Vor etwa zwei Jahren kam es in Fukushima zum Super-GAU. Noch heute sind die Folgen für Umwelt, Mensch und Tier katastrophal. Eine Studie belegt sogar, dass Tiere in den verstrahlten Gebieten teilweise mutieren. Wir zeigen Ihnen, in welchem Zustand sich Fukushima und die nähere Umgebung derzeit befinden.

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Am 11. März 2011 kam es aufgrund eines Erdbebens der Stärke 9,0 und eines Tsunamis zur Atomkatastrophe in Fukushima. Über 15.000 Menschen starben, hundertausende verloren ihr Zuhause. Nach Angaben der japanischen Wiederaufbaubehörde leben heute noch immer rund 315.000 Menschen in provisorischen Notunterkünften – zum einen wegen der Zerstörung durch Erdbeben und Tsunami, zum anderen können etwa 57.000 Menschen wegen der Strahlung nicht in ihre Gemeinden zurückkehren. Elf Gebiete sind heute noch besonders von der Katastrophe betroffen. Die Bewohner der Städtchen Okuma, Futaba und Namie werden auch innerhalb der nächsten 20 Jahren nicht in ihre Heimat zurückkehren können.

Sperrzone in drei Gebiete unterteilt

Anfangs wurde eine 20-Kilometer-Zone um das Atomkraftwerk zur Sperrzone erklärt. Mittlerweile wurden die Sperrzone in drei Gebiete ("Areas") nach Radioaktivität unterteilt und die ersten Einschränkungen aufgehoben. In "Area 1" liegt die Strahlung bei einer Jahresdosis von unter 20 Millisievert. In dem Gebiet dürfen sich Menschen frei bewegen, nur Übernachtungen sind nicht gestattet. In Japan wurde nach der Atomkatastrophe eine Jahresdosis von unter 20 Millisievert als unbedenklich eingestuft. Dies entspricht in etwa der Strahlenbelastung durch eine Ganzkörper-Tomographie. Zum Vergleich: In Deutschland wird eine Dosis von 2,4 Millisievert als unbedenklich eingestuft.

Die "Area 2" darf nur mit Einschränkungen betreten werden. Hier liegt die Strahlendosis bei über 20 Millisievert. In der "Area 3" dürfen sich Menschen nur kurzzeitig aufhalten, weil die Strahlenbelastung mit über 50 Millisievert pro Jahr deutlich erhöht ist. Dieses Gebiet betreten in der Regel nur Leute, die beruflich mit dem Atomkraftwerk zu tun haben.

Weniger Krebserkrankungen als vermutet?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Februar 2013 eine Studie veröffentlicht, die sich mit den Auswirkungen der Katastrophe auf die Gesundheit der Menschen in der Umgebung beschäftigt. Das überraschende Ergebnis: Die WHO erwartet keinen dramatischen Anstieg von Krebserkrankungen in der näheren Umgebung von Fukushima. Zwischen 20 und 50 Kilometer nordwestlich der Anlage erhöhe sich zwar das Risiko, an Krebs zu erkranken, die Ausmaße der Nuklearkatastrophe seien jedoch geringer als erwartet. Genaue Zahlen nannte die WHO jedoch nicht.

Die Ärzteorganisation "International Physicians for the Prevention of Nuclear War" (IPPNW) und Greenpeace kritisieren die Studie. Die WHO spiele die Gefahren der Radioaktivität herunter. Nach Schätzungen der IPPNW würden rund 20.000 bis 80.000 Menschen, die in der näheren Umgebung Fukushimas lebten, an Krebs erkranken.

Schmetterlinge mutieren, Fische strahlen, Ratten knabbern

Die Auswirkungen der Radioaktivität auf Tiere wurde bisher noch wenig erforscht. Eine Studie der Ryukyu-Universität im japanischen Okinawa vom August 2012 beschäftigt sich aber mit Schmetterlingen, die in dem verstrahlten Gebiet um Fukushima untersucht wurden. Bei etwa zwölf Prozent der Tiere wurden kleinere Mutierungen festgestellt. Die Forscher beobachteten Missbildungen von Beinen und Flügeln. In der zweiten Generation der Schmetterlinge stieg die Anzahl der Mutierungen sogar auf rund 59 Prozent.

Auch die Fische in Küstennähe zum Atomkraftwerk sind noch immer stark verstrahlt. Erst im März 2013 wurde ein Fisch gefangen, der einen Rekordwert von 740.000 Becquerel Cäsium aufwies - die 7.400-fache Menge, die ein Mensch vertragen könnte. Cäsium ist ein radioaktives Produkt der Kernspaltung. Beim Menschen schädigt es Muskelgewebe und Nieren.

Eine Tierspezies bereitet dem Atomkraftwerk besondere Probleme: die Ratte. Bereits im März 2013 war ein Nager für einen Stromausfall in einem Reaktor verantwortlich. Sie knabberte wohl an mehreren Kabeln und verursachte einen Kurzschluss. Außerdem musste im April 2013 ein System zur Reaktorkühlung abgeschaltet werden. Zwei tote Ratten wurden in der Nähe von wichtigen Geräten gefunden. Derzeit wird überprüft, ob die Nager elektrische Leitungen beschädigt haben.

Reaktorblöcke werden versiegelt

Über zwei Jahre sind bereits seit der Nuklearkatastrophe vergangen, die Aufräumarbeiten im Atomkraftwerk sind aber noch immer voll im Gang. In den ersten Tagen des Unfalls gelangten bereits 99 Prozent der radioaktiven Stoffe in die Umwelt. Aus drei von insgesamt sechs Reaktorblöcken, den Blöcken 1 bis 3, tritt heute noch Radioaktivität aus. Experten der Internationalen Atombehörde (IAEA) raten Tepco, dem Betreiber des Atomkraftwerks Fukushima, dringend weitere Reparaturarbeiten an der Anlage durchzuführen.

Aktuell wird vor allem daran gearbeitet, die Freisetzung dieser radioaktiven Stoffe zu verhindern und die Bergung der Brennelemente aus den Blöcken vorzubereiten. Dies soll durch eine sogenannte Einhausung geschehen. Mit Hilfe einer Stahlkonstruktion soll ein Reaktorblock luftdicht von der Umgebung abgeschlossen werden. Block 1 wurde inzwischen komplett eingehaust, die anderen Blöcke sollen folgen. Derzeit arbeitet Tepco an der Teil-Einhausung von Block 4. Dieser war während des Erdbebens abgeschaltet und wurde nicht komplett zerstört. Durch die Schutzhülle sollen radioaktive Stoffe zurückgehalten werden, die während der Bergung freigesetzt werden können.

Die Aufräumarbeiten werden noch eine Weile dauern. Tepco hofft, dass die Arbeiten an den vier Reaktorblöcken 2053 beendet werden können. Dann sollen aus den Blöcken keine Radioaktivität mehr austreten und die Brennelemente geborgen sein. Ob bis dahin wieder Menschen in der näheren Umgebung von Fukushima leben können, ist derzeit noch unklar.

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