Wie leicht es sein kann, einen Unterschied zu machen, zeigt das Herzensprojekt von elf Freunden aus Hamburg. Sie haben damit bereits Hunderttausenden Menschen in Altersheimen, Pflegeeinrichtungen oder Behindertenwerkstätten ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.
Als Designerin Rumi Kirjakov vor einigen Jahren vor einem Haufen selbst gestalteter Postkarten sitzt, die es nicht in den Verkauf schaffen werden, fasst sie einen Beschluss. In jenem Winter 2020 tobt die Pandemie, das Leben findet im Lockdown in der Wohnung und online statt. Rumi Kirjakov schaltet ihren Computer an und erzählt Freunden von ihrer Idee, die Postkarten an Menschen zu verschenken, die auf der Straße leben oder in Pflegeeinrichtungen. Die Freunde sind begeistert.
"Überall waren Besuchsverbote und auch wir, als junge Menschen mit Freunden und Familien, haben uns damals immer wieder einsam gefühlt – wie musste es erst anderen Menschen gehen, die vielleicht keinen Besuch empfangen durften oder keine Angehörigen hatten?", sagt Kirjakov heute. Schnell waren sich die Freunde einig: Das Ganze muss sich doch auch größer aufziehen lassen ...
Schnell nimmt die Idee zu "Post mit Herz" Gestalt an. Das Ziel: Eine Plattform zu schaffen, auf der Menschen die Adressen von sozialen Einrichtungen bekommen, an die sie zu Weihnachten nette Worte per Postkarte senden können - und damit einen Menschen erreichen, der sich vielleicht gerade einsam fühlt.
"Post mit Herz": Wie man an der Aktion teilnimmt
- Karte schreiben: Wer ebenfalls eine Postkarte verschicken möchte, registriert sich bis zum 16. Dezember 2024 bei "Post mit Herz" und gibt an, ob er eine oder mehrere Karten verschicken möchte. Auf der Website erfährt man dann, welcher sozialen Einrichtung man seine Postkarte schicken darf. Es eignen sich ein paar nette Zeilen, Gedichte, Fotos von Haustieren, schöne Erinnerungen ebenso wie ein Brief, ein gemaltes Bild oder etwas Gebasteltes – Hauptsache, es passt in einen Briefumschlag. Inspirationen für Anrede und schöne Zeilen finden Sie auch hier. Auf größere Zusendungen und Geschenke soll man hingegen verzichten.
- Karten empfangen: Auch soziale Einrichtungen können sich immer noch gerne bei der Aktion anmelden.
"Wir wollten damals ein Stück weit die Einsamkeit von den Menschen nehmen und ein Gefühl von Nächstenliebe und Gemeinschaft vermitteln", sagt Kirjakov. "Und das hat uns alle verbunden, obwohl wir uns gar nicht alle einzeln persönlich kannten, sondern ein Jahr lang nicht live gesehen haben. Trotzdem ist von Anfang an eine große Verbundenheit entstanden, weil wir alle für das Gleiche gebrannt haben." Während die Gruppe, die aus Menschen um die 30 besteht, zusammen gegen die Einsamkeit anderer kämpft, wächst sie selbst zu einem eingeschweißten Team zusammen.
Jeder bringt sich ein, jemand kennt jemanden, der jemanden kennt, der sich mit Websites auskennt. Das Team um Rumi Kirjakov kontaktiert soziale Einrichtungen in ganz Deutschland, einfach per Telefon. Ob sie nicht Lust hätten, bei der Aktion mitzumachen? Die Resonanz auf das Projekt, das die Freunde "in ein paar Wochen aus dem Boden gestampft hatten", wie Kirjakov sagt, stößt auf viel Gegenliebe. Viele Einrichtungen sagen zu und auch der Aufruf an Schreibende läuft sehr gut. Am Ende sind es 36.000 Menschen, die in jenem Winter 2020 bei dieser ersten Postkartenaktion mitmachen.
Ein überwältigendes Gefühl für die Initiatoren: "Wir haben gemeinsam Tränen der Rührung vor dem PC vergossen", sagt Rumi. "Wir waren wie frisch verliebt, auf Wolke sieben und das Herz war voller Dankbarkeit und Liebe", erinnert sie sich.
Besonders ergreifend sind für Kirjakov auch die Rückmeldung von den Einrichtungen und den Menschen, die Karten empfangen haben. "Viele waren erst einmal verwundert, dass sie Post erhielten. Und dann haben sie sich gefragt: Wie kann ein fremder Mensch so toll und liebevoll zu mir sein und solche Worte schreiben?", sagt Kirjakov. Bei Instagram postet "Post mit Herz" auch immer wieder Feedback-Videos:
Fünf Jahre und acht Aktionen später sind es inzwischen über 600.000 Menschen, die eine Postkarte geschrieben und empfangen haben. Die Aktion des mittlerweile eingetragenen Vereins "Post mit Herz" findet immer zweimal im Jahr statt, einmal zu Weihnachten, einmal zu Ostern. Gerade im Frühling seien es meist weniger Teilnehmende als vor Weihnachten. "Es ist toll, wie viele Menschen im Winter mitmachen und wir würden uns auch sehr freuen, wenn sich auch an Ostern noch mehr Menschen finden", sagt sie und ergänzt: "Einsamkeit findet das ganze Jahr statt."
Verwendete Quellen
- Telefonisches Interview mit Rumi Kirjakov
- Homepage Post mit Herz
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