Einer der führenden Versicherer der Welt warnt, dass die Klimakrise das globale Finanzsystem ins Wanken bringen könnte. Der März in Europa war der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen und eine Analyse zeigt, wie ein Tempolimit nicht nur dem Klima, sondern auch der Sicherheitspolitik nützen könnte. Das sind die aktuellen Klimanews.
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.
Die globale Erwärmung zu bremsen und die Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.
Versicherer warnt: Klimakrise droht, Kapitalismus zu zerstören
Die Klimakrise könnte das Fundament des globalen Finanzsystems ins Wanken bringen: Davor warnt Günther Thallinger, Vorstandsmitglied des Versicherungskonzerns Allianz, in einem Beitrag im Business-Netzwerk LinkedIn. Steigende Schäden durch Extremwetterereignisse machten immer mehr Regionen unversicherbar – ein Umstand, der weitreichende Folgen für Kreditvergabe, Investitionen und Immobilienmärkte habe.
Wenn keine größeren politischen Maßnahmen unternommen werden, werden die weltweiten CO2-Emissionen zu einem Temperaturanstieg zwischen 2,2 und 3,4 Grad über dem vorindustriellen Niveau führen. Die Schäden bei 3 Grad wären laut Thallinger so groß, dass sie weder durch Versicherungen noch durch staatliche Hilfen aufgefangen werden könnten.
"Hitze und Wasser vernichten Kapital. Überflutete Häuser verlieren an Wert. Überhitzte Städte werden unbewohnbar. Ganze Anlageklassen verlieren in Echtzeit an Wert."
Bereits heute ziehen sich Versicherer aus besonders gefährdeten Gebieten zurück – etwa in Kalifornien, wegen zunehmender Waldbrände. "Hitze und Wasser vernichten Kapital. Überflutete Häuser verlieren an Wert. Überhitzte Städte werden unbewohnbar. Ganze Anlageklassen verlieren in Echtzeit an Wert", schreibt Thallinger. Damit stehe die wirtschaftliche Tragfähigkeit ganzer Regionen auf dem Spiel. "Der Finanzsektor, wie wir ihn kennen, hört auf zu funktionieren. Und mit ihm wird der Kapitalismus, wie wir ihn kennen, nicht mehr lebensfähig sein."
Die einzige Lösung sei, die Verbrennung fossiler Brennstoffe zu stoppen oder die Emissionen aufzufangen. "Die gute Nachricht ist: Wir haben bereits die Technologien, um von fossilen Brennstoffen auf emissionsfreie Energie umzusteigen", schreibt Thallinger. Was fehle, sei jedoch die Geschwindigkeit und Größenordnung. "Es geht darum, die Bedingungen zu retten, unter denen Märkte, Finanzen und die Zivilisation weiter funktionieren können."
Der Kapitalismus müsse die Krise lösen – und zwar, indem er seine Nachhaltigkeitsziele auf die gleiche Ebene stellt wie seine finanziellen Ziele. Die Kosten des Nichtstuns seien letztlich höher als die Kosten für Transformation und Anpassung. "Wenn uns die Umstellung gelingt, werden wir eine effizientere, wettbewerbsfähigere Wirtschaft [und] eine höhere Lebensqualität genießen."
März in Europa so warm wie nie
Der März 2025 war nach Daten des EU-Klimadienstes Copernicus der wärmste März in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen. Im vergangenen Monat lag die Durchschnittstemperatur bei 6,03 Grad – und damit 2,41 Grad über dem März-Mittel der Vergleichsperiode von 1991 bis 2020.
Die Erkenntnisse von Copernicus beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden von Messungen aus Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. Die Daten reichen bis ins Jahr 1950 zurück.
Die stärksten Temperaturabweichungen im März wurden demnach in Osteuropa und Südwestrussland gemessen, während in Spanien und Portugal niedrigere Temperaturen als im Durchschnitt auftraten.
Global gesehen war es der zweitwärmste bisher gemessene März. Die Lufttemperatur erreichte im Durchschnitt 14,06 Grad – 1,6 Grad über dem Mittel der vorindustriellen Zeit (1850 bis 1900). Zudem war der März der 20. Monat innerhalb der vergangenen 21 Monate, in dem die globale Durchschnittstemperatur mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau lag.
Das Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015, die Erwärmung der Erde auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, gilt mittlerweile als kaum noch erreichbar: Im Jahr 2024 wurde die 1,5-Grad-Grenze bereits überschritten. Als verfehlt gilt das Ziel offiziell jedoch erst nach mehrjähriger Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze.
Analyse: Tempolimit 130 schützt das Klima – und nutzt der europäischen Sicherheitspolitik
In der vergangenen Woche hat das Bundesverkehrsministerium eine Studie veröffentlicht, laut der durch ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen pro Jahr 1,3 bis 2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Damit hätte ein Tempolimit tatsächlich einen hohen Nutzen für das Klima.
Laut einer Analyse des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel würde ein solches Tempolimit jedoch nicht nur die CO2-Emissionen verringern, sondern könnte auch erheblich zur Sicherheit in Europa beitragen. Denn: Jeder Euro, den Europa weniger für Öl ausgibt, spüle 13 Cent weniger in russische Kriegskassen – und verringere damit den Druck auf europäische Verteidigungsausgaben.
Pro eingespartem Öl-Euro könnten die Verteidigungsausgaben demnach um 37 Cent sinken. Das entspräche laut IfW einer sicherheitspolitischen Dividende von rund zwei Milliarden Euro, die nicht in einen Verteidigungshaushalt fließen müssten. Würde die EU den Automobilherstellern nicht – wie jüngst entschieden – mehr Zeit zur Einhaltung ihrer CO2-Flottengrenzwerte geben, könnte die sicherheitspolitische Dividende sogar auf etwa drei Milliarden Euro steigen.
Studie: Mikroalgen in Mooren könnten Teile der Klimaschäden abmildern
Moore gelten als bedeutende Kohlenstoffspeicher: Abgestorbene Pflanzen werden in den feuchten und sauerstoffarmen Böden nicht vollständig zersetzt – so bleibt der Kohlenstoff zum Teil über Jahrtausende in Mooren gebunden. Der Klimawandel bedroht allerdings diese Kohlenstoffspeicherfunktion der Moore, denn durch steigende Temperaturen werden die darin lebenden Mikroorganismen aktiver. Sie bauen den gebildeten Torf ab und setzen dabei CO2 frei – dadurch könnten Moore in Zukunft von CO2-Speichern zu Quellen von Treibhausgasen werden.
Eine groß angelegte experimentelle Studie, die im Fachmagazin "Nature Climate Change" erschienen ist, gibt nun jedoch ein wenig Grund zur Hoffnung: Demnach könnte die CO2-Aufnahme durch Mikroalgen wie Kieselalgen, Grünalgen und Cyanobakterien in Mooren mit steigender Temperatur ebenfalls zunehmen – und so zumindest einen Teil der frei werdenden Emissionen durch Bakterien ausgleichen.
Laut der Studie steigt die photosynthetische Aktivität der Algen – also die Fähigkeit, CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen und umzuwandeln – deutlich an. Die Berechnungen zeigen, dass Mikroalgen bis zum Jahr 2100 jährlich über 50 Millionen Tonnen zusätzlichen Kohlenstoff binden könnten. Das entspricht zwar nur rund 14 Prozent der prognostizierten zusätzlichen mikrobiellen Emissionen durch den Klimawandel, doch die Studie liefert damit einen seltenen positiven Klimaeffekt – und verdeutlicht die Komplexität ökologischer Prozesse.
Verwendete Quellen
- The Guardian: Climate crisis on track to destroy capitalism, warns top insurer
- Linkedin-Post von Günther Thallinger: Climate, Risk, Insurance: The Future of Capitalism
- Climate.Copernicus.eu: Climate Bulletins: Highlights of the latest monthly summaries (8. April 2025)
- Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV): BASt-Studie zu CO2-Einsparmöglichkeiten durch ein Tempolimit auf Autobahnen
- Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Kiel: Die sicherheitspolitische Dividende von Klimapolitik
- Fachmagazin Nature Climate Change: Peatland microalgae are unsung heroes of climate change mitigation
- Fachmagazin Nature Climate Change, Hamard et al., 2025: Microbial photosynthesis mitigates carbon loss from northern peatlands under warming