Eine provokante These, zwei Meinungen: In ihrem Podcast "Klussmann und Beck – Das Duell der Besserwisser" liefern sich Sebastian Klussmann und Henning Beck wöchentlich einen Schlagabtausch zu provokanten Thesen. Im Interview erklären die beiden, welche Position des jeweils anderen sie überraschte und mit welchen Promis sie gerne diskutieren würden.

Ein Interview

Ihre Währung ist Wissen: Quiz-Champion Sebastian Klussmann, bekannt aus der ARD-Quizshow "Gefragt – gejagt", und Neurowissenschaftler Henning Beck setzen sich bislang auf ganz unterschiedlichen Ebenen mit Fakten auseinander. Im Januar 2025 starteten sie mit "Das Duell der Besserwisser" ihren ersten gemeinsamen Podcast. Darin diskutieren sie kontroverse Thesen zu relevanten Debatten unserer Zeit – wissenschaftlich fundiert und aus zwei Perspektiven.

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Macht Wokeness die Gesellschaft gerechter? Sind Kriege ein Motor für den Fortschritt? Und warum wird Freiheit oft als Bedrohung empfunden? Das "Besserwisser-Duell" lebt vom pointierten Schlagabtausch der beiden – und der Spaß an der Diskussion spiegelt sich auch im Interview wider.

Sie starten jede Ihrer Podcast-Folgen mit einer "Besserwisser-Challenge". Daher beginnen wir auch dieses Interview mit einer Fragerunde. Jeder von Ihnen gibt bitte eine Antwort. Erste Frage: Welches Land hat den höchsten Anteil an Podcast-Nutzerinnen und -Nutzern, bezogen auf die Gesamtbevölkerung im jeweiligen Land?

Sebastian Klussmann: Boah, gute Frage. Gegen europäische Nationen spricht ein bisschen die Altersstruktur – es ist ja auch immer noch ein eher junges Phänomen. Ich entscheide mich aber trotzdem für den üblichen Verdächtigen: Schweden.

Henning Beck: Ich hätte auch gesagt, dass es eher ein westliches Phänomen ist. Podcasts und die ganzen Plattformen stammen eher aus der westlichen Kultur und daher hat es sich dort vielleicht früher etabliert. Ich sage Kanada.

Beides ist falsch. Nach Angaben von "Statista" hat Brasilien mit 51 Prozent die meisten Podcast-Nutzerinnen und -Nutzer im Land.

Beck: Ich war mit Kanada zumindest schon mal auf dem richtigen Kontinent und damit näher dran. Punkt für mich!

Klussmann: Das ist so ein typisches Dr.-Beck-Verhalten: Kratzt sich jeden halben Punkt zusammen, den er finden kann.

Beck: Man merkt es schon: Ich bin nicht einfach nur dafür da, Wissen zu vermitteln. Für mich geht es in diesem Podcast auch darum, zu gewinnen!

Klussmann: Ja, und zwar mit allen Mitteln!

Sie haben noch die Chance auszugleichen, Herr Klussmann. Bei welchem Geschlecht war der Anteil an Podcast-Hörerinnen beziehungsweise -Hörern in Deutschland 2024 höher – bei Männern oder bei Frauen?

Beck: Bei den Männern!

Klussmann: Frauen!

Männer ist die richtige Antwort: 2024 haben 30,9 Prozent der Männer laut "Statista" Podcasts gehört, unter den Frauen waren es 27,2 Prozent.

Klussmann: Ja gut, es gibt ja auch mehr Frauen in Deutschland. Absolut betrachtet hören also wahrscheinlich mehr Frauen Podcasts.

Beck: Wir haben vielleicht 0,7 Prozent mehr Frauen – das ist statistisch vernachlässigbar. Versuch nicht, dir hier einen Punkt herauszutricksen!

"In den Diskussionen nähern wir uns durchaus aneinander an – und das ist etwas, das in der heutigen Zeit eine besondere Bedeutung hat: die Kompromissfähigkeit."

Sebastian Klussmann

Nach dieser Fragerunde ist Herr Beck in Führung. Ist das ein repräsentatives Ergebnis für Ihren Podcast?

Beck: Ja, eigentlich gewinne immer ich – meistens zumindest.

Klussmann: Herr Beck ist zumindest häufig der gefühlte Sieger, weil er sich selbst gern zum Gewinner erklärt. Die Hörerinnen und Hörer unseres Podcasts sehen das allerdings anders – zumindest laut den Nachrichten, die ich bekomme.

Beck: Komisch, ich bekomme da ganz andere Nachrichten ... Nein, ich denke, das verteilt sich ganz gut zwischen uns. Wir sehen dieses Wissensduell in unserem Podcast natürlich spielerisch und versuchen darüber, den Inhalt zu vermitteln. Wir diskutieren zum Teil recht schwierige und provokante Themen – da ist es nicht verkehrt, das spielerisch aufzugreifen, einfach um das Ganze etwas aufzulockern.

Klussmann: Um ein Duell zu haben, müssen wir natürlich gewisse Punkte ausloten und unterschiedliche Standpunkte vertreten. In den Diskussionen nähern wir uns durchaus aneinander an – und das ist etwas, das in der heutigen Zeit eine besondere Bedeutung hat: die Kompromissfähigkeit.

War das der Ursprung der Idee, eine Art Debatten-Podcast ins Leben zu rufen?

Klussmann: Im Grunde schon. Wir sind beide meinungsstark, debattieren gerne und dachten uns: Lass uns mal Themen aus zwei Sichtweisen diskutieren. In einigen Fällen sind wir beide eigentlich ganz ähnlicher Meinung und versuchen dann argumentativ, die Grenzen auszuloten. Einfach so, aus Prinzip – ansonsten wäre eine Diskussion ja auch schnell am Ende. Es ist manchmal sinnvoll, die Perspektive zu wechseln und es macht auch einfach Spaß, zu antizipieren, was die andere Seite in die Diskussion einbringen könnte. Und wir greifen in der Diskussion immer auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurück.

Beck: Wir versuchen ganz bewusst, eine andere, konträre Perspektive einzunehmen – um dadurch die Diskussion und auch das eigene Denken herauszufordern. Wir leben in einer Zeit, in der man sich über seine Position sehr stark definiert. Das führt häufig zu solchen Fundamentaloppositionen: Aus Prinzip lehnt man die andere Seite ab, weil man Angst hat, Wählerinnen oder Follower zu verlieren. Meinungen stehen sich unversöhnlich gegenüber, Diskussion ist kaum möglich. Mit unserem Podcast versuchen wir ein bisschen zu zeigen, dass eine Diskussion durchaus hart und emotional sein kann und man trotzdem einen Weg findet, die eigene Perspektive zu weiten oder vielleicht sogar gemeinsam zu einer Lösung kommt.

"Wir wollen den Hörerinnen und Hörern unseres Podcasts Impulse mitgeben und Perspektiven vermitteln, die vielleicht ein bisschen über das hinausgehen, was man sonst so in der Medienwelt mitbekommt."

Henning Beck

Die Diskussionsthemen in Ihrem Podcast reichen von "Wokeness macht die Welt nicht gerechter" über "Stars und Helden und warum wir sie fallen sehen wollen" bis zu "Kriege sind wichtig für unseren Fortschritt". Wie entscheiden Sie, welche Thesen Sie diskutieren?

Beck: Es sind eher die großen Trends im Hintergrund oder grundsätzliche Fragen des Lebens, die uns interessieren. Und daraus versuchen wir, eine provokante These zu formulieren. Wir wollen den Hörerinnen und Hörern unseres Podcasts Impulse mitgeben und Perspektiven vermitteln, die vielleicht ein bisschen über das hinausgehen, was man sonst so in der Medienwelt mitbekommt. Auch ich lerne in jeder Folge etwas Neues.

Klussmann: Dabei sind wir aber nicht nur auf ein Themengebiet wie Politik begrenzt. Politik interessiert uns, aber eben nicht nur. Man kann schon an aktuelle Ereignisse anknüpfen, aber die Themen sollten eine gewisse Zeitlosigkeit haben und auch in zwei, drei Jahren noch von Bedeutung sein.

Gleichzeitig steht bei Ihrem Podcast die Unterhaltung im Vordergrund. Wie geht das bei einem Thema wie "Kriege sind wichtig für den menschlichen Fortschritt" zusammen?

Beck: Das ist sicher kein Thema, über das man sich lustig macht. Aber man kann es trotzdem auf eine schwungvolle und nahbare Art vermitteln. Der Diskurs ist dafür meiner Meinung nach die beste Möglichkeit. Die eine findet sich eher bei Sebastians Position wieder, der andere bei mir – und so bekommt man vielleicht einen leichteren Zugang zu schweren Themen.

Klussmann: Beim Thema Krieg war das tatsächlich etwas schwieriger, aber Unterhaltsamkeit ist generell ein klares Ziel von uns. Deswegen spare ich im Podcast auch nicht mit Witzen auf Hennings Kosten.

Beck: Ein unlauteres Mittel! Aber am Ende gewinne ich die Folge ja trotzdem. Insofern …

Gab es schon mal ein Thema, bei dem Sie sich tatsächlich in die Haare gekriegt haben?

Klussmann: Hennings Überzeugung, dass Autokratien einen inhärenten Vorteil haben, hat mich etwas gekitzelt. Auch wenn im Moment einiges dagegen zu sprechen scheint, bin ich davon überzeugt, dass sich zumindest langfristig Demokratien durchsetzen werden.

Beck: Ich bin sicher kein Freund der Autokratie! Das war tatsächlich eine der emotionalsten Folgen – aber auch eine der besten, finde ich. Auch das Thema "Social Media zerstört die Demokratie" haben wir sehr leidenschaftlich diskutiert. Die These war, dass es durch die zunehmende TikTokisierung unseres Lebens nur noch parallele Subwelten gibt, die nicht mehr zusammenfinden. Da hat mich sehr überrascht, dass Sebastian sehr vehement dagegen argumentiert hat.

Klussmann: Die Fragmentierung sehe ich ja auch, aber ich finde, dass das, was da entstanden ist, sehr viel Wert hat – und eben auch eine Weiterführung der Demokratie ist. Es ist ja kaum möglich, etwas zu posten, ohne direkt Widerspruch zu bekommen. Im Netz hast du immer eine Diskussion – nicht unbedingt auf dem Niveau, das wir uns wünschen, aber bei vielen realen Stammtischen ist das nicht der Fall, weil die Leute ähnlich denken.

Beck: Dagegen hätte ich jetzt spontan fünf Gegenargumente, aber das würde zu weit führen ...

Diese Diskussion haben Sie ja schon im Podcast geführt. Bislang diskutieren Sie immer zu zweit. Können Sie sich auch vorstellen, mal einen Gast oder eine Gästin einzuladen?

Beck: Sie haben es gerade erlebt: Wir sind miteinander sehr gut ausgelastet. Eine Debatte mit drei oder vier Stimmen könnte ein bisschen unübersichtlich werden. Aber grundsätzlich, warum nicht? Wir sind gerne zur rhetorischen Auseinandersetzung bereit.

Klussmann: Vielleicht auch als eine Art Kronzeugen-Joker … Vielen Dank für die Idee!

Mit wem würden Sie denn gerne einmal in eine Diskussion gehen?

Beck: Mit Luisa Neubauer, weil ich denke, dass wir das gleiche Ziel teilen, aber ganz verschiedene Lösungsansätze haben. Die Klimabewegung versteht sich häufig als Kampf gegen ein System – der Kapitalismus ist das Problem. Ich würde das umdrehen: Der Kapitalismus ist eigentlich die Lösung. Man kann sich die Möglichkeiten des Systems zunutze machen und das würde ich gerne mit ihr diskutieren.

Klussmann: Die Presse wäre dir dabei sicher. Bei mir wäre es wohl Elke Heidenreich. Ich hatte bereits einen Disput bei "3 nach 9" mit ihr. Sie kannte mich nicht und ging mich von der Seite an, was ich denn von Bildung wisse. Ich glaube, dass Fakten ein Gerüst der Bildung sind und daher enormen Wert haben, insbesondere in der Zeit der Künstlichen Intelligenz. Daher würde ich gerne mit ihr über den Wert und das Wesen der Bildung sprechen – und zwar in einem längeren Gespräch als diesen paar Minuten in einer Talkshow.

Das wären ja schon zwei sehr konkrete Thesen und zwei mögliche Gesprächspartnerinnen für Ihren Podcast. Sind Sie im privaten Umfeld eigentlich auch so diskussionsfreudig oder gehen Ihnen die Leute dort lieber aus dem Weg?

Beck: Ja und ja! Ich bin sehr robust in meiner Diskussionsfreudigkeit. Ich kann nicht anders, ich bin einfach so geboren.

Klussmann: Ich habe ein diskussionsfreudiges Umfeld, aber ich kann mich durchaus zurücknehmen. Ich habe ja gewisse TV-Formate, in denen ich mein Wissen präsentieren kann. Aber wenn irgendjemand etwas faktisch Falsches sagt, dann kann ich nicht anders – dann kommt der Besserwisser durch.

Über den Podcast

Über die Gesprächspartner

  • Sebastian Klussmann ist ein deutscher Quiz-Experte, Autor und Redner. Bekannt wurde er als "Jäger" in der ARD-Quizshow "Gefragt – Gejagt". Er ist zudem Gründer des deutschen Quiz-Vereins und war bereits zehnmal deutscher Meister im Quizzen.
  • Dr. Henning Beck ist ein deutscher Neurowissenschaftler, Autor und Science-Slammer. Er vermittelt komplexe Themen verständlich, schreibt Bücher über Gehirnforschung und Kreativität und hält Vorträge über Lernen, Denken und Innovation.

Redaktioneller Hinweis

Verwendete Quellen