Die Hälfte von Österreichs Jugendlichen kennt jemanden, der schon einmal Nacktfotos von sich verschickt hat. Und es werden immer mehr - genauso, wie die Probleme, die Sexting mit sich bringen kann: Der Liebesbeweis macht allzu oft unverhofft im Netz die Runde.

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Sexting - das Versenden und Tauschen von eigenen Nacktaufnahmen über Internet oder Handy - ist unter Österreichs Jugend im Trend. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die "Saferinternet.at" und "147 Rat auf Draht" in Wien vorgestellt haben. Demnach kennt mehr als die Hälfte der österreichischen Jugendlichen jemanden, der schon einmal "gesextet" hat. Veröffentlicht wurde die Studie anlässlich des Safer Internet Day am 10. Februar.

51 Prozent der Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren haben demnach jemanden im Bekanntenkreis, der oder die schon einmal Nacktaufnahmen von sich selbst an andere geschickt hat. Ein Drittel hat selbst schon Fotos oder Videos erhalten, auf denen die oder der Abgebildete fast nackt oder nackt zu sehen ist. 16 Prozent der Jugendlichen gaben an, schon einmal Nacktaufnahmen von sich gemacht und diese meist auch verschickt zu haben.

Als "normal" empfinden es 31 Prozent, ihren Partnern oder Partnerinnen Nacktaufnahmen zu senden. Für knapp jeden Zehnten gilt das auch für Bilder der besten Freundin oder des besten Freunds. Am häufigsten bekommen Jugendliche erotische Fotos und Videos von Freunden geschickt (31 Prozent). Es folgen Personen, die flirten möchten (27 Prozent), Partner/Partnerin (24 Prozent), Unbekannten (24 Prozent), Ex-Partnern (23 Prozent) sowie Menschen, mit denen sie ein Verhältnis hatten (14 Prozent).

Zahl der Nutzer steigt rasant

Seit zwei, drei Jahren gibt es vermehrt Anfragen rund um das Thema Sexting. Diese Tendenz gibt es auch bei "Rat auf Draht". Laut Bernhard Jungwirth, Koordinator von "Saferinternet.at" und Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation, sind die Anfragen innerhalb eines Jahres um 20 Prozent gestiegen.

Mit Abstand die wichtigste Anwendung für Sexting ist derzeit die mobile Messenger-Anwendung WhatsApp. Auch Facebook, Skype, Snapchat, E-Mail oder Kik spielen bei der Verbreitung von Nacktaufnahmen eine wichtige Rolle.

Die Motive sind vielfältig. "Einerseits geht es um Beziehungspflege und das Zuschicken von Nacktaufnahmen als Liebesbeweis", erklärt Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von "Saferinternet.at". "Andererseits ist Sexting auch Teil des Flirtens, des Kennenlernens und dient natürlich dem sexuellen Anregen. Außerdem ist Sexting häufig auch ein Mittel zur Selbstdarstellung im sozialen Umfeld."

Risiken sind hoch - und äußerst unangenehm

Der Großteil der Jugendlichen ist sich der Risiken von Sexting durchaus bewusst: 81 Prozent schätzen die Gefahr negativer Folgen als hoch oder sehr hoch ein. "In der konkreten Situation, wenn man zum Beispiel um ein Nacktfoto gebeten wird, ist es für Jugendliche aber oft schwierig, riskantes Verhalten zu vermeiden", sagt Elke Prochazka. Sie ist Psychologin bei "147 Rat auf Draht" und Trainerin von "Saferinternet.at" und "SeXtalks".

Problematisch wird es dann, wenn die Fotos ohne Einwilligung des Abgebildeten im Internet oder Sozialen Netzen landen. Das passiert schnell: Im September 2014 machte die Nachricht die Runde, eine Zwölfjährige habe einem 13-jährigen Burschen ein Oben-ohne-Foto geschickt, der es nicht für sich behalten kann. Ein anderes Mädchen dreht ein Selbstbefriedigungsvideo, das in ihrer Schule die Runde macht.

Jugendlichen droht Kriminalisierung

Sexting ist nicht nur grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen, sondern kann auch zu einer Kriminalisierung der Jugendlichen führen. "Allein wenn Jugendliche in einer Beziehung eine pornografische Aufnahme von sich selbst an den Partner oder die Partnerin übermitteln, machen sie sich genau genommen der Kinderpornografie strafbar", erklärt "Saferinternet.at"-Chef Jungwirth. Die derzeitige Gesetzeslage sei "eine Einschränkung der selbstbestimmten Sexualität von Jugendlichen. Hier sehen wir Änderungsbedarf." Die Veröffentlichung oder Weitergabe von erotischen Aufnahmen an Dritte will aber auch Jungwirth weiter verboten sehen.

Aufklärungsbedarf sehen auch die Jugendlichen: 79 Prozent der Befragten finden es wichtig, dass junge Menschen über Sexting ausreichend informiert werden. Dafür sehen sie vor allem die Schule und die Eltern in der Pflicht. Bei konkreten Schwierigkeiten sind Beratungsstellen (57 Prozent), Freunde (55 Prozent) und Eltern (54 Prozent) die ersten Ansprechpartner.

Für die Online-Umfrage wurden 500 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren zu Erfahrungen mit und Motiven für Sexting befragt. Durchgeführt wurde die Studie vom Institut für Jugendkulturforschung - im Auftrag von "Saferinternet.at".

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