In der Nordsee gibt es mehr gefährliche Extremwellen, als bislang angenommen. Eine neue Studie zeigt: Besonders vor Norderney tauchen die auch als Monsterwellen bekannten Wassermassen häufig auf.
Eine aktuelle Studie des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) liefert beunruhigende Erkenntnisse. In der deutschen Nordsee gibt es unerwartet viele und potenziell gefährliche Extremwellen. Die sogenannten Monsterwellen kommen deutlich häufiger vor als in der Theorie angenommen, wie die Ergebnisse der Studie "Freak Waves II" belegen.
Hotspot vor Norderney
Besonders häufig treten die gewaltigen Wassermassen vor der Insel Norderney auf. Während für Touristen keine Gefahr besteht, da die Wellen bereits in Küstennähe brechen, stellen sie für Schiffe, Offshore-Windparks und Forschungsplattformen eine ernst zu nehmende Bedrohung dar. Aus diesem Grund arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits an einem Warnsystem mittels Künstlicher Intelligenz (KI).

Mit zwei verschiedenen Ansätzen versuchen die Forschenden, die Wahrscheinlichkeit einer Extremwelle in den jeweils kommenden zehn Minuten vorherzusagen. Wie ein BSH-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte, zeigen beide Modelle vielversprechende Ergebnisse. Allerdings sei in den nächsten drei Jahren noch nicht mit einem Einsatz der Technologien zu rechnen. Zuvor müssten noch weitere Datensätze erhoben und die Ursachen der mehrere Meter hohen Wellen genauer erforscht werden.
Für die aktuelle Studie, die das BSH gemeinsam mit dem Helmholtz-Institut Hereon durchführte, wurden sechs Wellenmessbojen in der Deutschen Bucht (ein Gebiet in der Nordsee an der dänisch-deutsch-niederländischen Grenze) ausgewertet. Eine frühere Untersuchung hatte bereits gezeigt, dass vor Norderney in den Jahren 2011 bis 2016 im Flachwasser jede 5800. Welle eine Extremwelle war. Als mögliche Erklärungen gelten die Gezeiten und sich schnell ändernde Wassertiefen.
Lesen Sie auch
Die derzeitige Forschung konzentriert sich darauf, mit Radargeräten Einzelwellen zu messen und Kurzfristwarnungen herauszugeben. Die Vorwarnzeit beträgt dabei allerdings nur 30 bis 60 Sekunden.
Von Seemannsgarn zur wissenschaftlichen Tatsache
Die Existenz der Monsterwellen galt lange als ungewiss - entsprechende Berichte wurden oft als Seemannsgarn abgetan. Erst 1995 wurde eine solche Extremwelle in der Nordsee offiziell dokumentiert: Die sogenannte "Draupner-Welle" erreichte laut der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) eine Höhe von 25,6 Metern.

Anders als Tsunamis, die durch Erdbeben entstehen, werden Monsterwellen durch Wind und das Zusammenspiel verschiedener Wellen erzeugt. Wie gefährlich diese sein können, zeigte sich etwa 2013, als eine Extremwelle während des Orkans "Xaver" das 15 Meter hohe Zwischendeck einer Offshore-Forschungsplattform vor Borkum zerstörte.
Verwendete Quellen
© 1&1 Mail & Media/spot on news


"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.