Die Weihnachtszeit mag für manche die schönste des Jahres sein, andere fühlen sich gerade im Advent und um die Feiertage besonders einsam. Wer mit seiner Familie oder Freunden gebrochen oder einen schweren Verlust erfahren hat, blickt oft eher besorgt auf den Kalender. Was jetzt das Gefühl von Verbundenheit stärkt und wie man die Feiertage fröhlicher gestaltet – auch allein.

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Wenn das echte Leben kein Hollywood-Film ist, dann ist es erst recht keine Weihnachtsschnulze. Und doch wünschen sich viele von uns, dass es an den Feiertagen so läuft wie im Film: Geschenke, ein Weihnachtsbaum und Verwandte in hässlichen Weihnachtspullovern. Es gibt zu viele Geschenke, zu viel Braten und zu viel Sekt. Es wird gespielt, gelacht.

Doch was, wenn die Realität ganz anders aussieht? Wenn man – aus welchen Gründen auch immer – keine Pläne für die angeblich wunderbarste Zeit des Jahres hat?

Was ist Einsamkeit eigentlich?

  • Während Alleinsein lediglich beschreibt, dass andere Menschen (temporär) nicht zugegen sind, ist Einsamkeit ein negatives Gefühl. Es entsteht laut einer Definition des Bundesministeriums für Familie Senioren, Frauen und Jugend, wenn "die gewünschten sozialen Beziehungen nicht mit den tatsächlichen sozialen Beziehungen übereinstimmen". Das heißt: Es tut weh, wenn man sich etwa tiefergehende oder mehr Freundschaften wünscht, als momentan im eigenen Leben vorhanden sind.
  • Einsamkeit kann Depression begünstigen oder aus ihr entstehen. Wer sich sehr niedergeschlagen, teilnahmslos oder sehr einsam fühlt, findet hier Hilfe.

"Alle sitzen um diesen großen, duftenden Weihnachtsbaum und lachen und sind fröhlich – nur ich nicht. Das stellen sich viele vor, auch wenn das gar nicht stimmen muss."


Waltraud Berle, Psychologin und Lifecoach

"Wer keine oder weniger Möglichkeiten der Begegnung in dieser Zeit hat, fühlt sich schneller einsam", sagt Yvonne Wilke vom Kompetenznetzwerk Einsamkeit. Das von der Regierung geförderte Projekt hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, Ursachen und Folgen von Einsamkeit zu erforschen und mögliche Präventionsmaßnahmen zu erarbeiten.

Dem stimmt auch Psychologin und Lifecoach Waltraud Berle zu: "Alle sitzen um diesen großen, duftenden Weihnachtsbaum und lachen und sind fröhlich – nur ich nicht. Das stellen sich viele vor, auch wenn das gar nicht stimmen muss."

Mit dem Gefühl der Einsamkeit ist man übrigens alles andere als allein: Bei einer Online-Umfrage aus dem Jahr 2023 mit 5.196 Menschen zwischen 18 und 69 Jahren in Deutschland gab jede vierte Person an, sich sehr einsam zu fühlen, 47 Prozent stuften sich als "moderat einsam" ein. Nur 28 Prozent gab an, sich nicht einsam zu fühlen. Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2024 unter 23.536 jungen Menschen in Europa zeigt außerdem, dass sich 57 Prozent der 18- bis 35-Jährigen "moderat" bis "stark" einsam fühlen.

Doch wer fühlt sich besonders einsam? "Vor der Corona-Pandemie fühlten sich insbesondere ältere Menschen ab 75 Jahre einsam", sagt Wilke. Während der Pandemie hat sich die Altersgruppe hin zu den jungen Menschen bis 30 Jahre verschoben. "Ein besonderes Einsamkeitsrisiko haben Menschen, die erwerbslos sind bzw. wenig finanzielle Ressourcen haben, die chronisch erkrankt oder behindert sind, queere Menschen, Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung sowie Alleinerziehende und pflegende Angehörige."

Was unseren Leserinnen und Lesern bei Einsamkeit hilft, lesen Sie hier:

Zu dem ohnehin belastenden Gefühl der Einsamkeit gesellt sich häufig noch ein weiteres: "Menschen schämen sich für ihre Einsamkeit, weil sie es als eigenes Versagen empfinden, keine zufriedenstellenden sozialen Beziehungen zu haben", sagt Yvonne Wilke. Zugleich hält sie das Thema auch gesellschaftlich nach wie vor für ein Tabu: "Wenn Themen keine unterstützende Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit oder öffentliche Lobby erfahren, ist es auch für die Betroffenen schwer, darüber zu sprechen."

Welche Angebote jetzt helfen können

Redebedarf gibt es allerdings genug. Auch die Bundesregierung hat verschiedene Projekte ins Leben gerufen, bei denen sich Menschen, die sich gerne mit anderen verbinden möchten, informieren und Anschluss finden können:

Doch was kann man konkret tun, wenn einen gerade in diesen Tagen die Einsamkeit übermannt? "Eine Art Notfallplan oder die Lösung gegen Einsamkeit gibt es nicht", sagt Yvonne Wilke. Dafür handle es sich um ein zu individuelles, subjektives Gefühl. "Manchen hilft es, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen, etwa an Sport- oder Kulturangeboten, andere brauchen einen Menschen, dem sie sich anvertrauen können."

Gerade für die Weihnachtsfeiertage rät Wilke, bei den örtlichen Kirchengemeinden, Quartierstreffs, Seniorenstätten, lokalen Initiativen und Projekten und in kostenlosen Anzeigenblättern nachzuschauen. "Sehr empfehlenswert ist auch die Initiative 'Keiner bleibt allein', die gezielt Menschen zu Weihnachten vor Ort zusammenbringt. Manche Kirchengemeinden bieten nach dem Heiligabend-Gottesdienst außerdem ein gemeinsames Weihnachtsessen an."

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Einsamkeit: Drei Schritte, die jetzt helfen können

Ganz allgemein rät Psychologin und Lifecoach Waltraud Berle auch bei dem Gefühl der Einsamkeit dazu, sich mit seinen Empfindungen auseinandersetzen, auch wenn es unangenehm ist. Negative Gefühle würden dann am schlimmsten, wenn man sie verdrängt. "Ich finde es ist wichtig, sich hinzusetzen und sich klarzumachen: Ich bin jetzt traurig, weil Weihnachten kommt und ich niemanden habe. Jawoll, ich stehe dazu, ich bin traurig, ich bin einsam."

"Wenn man an so einen Moment denkt, erinnern wir uns daran, wie stark wir schon waren – und wieder sein können. Und wir fragen uns: Wie habe ich das damals geschafft? Denn genau mit diesen Eigenschaften kann ich es auch heute aus der Einsamkeit herausschaffen."

Waltraud Berle, Psychologin und Lifecoach

Wenn das geschafft ist, empfiehlt Berle, sich Zettel und Stift zu schnappen und die eigenen Erfolge aufschreiben. "Ich spreche immer von 'Heldentaten'. Damit meine ich Gutes, das man schon getan oder erreicht hat. In Amerika würde man sagen: 'Count your blessings – an das Gute im Leben denken!'" Für Berle selbst ist das etwa das Gefühl, als sie ihren Sohn zum ersten Mal in den Armen hielt, wie unglaublich glücklich sie war.

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Oder als sie einmal weinend auf dem Fahrersitz ihres Autos saß, das nicht ansprang. Den Rücksitz bis unters Dach vollgepackt mit Erinnerungen und den Habseligkeiten, die sie gerade aus dem Heim ihrer vor Kurzem an Demenz verstorbenen Mutter geholt hatte. Sie drehte den Zündschlüssel, wollte wegfahren, aber es passierte nichts. Die Batterie war leer. "Ich dachte, das spiegelt eigentlich meinen inneren Zustand." Trotzdem fand sie in diesem Moment die Energie, alles in die Wege zu leiten, Telefonate zu führen und sich selbst aus dieser Situation zu helfen. "Wenn wir an so einen Moment im Leben denken, erinnern wir uns daran, wie stark wir schon waren – und wieder sein können. Und wir fragen uns: Wie habe ich das damals geschafft? Denn genau mit diesen Eigenschaften kann ich es auch heute aus der Einsamkeit herausschaffen."

Auch die Momente, in denen man sich besonders gut gefühlt hat, haben laut Berle einen positiven Effekt: "Wenn wir uns an die guten Dinge erinnern, dann kommen wir in eine gute Energie, das ist ein biochemischer Prozess in unserem Gehirn, wir produzieren Glückshormone." Dann könne man selbst wieder aktiv werden, vielleicht doch in den Gottesdienst oder spazieren gehen. "Wenn ich in diesem Gefühl bin und rausgehe, dann strahle ich – und oft lächeln die Leute zurück."

Selbstfürsorge oder die kleinen Dinge des Alleineglücklichseins

Weihnachten gilt als Fest der Liebe, warum also nicht auch der Liebe zu sich selbst? Wer sich einsam fühlt, kann sich Folgendes vor Augen führen:

  • Dieses Gefühl wird nicht für immer bleiben.
  • Auch wenn man es oft nicht glaubt, vielen anderen Menschen geht es genau in diesem Moment genauso.
  • Ich habe bereits schwierige Situationen gemeistert – diese meistere ich auch.
  • Es gibt vieles, was ich jetzt für mich allein tun kann, um mich besser zu fühlen.

Zu leicht geraten die kleinen Dinge, die uns fröhlicher machen können, in Vergessenheit. Auch an sie kann man sich jetzt erinnern.

Schon alltägliche, kleine Dinge können dazu führen, dass wir uns besser fühlen. Auch daran kann man sich jetzt erinnern – zu leicht geraten sie in Vergessenheit. Was uns glücklich macht, ist natürlich individuell, oft ist es uns gar nicht so bewusst. Dann kann es helfen, Stift und Zettel zur Hand zu nehmen und für sich die folgenden Fragen zu beantworten:

  • Was macht mich glücklich?
  • Was bringt mich zum Lächeln?
  • Was macht einen Tag zu einem guten Tag für mich?
  • Bei welcher Tätigkeit vergeht die Zeit wie im Flug?
  • Was habe ich schon viel zu lange nicht mehr gemacht, das mir aber jedes Mal guttut?
  • Gibt es etwas, das ich zu Hause besonders gerne mag oder mache?

Weitere Inspirationen finden Sie in den Folgen des Podcasts "15 Minuten fürs Glück"

Vielleicht wissen Sie ein spannendes Buch, Podcasts, Schaumbäder und lange Spaziergänge in der winterlichen Landschaft zu schätzen. Süße Teilchen vom Lieblingsbäcker liebevoll auf dem guten Geschirr angerichtet, Besuche im Thermal- oder Schwimmbad und schweißtreibende HIIT- oder beruhigende Yoga-Sessions. Vielleicht haben Sie ein fesselndes Videospiel, lieben Rätsel oder machen gerne bei TikTok-Challenges mit. Oder Sie haben schon viel zu lange nichts mehr mit den Händen geschaffen, etwas gebastelt, genäht oder zusammengeschraubt. Wen es besonders freut, anderen eine Freude zu bereiten, kann sich auch an Tafel, Tierheim oder andere wohltätige Organisationen wenden – viele freuen sich auch (und besonders) in der Weihnachtszeit über Hilfe und neue Gesichter.

Über die Gesprächspartnerinnen

  • Dr. phil. Fiona Waltraud Berle hat in Literaturwissenschaft promoviert. Sie studierte außerdem Psychologie und ist heute als Autorin und Lifecoach tätig.
  • Yvonne Wilke leitet beim Kompetenznetz Einsamkeit den Bereich Alter, Einsamkeit.

Redaktioneller Hinweis

  • Dieser zuletzt im Dezember 2023 veröffentlichte Artikel wurde aus aktuellem Anlass überarbeitet und aktualisiert.

Verwendete Quellen

Zeit für Selbstfürsorge! Aber wie?!

Wie wir den Schritt schaffen, uns WIRKLICH Gutes zu tun - ohne schlechtes Gewissen - und warum wir eine Regel aus dem Flugzeug auf unser ganzes Leben übertragen sollten: Frankenberger gibt eine konkrete Anleitung für Selbstfürsorge. (istock/blackCAT)
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