Lawinen sind schnell, zerstörerisch und in vielen Fällen tödlich. Die meisten Schneeabgänge werden von den späteren Opfern selbst ausgelöst. Und gerade diese tragische Tatsache birgt auch die größte Hoffnung: Denn Prävention und das richtige Verhalten am Berg können wesentlich dazu beitragen, Lawinenunfälle zu verhindern.

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Verlassen Wintersportler die gesicherten Pisten, ist die Gefahr hoch, von einer Lawine erfasst zu werden. Eine ausgelöste Schneelawine kann innerhalb kurzer Zeit eine enorme Geschwindigkeit und Kraft entwickeln.

Die Schneemassen rasen mit bis zu 300 Stundenkilometern gen Tal und reißen mit ihrem ungeheuren Druck alles mit sich, was sich in den Weg stellt.

Die Jahrhunderte seit der ersten Alpenüberquerung bis zum modernen Skisport haben dies nicht geändert. Doch das Wissen um die Entstehung von Lawinen ist heute größer denn je.

So können sichere Pisten präpariert und präzise Warnungen für die Zufahrtswege in die Berge gegeben werden. Spezialausrüstung hilft, einen Lawinenabgang zu überleben.

Wie Lawinen entstehen

Entscheidend für die Lawinengefahr sind vor allem klimatische und geographische Faktoren. Wie stabil eine Schneedecke und wie groß die Lawinengefahr ist, hängt von den Wetterverhältnissen ab.

Entscheidend sind neben den aktuellen Niederschlägen auch die Verhältnisse, die in vergangenen Tagen und Wochen vor Ort geherrscht haben, und so Einfluss auf die abgelagerten Schneeschichten hatten.

Erstes Kriterium ist immer das Gelände selbst. Je steiler ein Hang, desto grösser sind die hangabwärts gerichteten Kräfte. Hat ein Hang eine durchschnittlichen Neigung von 35 Grad und mehr, ist die Gefahr von Schneebrettlawinen besonders hoch.

Schneeschollen, die nur noch ungenügenden Halt finden, lösen sich ab und donnern talwärts. Dabei wird weiterer Schnee mitgerissen.

Schneeschichten sind ausschlaggebend

Der Halt der Schneemassen am Hang wird maßgeblich von der Beschaffenheit der übereinander liegenden Schneeschichten bestimmt.

So können zum Beispiel Schönwetterphasen nach dem Schneefall dafür sorgen, dass sich auf der Oberfläche Reif bildet und neuer Schnee nicht mehr richtig haftet.

Im Extremfall ist die Spannung zwischen den Schneeschichten so hoch und die Stabilität der Lagen damit so gering, dass es ohne weitere Einflüsse von außen zum Lawinenabgang kommt.

Skifahrer, die unbedacht in einen derart gefährdeten Hang fahren, verstärken das Lawinen-Risiko erheblich. Aufgrund der Erschütterungen können die Zwischenschichten die obere Schneedecke nicht mehr halten, es kommt zum Bruch und damit zur Lawine.

Staublawinen haben große Zerstörungskraft

Neben Schneebrettern kann auch lockerer Schnee als Lawine abgehen. Formt sich der lockere Schnee zu einer Staublawine, kann es zu einer verheerenden Kettenreaktion kommen.

Schon die Druckwelle, die vor der Lawine hergeschoben wird, entwickelt dabei eine hohe Zerstörungskraft. Der Mensch kann bei den Druckverhältnissen im Schnee-Luft-Gemisch nicht atmen, eine oft tödliche Verbindung.

Wer ist am meisten gefährdet?

Die Gefahr, dass ganze Alpendörfer unter den Schneemassen einer Lawine begraben werden, ist heutzutage gering - trotz der immer dichteren Besiedlung.

Seit Jahrzehnten wird viel Zeit, Geld und Knowhow in den Schutz investiert. Zu den Maßnahmen zählt auf der einen Seite die Aufforstung, denn Gebirgswälder bieten einen effektiven und relativ günstigen Schutz, und auf der anderen Seite die Umsetzung technischer Schutzmaßnahmen.

Die Spannbreite reicht von der hangseitigen Verstärkung von Gebäuden bis hin zu großen Ablenkdämmen und Stützverbauungen.

Die Wahrscheinlichkeit von einer Lawine überrascht zu werden, ist für Wintersportler, die jenseits der normalen Pisten fahren, mit Abstand am höchsten. Das eigene Verhalten bestimmt das Risiko mit.

Wie senke ich das Risiko?

Bleiben Sie auf ausgeschilderten Pisten und meiden Sie gerade bei starkem Schneefall Gebiete, die sich unter steilen Hängen befinden. Damit ist das Risiko, von einer Lawine erfasst zu werden, sehr gering.

Für viele Menschen ist das freie Gelände in den Bergen der eigentliche Reiz. Dort sollte man sich unbedingt der Gefahren bewusst sein und diese auch einzuschätzen wissen.

Vor der Tour sollte man sich gezielt über die örtlichen Wetter- und Schneeverhältnisse erkundigen. Dafür stehen die Lawinenwarndienste zur Verfügung. In Österreich sind Informationen unter Lawine.at abrufbar, in der Schweiz stellt slf.ch Informationen zur Verfügung und in Deutschland ist es der Lawinenwarndienst Bayern.

Auf einer Skitour oder beim Freeriden ist man in Begleitung sicherer. In der Gruppe sollte man immer beachten, dass man sich gemeinsam nicht in potentielle Gefahrenbereiche begibt. Nur wer ausreichend Abstand hält, kann im Notfall helfend eingreifen.

Ein sogenanntes Lawinenverschütteten-Suchsystem (LVS) zur Suche nach Verschütteten sowie eine Lawinenschaufel und eine Sonde müssen mitgeführt werden. Erprobt sind auch Lawinenbälle und Lawinen-Airbags, die helfen, ein tiefes Verschütten zu verhindern.

Von entscheidendem Einfluss auf die Lawinengefahr ist der eigene Fahrstil, der Wissen und Erfahrung voraussetzt. Die Schneedecke sollte im Zweifelsfall nur vorsichtig belastet werden, was unnötige Sprünge und scharfe Schwünge ausschließt.

Hänge sind möglichst weit oben zu queren, unter Ausnutzung der örtlichen Gegebenheiten wie Bäume, die im Zweifelsfall Schutz bieten. Erkennbare Vertiefungen wie Gräben sollten gemieden werden.

Was tun, wenn ich in eine Lawine gerate?

Um eine Lawine zu überleben, muss schnell aber nicht übereilt gehandelt werden. Die Chance, einer großen Lawine durch "Flucht" zu entgehen, ist oft gering. Der Versuch kann dazu führen, dass die Zeit für andere Vorsorgemaßnahmen fehlt.

Wichtig ist es, Skistöcke und Ski rechtzeitig abzuwerfen. Sie würden sich im Schnee verankern, womit dem Skifahrer der Bewegungsraum fehlt und er noch tiefer verschüttet wird.

Wenn möglich, sollte der Betroffene versuchen, sich mit Schwimmbewegungen an der Oberfläche zu halten. Zugleich gilt es den Mund- und Nasenraum mit einem Hohlraum zu schützen, um die Erstickungsgefahr zu verringern. Wer eine Avalung-Weste trägt, kann das Mundstück zwischen die Zähne klemmen und zur Atmung im Schnee nutzen.

Wer spürt, dass die Bewegungen des Schnees langsamer werden, sollte versuchen, in Hockstellung zu gehen, die Arme vor der Brust zu kreuzen und das Gesicht mit den Händen zu schützen. Auch hier geht es vorrangig darum, ausreichend Atemraum zu schaffen.

Wie kann ich Verschütteten helfen?

Bei der Bergung von Verschütteten geht es vor allem um Zeit - denn schon nach 15 Minuten sinkt die Überlebenschance rapide. Umso genauer der Helfer beobachten konnte, wo sich das Opfer befindet, umso grösser sind die Chancen, rechtzeitig helfen zu können.

Dabei sollte man allerdings die Gefahr von Nachlawinen nicht unterschätzen und den Hang im Auge behalten.

Entscheidend ist der richtige Umgang mit dem LVS-Gerät. Im Allgemeinen gilt es, von der groben Ortung über Signale zur Punktortung zu gelangen. Dafür muss das Gerät von der maximalen Reichweite immer weiter feinjustiert werden.

Sollte es an technischen Hilfsmitteln fehlen oder die Suche erfolgslos bleiben, sollte eine Unfallmeldung abgesetzt werden, ohne die Suche abzubrechen. Der Notruf der Bergrettung ist in Österreich unter 140, der allgemeine Notruf unter 144 erreichbar.

Im Laufe der Zeit wurden verschiedene mobile Geräte entwickelt, um die Chancen bei Lawinenabgängen zu verbessern. Hier die wichtigsten im Überblick:

  • Lawinenairbag: Dieses Druckluftsystem wird am Körper getragen und per Zug aktiviert. Es füllt sich mit Luft und hält den Skifahrer so näher an der Oberfläche.
  • Lawinenschaufel: Da sich der Schnee bei einer Lawine stark verdichten kann, muss mit einer Schaufel gegraben werden. Um die Verletzungsgefahr für den Verschütteten zu verringern, hat diese keine scharfen Kanten.
  • Lawinenverschütteten-Suchsystem / LVS: Das System besteht aus Sender und Empfänger und dient der Ortung des Verschütteten. Es wird von den Skifahrern am Körper getragen. Vor der Tour ist die Batterie-Ladung zu kontrollieren.
  • Lawinensonde: Diese leichten, bis zu vier Meter langen Stäbe werden zusammengesteckt und zur Suche nach dem Verschütteten im Schnee verwendet. Mit der Sonde lässt sich auch der genaue Fundort markieren.
  • Reflektoren: Kleidungsreflektoren reagieren auf die Peilgeräte der Suchkräfte, indem sie Mikrowellen zurückwerfen und so einen Signalton zur Ortung auslösen.
  • Lawinenseminare: Es gibt ein breites Angebot an Kursen, in denen das richtige Verhalten geschult wird.
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