Maulwürfe sind Vielfraße, grantige Einzelgänger und unermüdliche Herrscher in einem dunklen Labyrinth. Sie haben erstaunliche Anpassungen an ein kräftezehrendes Leben entwickelt. So kann das Gehirn schrumpfen, und die Weibchen haben Hoden.

Mehr zum Thema Natur & Umwelt

Es gibt nicht viel zu sehen im dunklen Reich der Maulwürfe. Deshalb spielen deren Augen keine große Rolle. Maulwürfe sind zwar nicht vollständig blind, aber ihre im tiefschwarzen Fell versteckten winzigen Knopfaugen erkennen kaum mehr als den Unterschied zwischen hell und dunkel. Ihre Welt ist stattdessen erfüllt von vielfältigen Gerüchen und dem Geschmack der unterschiedlichsten Beutetiere. Sie sind zudem wahre Meister im Tasten, Fühlen, Wühlen – und Lauschen.

Einer Spinne gleich lauert ein Maulwurf in seinem weitverzweigten Netz aus Gängen auf Geräusche und kleinste Erschütterungen. Sie geben etwa Hinweise auf einen grabenden Regenwurm, eine wuselnde Assel oder eine Käferlarve, die in das Tunnelsystem plumpst. Mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit von bis zu vier km/h robbt das Säugetier dann – unterstützt durch sein dichtes, samtweiches Fell und angetrieben durch seine schaufelartigen Hände – zur vermuteten Futterquelle. Alle drei bis vier Stunden geht er zudem auf Patrouille durch sein bis zu 6.000 Quadratmeter umfassendes Labyrinth, um auch die Beutetiere noch zu vertilgen, die seiner Aufmerksamkeit bis dahin entgangen waren.

Hirn verkleinern statt verhungern

Maulwürfe müssen fressen, fressen, fressen. Sie haben solch einen regen Stoffwechsel, dass sie täglich mehr als die Hälfte ihres Körpergewichts an tierischer Nahrung aufnehmen müssen. Im Winter lassen Maulwürfe Schädel und Gehirn schrumpfen. Das spart Energie, was jetzt besonders wichtig ist, denn in der kalten Jahreszeit gibt es weniger Futter zu erbeuten. Die Erdarbeiten laufen weiter.

Das Leben eines Maulwurfs besteht vor allem aus buddeln und fressen. Im Gegensatz zu Wühlmäusen haben sie kein Interesse an pflanzlichem Futter. Sie fressen gelegentlich sogar kleine Nagetiere und Reptilien. Da sie auch viele Pflanzenschädlinge vertilgen und für eine gute Durchlüftung des Bodens bis in 50 Zentimeter Tiefe sorgen, haben sie eine wichtige ökologische Bedeutung und sind besonders geschützt. Sie dürfen weder gefangen noch verletzt oder getötet werden.

Dass die Säugetiere mit ihren großen Grabekrallen und ihrer hochempfindlichen, nackten Spürnase bei Gärtnern und Landwirten einen schlechten Ruf haben, liegt in erster Linie an den Maulwurfshügeln. Wie bei allen Tunnelarbeiten muss der Erdaushub irgendwo hin. Mit enormer Kraft schieben die durchschnittlich 15 Zentimeter großen Tiere das Erdreich, das ihnen im Wege ist, aus dem Boden. Was sie dabei "stemmen" können, entspricht dem Zwanzigfachen ihres Körpergewichts.

Auch Maulwurf-Weibchen haben Hoden

Äußerst wichtig sind die Öffnungen der vulkanartigen Häufchen. Sie sorgen dafür, dass Kohlendioxid aus dem Gangsystem entweichen und ausreichend Sauerstoff eindringen kann. Einen Maulwurfshügel platt zu trampeln oder zu walzen, führt lediglich dazu, dass an anderer Stelle neue entstehen, sonst würden die Tiere im Boden ersticken. Anders als der Name vermuten lässt, werfen die Maulwürfe den Aushub übrigens nicht mit dem Maul. Vermutlich geht ihr Name auf das althochdeutsche Wort "Moltwerf" zurück, und das bedeutet "Erdwerfer".

Graben und Erde werfen kostet viel Kraft. Selbstredend, dass Maulwürfe für diese Arbeit starke Muskeln brauchen. Das Hormon Testosteron fördert den Muskelaufbau. Männliche Säugetiere produzieren es in ihren Hoden. Weibliche Säugetiere haben das Hormon auch, aber in der Regel nur in vergleichsweise geringen Konzentrationen. Bei weiblichen Maulwürfen hingegen ist der Testosteronspiegel in vielen Monaten des Jahres sehr hoch. Denn Maulwurfweibchen haben Hoden. Die produzieren keine Spermien für die Fortpflanzung, doch liefern sie das Geschlechtshormon für den Muskelaufbau. Damit können sie sich genauso gut wie Männchen gegen Eindringlinge zur Wehr setzen und genauso kräftig graben.

Lesen Sie auch: Lästige Tiere im Sommer: Ist es erlaubt, Insekten zu töten?

Sumpfburgen schützen vor Wasser

Der Maulwurf ist Tag und Nacht aktiv. Er folgt einem ziemlich präzisen Rhythmus: vier bis fünf Stunden baggern, buddeln und fressen, dann zwei, drei Stunden schlafen, und dann beginnt das Ganze von vorn. Die einzigen Abwechslungen sind gelegentliche Auseinandersetzungen mit ungeliebten Nachbarn – mit Artgenossen noch häufiger als mit Menschen. Hinzu kommen gelegentlicher Ärger mit Fressfeinden wie Störchen oder Füchsen und im Frühling die Paarungszeit.

Normalerweise sind Maulwürfe grantige Einzelgänger, die sich meist aus dem Weg gehen – Weibchen ebenso wie Männchen. Doch während der Paarungszeit von März bis April kämpfen die männlichen Reviernachbarn um die wenigen vor Ort vorhandenen Weibchen.

Etwa einen Monat später bringen diese durchschnittlich drei bis vier Junge zur Welt. Die Kleinen werden in einer mit Gras und Blättern ausgepolsterten Schlafkammer bis zu sechs Wochen lang von ihrer Mutter gesäugt. Spätestens nach einem Jahr sind die Nachkömmlinge geschlechtsreif und gründen ihr eigenes Revier. Maulwürfe werden nur selten älter als drei bis vier Jahre.

Worauf vor allem Landwirte mit Grünland achten sollten: Ist eine Wiese dauerhaft zu feucht, kann es vorkommen, dass Maulwurfmütter ihre Nestkammern überirdisch anlegen. Sie türmen dann riesige, bis zu einem halben Meter hohe Erdhügel auf. In diesen sogenannten Sumpfburgen sind die Jungtiere vor dem Eindringen von Wasser geschützt.

Verwendete Quellen:

  • Max-Planck-Gesellschaft: Maulwürfe schrumpfen ihr Gehirn im Winter
  • Max-Planck-Gesellschaft: Maulwürfe: intersexuell und genetisch gedopt
Dieser Beitrag stammt vom Journalismusportal RiffReporter. Auf riffreporter.de berichten rund 100 unabhängige JournalistInnen gemeinsam zu Aktuellem und Hintergründen. Die RiffReporter wurden für ihr Angebot mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet.

  © RiffReporter

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.