Wir sehen es bei Kindern und wissen es aus der eigenen Kindheit: Das Herz geht auf, wenn unter dem Weihnachtsbaum ein Wunsch wahr wird. Viele Kinder erleben das aber nicht – und so fehlt ihnen eine wichtige Erfahrung, wie ein Kölner Pfarrer sagt. Er lässt nicht locker, das zu ändern und äußert seinen eigenen größten Wunsch.

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Paul ist acht Jahre alt, als ihm zum ersten Mal in seinem Leben ein Herzenswunsch erfüllt wird. Der Wunsch ist so groß, dass er ihn beinahe gar nicht aufgeschrieben hätte. Sein Wunschzettel landet bei einem Pfarrer, der sich darauf spezialisiert hat, Träume von bedürftigen Kindern zu erfüllen. "Paul wünschte sich den 'Todesstern'. Ich wusste gar nicht, was das ist", erinnert sich Hans Mörtter.

Der evangelische Pfarrer der Lutherkirche in Köln findet schnell heraus, dass es sich um ein teures "Star Wars"-Set von Lego handelt. Er wisse, schreibt Paul weiter, dass dieser Traum unerfüllbar sei. Deshalb wünsche er sich stattdessen ein anderes, deutlich preiswerteres Set. Mörtter gelingt es, einen Rabatt bei einem Kaufhaus zu bekommen, sodass Paul an Heiligabend beide Sets unter dem Christbaum findet – und eine halbe Stunde kein Wort sprechen kann. "Er war fix und fertig, erzählte mir seine Mutter. Er konnte sein Glück nicht fassen, dass sein allergrößter Traum Wirklichkeit geworden war."

Zur Person: Pfarrer Mörtter lebt es vor - Helfen macht glücklich

  • Nach mehr als 35 Jahren in der Lutherkirche der Kölner Südstadt ist Pfarrer Mörtter seit vergangenem Jahr 2022 offiziell im Ruhestand, doch von dem Wort hält er nichts. "Das Rezept gegen das Altern ist, aktiv zu bleiben!", meint der gebürtige Bonner. Gerade schickte er eine Ladung Winterklamotten für Geflüchtete nach Samos, die Lage kennt er von Besuchen dort. Dieses Jahr hielt sich der 68-Jährige im krisengeschüttelten Sudan auf, genau als dort schwere Kämpfe ausbrachen. "Ich kenne die Wirklichkeit. Ich war mittendrin, ich kenne Menschen, die davon betroffen sind. Und trotzdem lache ich", sagt er. Helfen mache glücklich. Und auch wenn er viel Elend gesehen hat, wolle er sich nicht davon besiegen lassen: "Im Gegenteil, das macht mich stärker, noch mehr zu kämpfen. Nach der Würde zu suchen und nicht zu schweigen. Ich habe die Namen und Gesichter von Betroffenen vor mir, von Menschen in Not, und ihnen bin ich verpflichtet. Weil ich sie kenne und weil sie mir wertvoll und kostbar sind. Und da steht ein Gesicht für 10.000 andere."

Träume sind wichtig für unsere Gesellschaft

Seit 17 Jahren erfüllt Mörtters "Aktion Weihnachtswunsch" Kindern in der Gemeinde – und inzwischen in Ausnahmefällen auch darüber hinaus – ihren größten Wunsch. Jedes Jahr wieder gibt es Tränen der Dankbarkeit, auch bei den Eltern: "Als eine Mutter das Geschenk für ihr Kind – ein neues Fahrrad – im Licht vor dem Altar stehen sah, konnte sie nichts mehr sagen. Ich fragte, warum sie denn weine? Sie sagte: 'Weil es neu ist. Meine Tochter hat noch nie etwas Neues gehabt'."

Die Geschenke warten darauf, von Eltern abgeholt zu werden - Medien sind nicht dabei, denn die Privatsphäre der Familien soll gewahrt bleiben. © Lutherkirche, Köln

Spielzeug, Möbel, Schuhe oder Schulranzen frisch aus dem Kaufhaus, geschweige denn so etwas wie Klavierunterricht – das gebe es im Leben dieser Kinder nicht. Manchmal hört er noch kritische Stimmen, auch wenn sie leiser werden: Second-Hand-Ware wäre doch in Ordnung. "Ich aber sage, dass da einfach auch Würde verloren geht, wenn das ausschließlich so ist."

Das Entscheidende an dem Projekt für ihn: "Diese Kinder erleben in ihrem Alltag nie, dass sich Träume erfüllen. Nur um sie herum, aber sie erleben es nicht selbst, sie haben eben Pech gehabt. Sie bekommen nur gebrauchte Sachen, müssen zurückstehen, können keinen Kindergeburtstag feiern. Wenn Kinder aber erleben, dass scheinbar unerfüllbare Träume sich doch erfüllen können, dann sind sie visionsfähig. Und das ist wichtig für ihre Persönlichkeitsentwicklung und unsere Gesellschaft. Wir haben zu wenige visionsfähige Menschen, das ist das Fatale unserer Zeit. Die meisten glauben nicht mehr, dass sich was ändern kann."

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Mehr als ein Geschenk: Was eine Spende alles bewirkt

Und die Geschenke verändern etwas. Mörtter nennt Beispiele. Der Teenager, der endlich auch einmal Schuhe hat wie seine Mitschüler - und sich zugehörig fühlt. Das Mädchen, das nur eine Matratze und ein Regal im Zimmer hatte und von Spendern richtige Kinderzimmermöbel bekommt, sodass sie nun Freundinnen einladen kann. Die Mutter, die beim Abholen des Geschenkes eine Viertelstunde lang auf dem kalten Steinfußboden der Kirche sitzt und ungläubig den neuen Fahrradanhänger abtastet. Es ist ein teurer Anhänger, ja – aber er bedeutet zugleich Mobilität, Unabhängigkeit, ein ganz neues Leben. Und das Gefühl, gesehen zu werden, "ein echter Energieschub" ist das laut Mörtter für Eltern.

Pfarrer Hans Mörtter mit zwei der Helfer, rechts von ihm seine Assistentin Monika Hagenmayer, "ohne die nichts geht", wie er sagt.

Der Zauber der Aktion lebt vom persönlichen Bezug, denn nur so erreicht die Wohltätigkeit der Spender wirklich Bedürftige. Inzwischen vermitteln auch Personen seines Vertrauens Familien, etwa eine Ordensfrau oder Ansprechpartner von Jugendzentren oder das Zentrum für alleinerziehende Mütter und Väter. Die meisten Familien kennt Mörtter nach wie vor von Angesicht zu Angesicht. "Als Pfarrer kommen viele Menschen zu einem und so wusste ich um finanzielle Problemlagen, doch ist die Scham oft groß, darüber zu sprechen. Das ganze Drama, wie es ist, Monat für Monat wieder mit den Kindern über die Runden zu kommen, offenbarte sich mir immer mehr."

Als die Mutter neben dem Fahrradanhänger kniete, war das ein Schlüsselmoment: "Mir wurde endgültig klar: Wir dürfen den Wert der Geschenke nicht deckeln. Manchen Wunsch kann man vielleicht mit 40 Euro erfüllen, aber manchmal muss man dann eben mehr in Bewegung setzen." Für größere Träume tun sich gelegentlich mehrere Spender zusammen, der Effekt ganz nebenbei: Auch sie mache die Aktion glücklich. "Konkret in der Nachbarschaft helfen und etwas so Positives für ein Kind bewirken zu können, ist wie selbst beschenkt zu werden", schildert Mörtter.

Nur ein Wunsch ist dieses Jahr noch offen

So blieb noch nie ein Wunsch unerfüllt – für Mörtter "der absolute Wahnsinn". Mit 38 Wünschen fing es an, heuer konnte er dank der Spenden und vieler ehrenamtlicher Helfer 484 Wünsche von 282 Kindern erfüllen – ein gewaltiger logistischer Aufwand.

Die Online-Liste, aus der die Spender ihr Geschenk aussuchen, ist so bunt wie die Welt der Kinder – von Meerjungfrauenkostüm und Polizeiauto über Bastelsets bis hin zu Karten für die Kinderoper. Auch grundlegende Ausstattung wie Winterstiefel oder ein Schulrucksack sind dabei. Ein Kind wünschte sich einmal eine neue Matratze, um keine Rückenschmerzen mehr haben zu müssen. Zusätzlich bekommen Familien Supermarktgutscheine, "damit sie an Weihnachten einmal durchatmen können".

Aber dort hört die Hilfe nicht auf. Mörtter und sein Team haben die Familien ganzjährig im Blick, vermitteln Beratungen und unterstützen finanziell, wo unvorhergesehene und nicht zu stemmende Kosten existenziell unter Druck setzen. Deshalb gibt es einen noch offenen Wunsch in diesem Jahr: eine Summe von etwa 10.000 Euro, mit der Mörtter helfen kann, wenn in einer Familie Not ausbricht.

"Diese Mütter, die ihre Kinder allein erziehen, für sie kämpfen und so viel stemmen müssen, die sind für mich die eigentlichen Heldinnen unserer Zeit", sagt er. Ihnen mal einen kleinen Sommerurlaub zu ermöglichen, auch das hat Mörtter schon in die Hand genommen.

Pauls Geschichte ist noch lange nicht zu Ende

Der rastlose Pfarrer hat selbst auch einen Traum: dass die Aktion in jeder großen Stadt in Deutschland umgesetzt wird. Wo das Konzept vereinzelt schon aufgegriffen werden soll, beraten er und sein Team: "Wir können es eben nicht einfach ausweiten, es muss lokal organisiert sein, weil man die Familien kennen muss", betont er. Dann aber beschere es Erlebnisse "wie in einem modernen Märchen".

Paul ist der beste Beweis dafür, seine Geschichte endete nicht mit dem "Todesstern". Mörtter sorgte dafür, dass ihm jedes Jahr ein Wunsch erfüllt wurde. Inzwischen ist er 19 Jahre alt und macht nächstes Jahr sein Abi. Neben der Schule verdient er mit kleinen Jobs ein bisschen Geld – und gehört dieses Jahr erstmals zu den Spendern in der Wunschaktion.

Verwendete Quellen

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