Mehr als die Hälfte aller Meere weltweit verfärbt sich zunehmend grün. Der Grund dafür ist der Klimawandel. Warum die Verfärbung der Ozeane auch uns Menschen betrifft.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Elena Matera (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wenn ich mich entscheiden müsste, wo ich am liebsten schwimmen gehe – ob im Freibad, im See oder im Meer – würde meine Wahl immer auf das Meer fallen. Ich liebe das Salzwasser, die Wellen und das Untertauchen im Wasser. Ich liebe es, mich auf dem Rücken vom Salzwasser tragen zu lassen. Und ja, ich liebe auch die Farbe des Meeres: das satte Blau, wenn man weiter hinausschwimmt, das klare Wasser im Uferbereich, wie es vor allem in der Ostsee und im Mittelmeer vorkommt – manchmal auch in einem leichten Türkis.

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Nicht nur ich verbinde die Farbe Blau mit dem Meer. Würde ich mein Patenkind bitten, das Meer zu malen, würde es sehr wahrscheinlich direkt zum blauen Stift greifen. Nicht ohne Grund nennen wir die Erde auch den "Blauen Planeten".

Nasa-Satellitendaten zeigen Farbveränderung der Meere

Doch das könnte sich bald ändern. Forschende am National Oceanography Centre haben Nasa-Satellitendaten ausgewertet und herausgefunden, dass sich die Farbe von 56 Prozent der globalen Meeresoberfläche in den letzten 20 Jahren erheblich verändert hat – also mehr als die Hälfte der Meere weltweit.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dafür die Daten des Nasa-Satelliten Modis (Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer) analysiert. Modis misst das Licht über den Weltmeeren in sieben verschiedenen Wellenlängen – darunter auch Blau und Grün. Diese Daten haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler genutzt, um den Chlorophyllgehalt in den Ozeanen zu bestimmen.

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Chlorophyll, der grüne Farbstoff, ist auch im Phytoplankton enthalten. Das sind winzige Pflanzen, die in der oberen Wasserschicht leben. Diese Organismen sind wichtig für die marine Nahrungskette und den globalen Kohlenstoffkreislauf, da sie Kohlendioxid aufnehmen und Sauerstoff produzieren. Aus der Menge an Chlorophyll konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Dichte des Phytoplanktons schließen. Kurzum: Je mehr grünes Licht, desto mehr Phytoplankton ist im Ozean vorhanden.

Die Meere werden weltweit immer grüner

Das Ergebnis ihrer Analyse: In großen Teilen der Ozeane sind die Farbveränderungen deutlich zu sehen. Die Meere werden weltweit immer grüner. Auch in der Nordsee ist das zu beobachten.

Okay, auf den ersten Blick mag die Farbänderung nicht bedeutsam oder dramatisch erscheinen. Dann schwimmen wir eben durch grünes Wasser – was ist schon dabei? Ein grüner anstatt eines blauen Planeten, daran kann man sich gewöhnen.

Doch ganz so leicht sollte man das Ganze nicht abtun. Der Grund für die Farbveränderung ist der Klimawandel und der Temperaturanstieg in den Weltmeeren. Die Forschenden vermuten, dass die wärmer werdenden Meere das Wachstum von Phytoplankton-Arten fördern – und sich das Wasser daher grün verfärbt.

Schichtung der Ozeane wird stärker

Hinzu kommt, dass sich die Wassermassen aufgrund der Erwärmung der Meere stärker schichten, wodurch sich die warmen Oberflächenschichten weniger mit den kälteren, nährstoffreicheren Tiefenschichten vermischen – das zeigen auch andere Studien. Diese stärkere Schichtung führt dazu, dass weniger Nährstoffe aus der Tiefe in die oberen Wasserschichten gelangen, wo das Phytoplankton lebt.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten daher, dass in Zukunft vor allem kleinere Planktonarten in den Meeren dominieren werden, da sie besser an nährstoffarme Bedingungen angepasst sind als größere Arten. Sie können also in solchen Umgebungen besser wachsen und sich vermehren. Allerdings können sie nicht so viel Kohlenstoff speichern. Das hätte gravierende Folgen.

Größeres Phytoplankton kann mehr Kohlenstoff speichern als kleinere Arten. Wenn nun eher kleinere Planktonarten die Ozeane bevölkern, könnte dies die Fähigkeit der Ozeane, Kohlenstoff aufzunehmen, verringern. Der Kohlenstoff wird also nicht gebunden, sondern bleibt in gelöster Form im Wasser. Die Folge: Der Gesamtkohlenstoffgehalt im Ozean steigt.

Bis zum Jahr 2100 könnten diese Veränderungen den Kohlenstoffgehalt in den Ozeanen um fünf bis 17 Prozent erhöhen, was das Meer saurer machen und schädliche Auswirkungen auf Meereslebewesen und Korallenriffe haben könnte. Die Nasa hat bereits ein Forschungsprojekt in diesem Jahr gestartet, um das Wachstum des Phytoplanktons in den Ozeanen und die Farbveränderungen weiter zu beobachten.

Das ökologische Gleichgewicht der Meere gerät ins Wanken

Fest steht: Die Meere werden nicht nur immer wärmer, sondern auch grüner. Und das deutet darauf hin, dass das ökologische Gleichgewicht der Meere zunehmend ins Wanken gerät. Die veränderte Phytoplanktonzusammensetzung kann übrigens auch die Wachstumsraten der Fische beeinflussen. Fischbestände könnten abnehmen. Weniger Fische bedeuten geringere Fangquoten, was die Lebensgrundlage von Fischerinnen und Fischern und die Verfügbarkeit von Fisch als Nahrungsmittel weltweit gefährden kann.

Die grüne Verfärbung der Meere zeigt noch einmal mehr, wie sehr alles miteinander verwoben ist, warum intakte Ökosysteme und Klimaschutzmaßnahmen so wichtig für uns Menschen sind. Wenn ich das nächste Mal im Meer schwimme, werde ich definitiv auf den Farbton des Wassers achten. Und hoffentlich werden auch in Zukunft Kinder das Meer mit blauen Buntstiften malen.

Verwendete Quellen

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