahnhof Wostotschny auch finanzielle Unabhängigkeit. Denn momentan zahlt Russland 115 Millionen US-Dollar im Jahr Pacht an Kasachstan für den Weltraumbahnhof Baikonur. Geld, dass Russland anderweitig besser investieren könnte.
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