Rassismus beginnt im Alltag. Wer selbst von ihm betroffen ist, kennt die vielen Nuancen, die er annehmen kann. Wie man Alltagsrassismus auch als nichtbetroffene Person erkennen kann.

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Wer einen ausländisch klingenden Namen hat, wird bei der Wohnungssuche häufiger abgewiesen. Schwarze Menschen werden von der Polizei gezielt wegen ihrer Hautfarbe oder ihres Aussehens kontrolliert – sogenanntes Racial Profiling. Und die Chancen, eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch zu bekommen, sind für Menschen, deren Name ausländisch klingt, oft deutlich geringer.

Das geht aus dem Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hervor. Diese Stelle erhielt im Jahr 2023 insgesamt 10.772 Beratungsanfragen – ein Anstieg um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit über 3.400 Anfragen wenden sich die meisten Personen wegen Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft, Rassismus oder Antisemitismus an die Beratungsstelle. Die Zahl zu rassistischer Diskriminierung hat sich dabei zwischen 2019 und 2023 fast verdreifacht.

"Leider ist Rassismus bei uns noch immer allgegenwärtig", sagt auch die Moderatorin Anne Chebu, die sich in ihrem Buch "Anleitung zum Schwarzsein" mit Rassismus im Alltag beschäftigt hat.

Rassismus in Schulbüchern und in Serien

"Rassismus gibt es zum Beispiel in der Schule", sagt Chebu. "Viele Schulbücher zeigen kein vielfältiges Bild der Gesellschaft, sondern nur Menschen, die weiß und am besten noch blond sind." Zudem gebe es sogar Schulbücher, "in denen Wissen vermittelt wird, das an die Rassenlehre erinnert", sagt Chebu. Wissenschaftlich sind solche Theorien nicht haltbar: Dass es keine unterschiedlichen Menschenrassen gibt, hat zuletzt auch die Genetik gezeigt.

Auch in vielen Filmen und Serien tauchen entweder gar keine Schwarzen Menschen auf – oder sie sind auf eine bestimmte Rolle festgeschrieben. Darüber hinaus haben die meisten weißen Charaktere in Serien eine Geschichte: Man erfährt etwas zu ihren Lebensumständen, sieht ihre Wohnung, ihre Arbeit, ihre Familie und weiß von ihren Hobbys.

"Im Gegensatz dazu werden Schwarze Menschen zum Beispiel in US-amerikanischen Filmen und Serien oft nicht in einen solchen Kontext eingebettet", erklärt Chebu. "Man erfährt nichts über sie und ihre einzige Rolle ist es, eine weiße Figur zu begleiten."

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Ein anderer Teil des Alltags, in dem es häufig rassistische Tendenzen gibt, ist nach Chebus Erfahrung der Arbeitsplatz. "Ich kenne viele, die sich dort vermeintlich witzige Sprüche anhören mussten." Nun könnte man argumentieren, dass jeder einmal einen blöden Spruch einstecken muss. "Bei Rassismus geht es aber immer auch um Macht", verdeutlicht Chebu.

Rassismus als Rechtfertigung für Sklavenhandel

Um Rassismus besser einordnen zu können, hilft es auch, sich seine Entstehungsgeschichte zu verdeutlichen. Darüber informiert zum Beispiel Tupoka Ogette in ihrem Buch "Exit Racism" – hier sehr verkürzt dargestellt: Zunächst wurde der Begriff der "Rasse" genutzt, um Tier- und Pflanzenarten zu beschreiben. Der französische Arzt Francois Bernier übertrug diesen Begriff dann im 17. Jahrhundert auf Menschen und definierte vermeintliche Menschenrassen.

Von Anfang an waren diese verschiedenen Rassen mit Bewertungen verknüpft – und Schwarze Menschen wurden als unterlegen dargestellt. Auf diese Weise diente die damals noch junge Rassenlehre als Grundlage, um sich ganze Landstriche als Kolonien untertan zu machen und auch als moralische Rechtfertigung für den Sklavenhandel.

Rassismus im Alltag bekämpfen

Doch wie bekämpft man nun den Rassismus im Alltag? Rassismus gilt laut Ogette schließlich als Fehltritt der anderen und wer als rassistisch bezeichnet wird, fasst das schnell als Angriff auf – statt sich wirklich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Auch Chebu berichtet, dass viele Menschen sich sofort mit "ja, aber" verteidigten, wenn es um möglichen eigenen Rassismus gehe.

"Sinnvoller ist es, wenn man es schafft, eine offene Haltung einzunehmen und sich wirklich mit der Kritik auseinanderzusetzen", sagt sie. Ist man verunsichert, kann man mit etwas Abstand im Nachhinein auch einmal nachfragen, was daran rassistisch war. Sich selbst hinterfragen und sensibel für das Thema sein – und sich auch zugestehen, dass man Fehler macht.

Außerdem hilft es natürlich, sich zu informieren. Chebu empfiehlt dazu Filme und Bücher über Rassismus (zum Beispiel: "Deutschland Schwarz Weiß" von Noah Sow), Blogs wie derbraunemob.de oder auch Seminare zum Thema Antirassismus, wie sie zum Beispiel der Verein Phönix anbietet.

Daneben seien strukturelle Veränderungen notwendig, zum Beispiel Antirassismus gezielt im Lehrplan von Schulen und Ausbildungen festzuschreiben und unabhängige Beschwerdestellen einzurichten, unter anderem bei der Polizei. Für Betroffene empfiehlt sie den Austausch mit anderen – zum Beispiel in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland.

Über die Autorin

  • Anne Chebu ist Journalistin, Fernsehmoderatorin und Autorin des Buches "Anleitung zum Schwarzsein", das 2014 im Unrast-Verlag erschienen ist.

Verwendete Quellen

Redaktioneller Hinweis

  • Dieser zuletzt im März 2023 veröffentlichte Artikel wurde aus aktuellem Anlass überarbeitet und aktualisiert.