In Japan gibt es zwei Insektenarten, die sich optisch sehr ähneln: Der Bombardierkäfer und die Raubwanze. Der Käfer stößt giftige Chemikalien aus, um sich zu verteidigen, die Wanze sticht. Jetzt haben Forscherinnen und Forscher herausgefunden, dass die beiden eine wechselseitige Wirkung haben.

Mehr zum Thema Natur & Umwelt

Der eine stinkt, der andere sticht - doch optisch sehen sich Bombardierkäfer und Raubwanze zum Verwechseln ähnlich. Davon profitieren die beiden in Asien beheimateten Insekten, wie die Forscher im Fachmagazin "PeerJ" berichten. Macht ein Frosch mit einem Exemplar der einen Art unangenehme Bekanntschaft, wendet er sich auch von einem Tier der anderen Art oft angewidert ab.

Shinji Sugiura von der Universität Kobe und Masakazu Hayashi von der Hoshizaki Green Foundation hatten den Bombardierkäfer Pheropsophus occipitalis jessoensis - im Volksmund "furzender Käfer" genannt - und die Wanze Sirthenea flavipes untersucht. Sie teilen sich einen Lebensraum in bestimmten Regionen Asiens und haben eine bräunlich-schwarze Färbung mit sehr ähnlicher Zeichnung.

Der eine lässt Chemikalien explodieren, der andere sticht zu

Beide verteidigen ihr Leben auf unterschiedliche Weise: Der Bombardierkäfer stößt explosionsartig rund 100 Grad heiße, giftige Chemikalien aus, um Feinde abzuschrecken. Die Wanze dagegen sticht mit ihrem Rüssel so heftig zu, dass es auch beim Menschen heftige Schmerzen verursacht.

Bombardierkäfer und Raubwanze
(A) Ein ausgewachsener Bombardierkäfer und (B) eine ausgewachsene Raubwanze. © Kobe University/Shinji Sugiura

In kleinen Becken setzten die Forscher jeweils eines der Insekten einem typischen Fressfeind der Tiere aus, dem Teichfrosch Pelophylax nigromaculatus, der unter anderem in Reisfeldern lebt. Sowohl die Wanze als auch der Käfer wurden in vielen Fällen zunächst von den Fröschen geschnappt, dann aber meist recht schnell wieder ausgespuckt. Die giftig-heiße Abwehr des Käfers wirkte bei den Angreifern oft schneller als die stechende Raubwanze im Maul. In der Bilanz wurden die Bombardierkäfer von allen 20 getesteten Fröschen verschmäht, während die Wanzen von drei Viertel der Frösche letztlich nicht gefressen wurden.

Lesen Sie auch: Entdeckter Japankäfer alarmiert Pflanzenschützer

Arten profitieren von optischer Ähnlichkeit

Bei ihren Experimenten stellten die Forscher auch fest: Frösche, die kurz zuvor mit einer der beiden Insektenarten in Kontakt gekommen waren, griffen die andere deutlich seltener an. Beide Arten profitieren also von ihrer großen Ähnlichkeit. Hatte ein Frosch zum Beispiel schon einmal eine unangenehme Begegnung mit einer Raubwanze, greift er danach seltener nach vorbeifliegenden Bombardierkäfern.

Die Forschenden weisen darauf hin, dass die jeweils andere Art dem Frosch in relativ kurzem Abstand präsentiert wurde. Wie lange der Abschreckungseffekt in der Natur anhält, sei unklar.

In vielen Fällen habe der Frosch die Käfer oder Wanzen auch sofort wieder ausgespuckt, bevor sie heißes Gift versprühten oder zustachen. Möglicherweise gebe es abschreckende Merkmale wie bestimmte Substanzen auf der Körperoberfläche beider Insekten, die der Frosch mit seiner Zunge erfühlen könne.

Wechselbeziehung wie bei Clownfisch und Seeanemone

Mutualismus nennen die Biologen eine solche Wechselbeziehung zwischen zwei Arten, von der beide profitieren, wie zum Beispiel Käfer und Wanze. Weitere Beispiele sind Blattläuse, die sich von Ameisen quasi als Milchvieh halten lassen und dafür von diesen beschützt und gepflegt werden, oder Clownfische, die in den schützenden, weil giftigen Seeanemonen leben und diese im Gegenzug sauber halten und mit frischem Wasser versorgen.

Der Frosch Pelophylax nigromaculatus wird übrigens auch von einer anderen potenziellen Beute bedroht: Zu den Insekten in seinem Lebensraum gehört der Wasserkäfer Regimbartia attenuata. Der besitzt zwar weder heißes Gift noch ein Stechwerkzeug, übersteht Attacken aber dennoch oft unbeschadet. Wird er von einem Fressfeind wie dem Teichfrosch verschluckt, regt er dessen Stuhlgang an und gelangt schnell wieder unversehrt ins Freie, wie eine Gruppe um Sugiura 2020 im Fachmagazin "Current Biology" berichtete. In Laborversuchen wurden demnach 93 Prozent der Käfer nach bis zu sechs Stunden unversehrt wieder ausgeschieden, alle waren putzmunter. (dpa/mak)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.