Advent, Advent, ein einsames Lichtlein brennt … In Deutschland lebt jeder fünfte Mensch allein. Und besonders in der Adventszeit fühlen sich viele Menschen einsam. Es spricht nur niemand darüber. Dabei würde genau das helfen

Anja Delastik
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Anja Delastik dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Einsamkeit fühlt sich immer furchtbar an, doch in der Adventszeit, vor allem aber an Weihnachten, drückt sie besonders schwer aufs Herz. Und während sich die meisten von uns schon jetzt darauf freuen, das Fest im Kreis ihrer Lieben zu verbringen, blicken viele alleinlebende Menschen den Feiertagen mit Schrecken entgegen.

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Zunehmend mehr Single-Haushalte, weniger Kinder, eine immer ältere Bevölkerung: Etwa ein Fünftel aller Deutschen – jeder fünfte Mann und jede vierte Frau – lebt alleine. Gewiss, viele haben sich bewusst dafür entschieden, ziehen es aus Überzeugung dem Zusammenleben mit anderen vor. Alleine zu sein, bedeutet nicht, sich alleine zu fühlen.

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Soziale Hilferufe an Weihnachten

Unser Wohlbefinden hängt vielmehr von unseren sozialen Bindungen ab. Sie sind ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Bleibt es unerfüllt, geht es uns schlecht. Allein im vergangenen Jahr waren die Hälfte der Hausnotrufe, die an den Feiertagen beim Malteser Hilfsdienst eingingen, soziale Hilferufe. Anders gesagt: Die Menschen fühlten sich einsam und waren froh, anonym am Telefon mit jemanden sprechen zu können. Denn: Einsamkeit ist noch immer ein Tabuthema.

Doch woran liegt es, dass Menschen, die einsam sind, nicht offen darüber sprechen, wenn überhaupt? Einsamkeit kann unseren Selbstwert schwächen, denn sie geht nicht mit unserem Selbstbild als soziales und sozial befähigtes Wesen einher. Zugleich sehen wir uns selbst als Individualisten, wollen ein selbstbestimmtes Leben führen, uns persönlich entfalten.

Anti-Soziale Netzwerke

Soziale Netzwerke befeuern diese Trends zur Vereinzelung und Vereinsamung, vor allem bei jüngeren Leuten. Interaktion, Kommunikation, Gruppenbildung geht schließlich auch prima via Messenger und Whatsapp. Wozu noch Menschen treffen, wenn man 867 Facebook-Kontakte hat, sich Sprachnachrichten schicken oder facetimen kann?

Aktuelle Studie zeigt: Einsamkeit erhöht das Sterberisiko

Wer einsam oder sozial isoliert ist, hat anscheinend ein höheres Sterberisiko - das fanden chinesische Forscher in einer umfangreichen Studie heraus.

Alleine fühlt man sich nicht nur, wenn man alleine ist. Einsamkeit ist nämlich vor allem dort verbreitet, wo viele Menschen leben: in der Anonymität der Großstadt. In Berlin ist jede zweite Wohnung ein Ein-Personen-Haushalt. Und dass soziale Isolation Menschen, die in Städten leben, deutlich schwerer zusetzt, wurde bereits in der Pandemie deutlich.

Epidemie der Einsamkeit

Aber schon vor der Pandemie warnten Psychologen vor einer "Epidemie der Einsamkeit" – und deren gesundheitlichen Folgen. Wissenschaftler halten Einsamkeit tatsächlich für gefährlicher als krankhaftes Übergewicht, Rauchen oder Alkoholismus. Einsame Menschen werden häufiger krank, psychisch wie physisch – und Experten gehen davon aus, dass Einsamkeit die Diagnose vieler Erkrankungen verschlechtert. Mittlerweile spricht man sogar schon von einer sogenannten Einsamkeitssterblichkeit, sprich: Wer einsam ist, stirbt früher.

Was tun? Darüber reden – und Einsamkeit so enttabuisieren. Die beste Zeit, damit anzufangen, ist genau jetzt, in der besinnlichen Zeit. Achten Sie also in diesen Tagen ein bisschen aufmerksamer aufeinander. Fragen Sie andere, was sie an den Feiertagen machen. Verabreden Sie sich zum Spazierengehen, laden Sie andere zum Kaffeetrinken ein. Denn wird Einsamkeit erstmal beachtet, drückt sie nicht mehr ganz so schwer aufs Herz.

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