Neue Messungen von Elementen auf Mond und Erde kratzen an der führenden Theorie zur Entstehung des Erdtrabenten. Der Einschlag eines Himmelskörpers auf der Erde, der den Mond hervorbrachte, dürfte heftiger als gedacht gewesen sein.

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Der Mond ist einer neuen Untersuchung zufolge aus einer katastrophalen kosmischen Kollision entstanden, bei der die junge Erde zu großen Teilen zerschmettert wurde. Die Trümmerwolke, aus der schließlich der Mond kondensiert ist, war dabei rund 500-mal größer als die Erde heute. Das berichten Kun Wang und Stein Jacobsen von der Washington-Universität in St. Louis und der Harvard-Universität im US-amerikanischen Cambridge im britischen Fachblatt "Nature". Ihre Analysen widersprächen der bislang favorisierten Theorie von einer Art kosmischem Streifschuss, betonen die Forscher.

Der Einschlag eines etwa Mars-großen Himmelskörpers auf die entstehende Erde gilt als wahrscheinlichstes Szenario für die Herkunft unseres Mondes. Bislang gehen die meisten Astronomen jedoch davon aus, dass dieser Einschlag streifend erfolgte und außer dem Einschlagkörper nur kleine Teile der Proto-Erde dabei aufgeschmolzen sind. Diese Variante kann viele dynamische Eigenschaften des Erde-Mond-Systems gut erklären.

Allerdings zeigen Modellrechnungen, dass der Mond dabei zu 60 bis 80 Prozent aus dem Material des Einschlagkörpers bestehen sollte. Tatsächlich ist die Häufigkeit verschiedener Varianten der chemischen Elemente (Isotope) auf Mond und Erde jedoch nahezu identisch, wie zahlreiche Untersuchungen belegen. Und es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass der Einschlagkörper und die Proto-Erde zufällig dieselbe chemische Zusammensetzung hatten.

Heftige Kollision nötig

Um das Material beider Himmelskörper derart gut zu vermischen, sei eine viel heftigere Kollision nötig, die große Teile der Proto-Erde mit aufgeschmolzen hat, argumentieren Wang und Jacobsen. Sie gehen davon aus, dass sich aus der Trümmerwolke eine sogenannte überkritische Flüssigkeit gebildet hat: ein Zustand bei hoher Temperatur und hohem Druck, bei dem sich nicht mehr unterscheiden lässt, ob eine Substanz flüssig oder gasförmig ist. Aus einem Teil dieser Wolke sei schließlich der Mond kondensiert.

Bei der Untersuchung der Häufigkeit verschiedener Kalium-Isotope in Mond- und irdischem Gestein haben die beiden Forscher nach eigenen Angaben nun einen Hinweis auf einen derartigen Ablauf gefunden: Der Mond besitzt diesen Analysen zufolge einen um 0,4 Promille höheren Anteil des schwereren Isotops Kalium-41 als die Erde. Diese leicht erhöhte Konzentration ist nach der Argumentation von Wang und Jacobsen die Folge davon, dass Kalium-41 etwas schneller kondensiert als das leichtere Kalium-39.

Es müsse in der überkritischen Wolke jedoch etwa der zehnfache Druck geherrscht haben wie heute auf Meereshöhe. Andernfalls hätte der Kalium-41-Überschuss auf dem Mond noch höher ausfallen müssen. "Unsere Ergebnisse liefern die ersten harten Belege dafür, dass der Einschlag tatsächlich zum großen Teil die Erde pulverisiert hat", betont Wang in einer Mitteilung der Washington-Universität.  © dpa

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