Sie wurde einst als deutsche Antwort auf "Sister Act" betitelt. Das wird Schwester Teresa, seit sie in den 90er-Jahren als Skateboard fahrende Nonne berühmt wurde, aber nicht gerecht. Teresa Zukic ist Medienstar, Speakerin, Sängerin, Autorin. Vor allem aber ist sie eine Frau, die sich nie hat ausbremsen lassen. Nicht von Schicksalsschlägen und auch nicht davon, oft nicht ganz ins Schema zu passen.

Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Tanja Ransom sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Menschen, die sich hauptberuflich mit dem Lächeln anderer auseinandersetzen, sind ein dankbares Publikum. Applaus, runter von der provisorischen Bühne, rüber zum Merchandise. Vorsichtig nestelt Schwester Teresa das Headsetmikrofon über ihren Kopf, trinkt einen Schluck Wasser, atmet einen Augenblick durch, lächelt und beginnt Widmungen in die Bücher zu schreiben, die ein Dutzend Zahnärzte gerade gekauft haben. Um ihren Hals baumelt ein Kruzifix aus Holz, sie sucht den Blickkontakt, wenn sie die Menschen nach ihrem Vornamen fragt. Später muss sie direkt weiter, zum nächsten Termin.

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Nachmittage wie an diesem Tag in einer Nürnberger Bankfiliale, in der sie vor anlageaffinen Zahnärztinnen und -ärzten über das Thema "Verzeihen" spricht, gibt es in Teresa Zukics Leben viele. Die Fränkin steht oft auf Bühnen - vom baden-württembergischen Grünkraut über Berlin oder Bozen bis nach New York. Fast wie ein Rockstar. Nur ohne Sex und Drogen. Rock’n‘Roll gibt es im Leben der Ordensschwester aber allemal.

Schwester Teresa arbeitet als Speakerin, hat ihre eigene geistliche Gemeinschaft gegründet, 31 Bücher geschrieben. Sie war in einer Quizshow mit Jörg Pilawa, in der sie 100.000 Euro gewann. Auf Instagram folgen ihr über 16.000 Menschen. Sie hat eine eigene App herausgebracht. Und ein Öl. Sie hat Musicals geschrieben und ein Album mit einer deutschen Schlagerboygroup aufgenommen. Es gibt kaum etwas, das diese Frau nicht ausprobiert hat.

Zeilen, die alles verändern

Wieso entscheidet sich ein Mensch, der so viele Interessen hat, ausgerechnet für einen Lebensweg, bei dem er auf das Weltliche verzichten muss? "Wie so vieles in meinem Leben, war das eine verrückte Geschichte", sagt Zukic beim Interview nach ihrem Auftritt im Eingangsbereich der Bankfiliale nach der Signierstunde.

Schwester Teresa ist Medienprofi, sie weiß um die Wirkung einer guten Geschichte. Einige Fragen beantwortet sie fast Wort für Wort, wie sie in ihren Büchern über das Thema schreibt. Wenn sie von ihren früheren Stationen erzählt, klingt es routiniert, als hätte sie es Tausende Male getan. Dann spricht sie schnell, möglichst viel Leben in möglichst kurzer Zeit. Wenn es um ihren Glauben oder herausfordernde Situationen geht, wählt sie die Worte mit Bedacht und ihr Blick wird eindringlich.

Auf diesem Bild aus dem Jahr 1994 zeigt Schwester Teresa ihr Können beim Streetball. Auch für ihre rasanten Skateboard-Einlagen war die Ordensschwester damals bekannt. © picture-alliance/dpa/Thomas Lehmann

Mit 18 Jahren war die heute 60-Jährige Leistungssportlerin und konnte in der Nacht vor einem wichtigen Basketballspiel nicht schlafen. "Ich wälzte mich hin und her und eine Freundin im Internat riet mir, mich abzulenken. Ich nahm das erste Buch, das mir in die Hand fiel und begann zu lesen. Es war die Bibel."

Die Zeilen, die sie las, die tiefe Wahrheit, die sie dort für sich fand, ließen die junge Frau nicht mehr los. Matthäus 5, Vers 8. "Selig sind die, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen." Kurz darauf ließ Zukic sich taufen, einige Jahre später trat sie ins Kloster ein. Aus Teresa Zukic, die sich früher für Fastfood von McDonald's und die Rockband Queen begeistert und davon geträumt hatte, eines Tages mal "einen Mann und eine ganze Basketballmannschaft Kinder" zu haben, wurde Schwester Teresa.

Ihre Eltern haderten zuerst mit ihrer Entscheidung. Sie hatten sich für ihre Tochter gewünscht, dass sie Karriere macht. Heute ist Teresa Zucik berühmt, es gibt unzählige Artikel und Auftritte der Nonne, ihr wurden sogar Bundesverdienstorden verliehen. "Viel wichtiger als Abzeichen ist aber, dass ich sagen kann: Ich bin glücklich", so Schwester Teresa.

"Ich habe viele Gaben vom lieben Gott geschenkt gekriegt. Aber es sind auch viele Aufgaben", sagt sie. Während des Gesprächs lehnt sie auf ihrer Gehhilfe, die Energie, das Strahlen, das bis heute von ihr ausgeht, habe sie schon immer gehabt, sagt sie. Und diese Kraft braucht sie. Als Ordensschwester und Seelsorgerin versucht Schwester Teresa denen Trost zu spenden, die das Gefühl haben, ihnen sei nicht mehr zu helfen.

Sie spricht mit Eltern, die gerade ihr Kind und den Glauben an das Gute verloren haben. Sie erzählt von einem Moment, als sie in einem kleinen Ort vor Menschen sprach. Damals sagte sie etwas, das sie zuvor noch nie in einem Vortrag gesagt hatte - ohne zu ahnen, dass es große Auswirkungen auf mindestens eine Hörerin haben würde. "Wenn Sie verzweifelt sind und nicht mehr können und sich fühlen, als stünden Sie vor einer Mauer, dann jubeln die Engel im Himmel. Sie feiern eine Party. Warum? Weil sie wissen, dass Gott Ihnen helfen wird, wenn Sie ihn jetzt rufen." Kurz nach ihrem Vortrag sei eine Frau zu ihr gekommen, die ihr mitteilte, dass der ganze Ort gerade trauere, weil ihre Enkeltochter vor Kurzem vergewaltigt und ermordet worden war. Schwester Teresas Worte seien die ersten gewesen, die ihr seither Hoffnung gegeben hätten.

Verbindungen nach ganz oben und jede Menge Verantwortung

Die Verantwortung, die auf ihren Schultern liegt, ist Schwester Teresa nur allzu bewusst. Jeden Tag riefen 10, 20 Menschen bei ihr an, damit sie für sie bete. Eine Frau aus der Psychiatrie, der es einfach nicht besser geht. Manche mit schweren Diagnosen, andere, die gerade nach der perfekten Wohnung für ihren Nachwuchs suchen. "Manchmal ist es mir wirklich zu viel", sagt Schwester Teresa. Sie fühle sich aber in der Pflicht und könne nicht einfach "Nein" sagen.

"In diesen Momenten wende ich mich an Gott: Jetzt passt du schön auf alle auf bis morgen Früh und dann gibst du mir die zurück, bei denen du denkst, dass ich helfen kann. Den Rest musst du machen. Es sind deine Kinder." Ein kurzer Moment vergeht, dann fügt sie hinzu: "Ich kann nicht die Welt retten. Ich kann nur versuchen, jeden Tag ein bisschen mehr zu lieben."

Woher sie die ganze Energie nimmt, weiß sie oft selbst nicht. Der Leistungssport in ihrer Kindheit habe ihr geholfen, sagt sie. "In der Leichtathletik muss man Kraft aufbringen, auch wenn es mühsam ist. Am Ende lohnt es sich immer. Ich habe gelernt, den Schweinehund zu besiegen und bis zum Ziel durchzuhalten."

Auf die Frage, was sie nur für sich selbst macht, sagt sie: kochen, malen, kreativ sein, essen und mit Freunden feiern. Die Band Queen mag sie immer noch. Heute hört sie aber mehr Lobpreis, Fabian Vogt oder Johannes Roth. Und sie liebt alte Filme. "Casablanca habe ich Tausende Male gesehen", sagt sie, lächelt und dann fängt sie mitten im Gespräch an, leise die Schmachtballade des Klassikers anzustimmen: "You must remember this, a kiss is just a kiss …" Viel Freizeit hat sie nicht, versucht aber jeden Tag etwas Gutes zu tun, "auch für sich selbst".

"Ich weiß, dass sich an mir die Geister scheiden. Weil ich eine dicke, erfolgreiche Frau bin."

Schwester Teresa

Generell tut Schwester Teresa sehr viele unterschiedliche Dinge, sie nennt es ihre Mission. Dass manche Menschen darauf mit Neid reagieren, ist ihr bewusst. "Nach meiner Bekehrung haben manche gesagt, ich soll mal wieder auf den Boden kommen. Inzwischen sind 38 Jahre vergangen und ich bin immer noch nicht gelandet", sagt sie und lacht. Dann schlägt sie ernstere Töne an. "Ich weiß, dass sich an mir die Geister scheiden. Weil ich eine Frau bin. Weil ich eine dicke Frau bin. Weil ich eine dicke, erfolgreiche Frau bin."

Die Menschen hätten bestimmte Vorstellungen, wie eine Ordensschwester zu sein habe. Rosenkränze und Gebetsbücher passten da gut rein, ein Skateboard, auf dem sie früher oft unterwegs war, oder ein Laptop eher nicht. Das sei aber falsch, sagt Schwester Teresa. "Die Filme über Nonnen und Kloster sind nicht das wahre Leben. Wir Ordensschwestern stehen unsere Frau, auch weil wir uns selbst finanzieren müssen."

Nur eine Nummer

Ihre ganze Kraft braucht die Ordensschwester auch im Jahr 2021. Damals muss sie ihre Tracht gegen einen Krankenhauskittel tauschen. Die Diagnose: Gebärmutterhalskrebs. Plötzlich ist sie nicht mehr Schwester Teresa, sondern Patientin Teresa Zukic. "Ich war einfach nur eine dicke Frau, eine Nummer und das hat man mich spüren lassen", sagt sie. Erst als eine Stationsschwester ihren Namen googelt und auf die vielen Treffer stößt, verändert sich der Umgang. Sie bekommt einen früheren OP-Termin, der ihr wahrscheinlich das Leben rettet. Auch dank einer Zusatzversicherung. "Das hat mich so wütend gemacht. Wieso bist du weniger wert, wenn du diesen Zusatz nicht hast?"

Als sie zuvor die Diagnose erhält, will sie wissen, wie ihre Chancen stehen. Die Ärzte schweigen. "In diesem Moment bin ich weinend zusammengebrochen", erinnert sie sich. "Kurz darauf begann ich zu lachen, weil das fast schon filmreif war und ich sagte: 'Ich glaube nicht, dass ich sterbe. Das letzte Wort hat immer noch der liebe Gott.'"

Am Tag vor der OP hat sie einen vermeintlich letzten Wunsch: "Ich möchte gern einen kleinen Schluck Champagner trinken." Mit ihrer Mutter und ihrem engen Vertrauten, Pfarrer Franz, stößt sie an diesem Abend auf das Leben an, auf die Hoffnung, die Freunde und alles Schöne – ob es sich um einen letzten kostbaren Moment oder eine zukünftige Erinnerung handelt, weiß Schwester Teresa zu diesem Zeitpunkt nicht. Es ist ein bisschen wie damals, als sie bei Jörg Pilawa in der Quizsendung saß, erinnert sich Schwester Teresa heute. Damals sagte sie: "Wenn wir gewinnen, trinken wir Champagner. Und wenn wir verlieren, dann auch."

Am nächsten Tag erwacht sie nach dem geglückten Eingriff im Bett der Berliner Charité. Sie erholt sich, einige Zeit später schreibt sie gemeinsam mit dem Arzt, der sie behandelt hat, ein Kochbuch, inzwischen hat das Duo ein weiteres Buch veröffentlicht.

Auf Instagram, bei Veranstaltungen und in ihren Büchern spricht Schwester Teresa ganz offen über die schwierigen Momente ihrer Erkrankung – und versucht so, Menschen in ähnlichen Situationen Mut zu machen. Heute sagt sie: Der Krebs war ein Geschenk, um die Menschen noch besser zu verstehen und ihnen zu helfen. "Ich möchte den Menschen vermitteln, jetzt zu leben, heute. Wer krank ist, verbringt so viel Zeit in Arztpraxen. Während der Pandemie ging es nicht, aber inzwischen dürft ihr wieder zusammen sein. Macht etwas Schönes, schmust im Wartezimmer. Das hat niemand verboten."

Über das Interview

  • Schwester Teresa Zukic ist Ordensschwester, vor 30 Jahren ist sie aus dem Kloster ausgetreten und hat ihre eigene geistliche Gemeinschaft gegründet. Sie arbeitet unter anderem als Speakerin. Nach dem Interview im Vorraum der Nürnberger Hypovereinsbank bittet Schwester Teresa um ein gemeinsames Selfie, das sie auf ihrem Instagramkanal postet.

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