• Durch die starken Klimaschwankungen wird der Anbau verschiedener Lebensmittel weltweit problematisch.
  • Welche Lebensmittel werden zukünftig viel teurer oder können gar nicht mehr gekauft werden?
  • Ein Experte erklärt, wie die Ernte durch den Klimawandel beeinflusst wird – und welche langfristigen Lösungen möglich wären.

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Steigende Meeresspiegel und Unwetter kennen wir schon längst als Folgen des Klimawandels. Doch unserem Speiseplan haben die extremen Temperaturen bisher kaum geschadet. Das werden sie aber noch - und zwar in absehbarer Zeit.

In etwa 25 bis 50 Jahren werden wir uns als Normalverdiener im Supermarkt viele Lebensmittel nicht mehr leisten können, warnt der Agrarwissenschaftler Wilfried Bommert. Schuld daran sind die zwei Extreme des Klimawandels:

  • zu viel Trockenheit zur falschen Zeit
  • zu hoher Niederschlag zur falschen Zeit

Damit zum Beispiel Weizen oder Kartoffeln wachsen, brauchen die Pflanzen die Temperaturen und Niederschläge, an die sie bisher gewöhnt waren.

Europa: Rekord-Hitze verändert den bisherigen Anbau

"In den letzten zehn Jahren hatten wir auch die heißesten Jahre überhaupt", sagt Bommert. "Durch dieses veränderte Klima ändern sich die Vegetationszonen der Erde. Das heißt, die Wüsten breiten sich aus; die Sahara kommt über das Mittelmeer zu uns und macht sich in Spanien, Italien und der Türkei breit. Das ist mit veränderten Niederschlagsmengen und veränderten Temperaturen verbunden. Und dieses Wetter führt dann zu Ernteausfällen – teilweise oder ganz."

Ein gefährdetes Lebensmittel: Kaffee

Etwa beim Kaffee werden wir künftig noch mehr bezahlen müssen, wenn wir ihn trinken wollen – oder sogar auf einige Sorten davon verzichten müssen.

"Bei der Hauptsorte Arabica ist es schon sehr kritisch", sagt der Agrarwissenschaftler. Sie wird hauptsächlich in den Höhenlagen in Brasilien angebaut, denn der Kaffee hat gern kalte Füße und warme Blätter. "Durch die Veränderungen des Klimas wird aber die ganze Pflanze warm. Die Bauern sind mit ihrem Kaffee aber bereits auf die höchsten Berge gezogen. Der Kaffee-Anbau wird so also nicht mehr funktionieren; die Kaffee-Anbauflächen in Brasilien werden sich wahrscheinlich um 80 Prozent verringern."

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Um morgens nach dem Aufstehen besser in den Tag zu starten, trinken viele Menschen gerne direkt eine Tasse heißen Kaffee. Das kann allerdings unerwünschte Folgen wie Sodbrennen nach sich ziehen. Im Video erklären wir, wie Sie Magenprobleme mit einfachen Tricks vermeiden und trotzdem einen leckeren Frühstückskaffee genießen können. (Foto: imago images/Cavan Images )

Umstieg der Bauern auf andere Kaffee-Sorten

Was dem Kaffee in Brasilien durch den Klimawandel geschieht, steht beispielhaft für die anderen Anbau-Regionen in der Welt. Die Kaffee-Bauern versuchen, Sorten zu pflanzen, die mit dem Klima besser klarkommen.

Bommert: "Es gibt eine sogenannte Kompensations-Kaffeesorte, Robusta, die wärmeres Klima aushalten kann – aber auch nur bis zu einem bestimmten Grad. Sie braucht jedoch relativ viel Wasser, und in Trockenzeiten wächst auch sie nicht."

Zwar gibt es neben Arabica und Robusta noch etwa 120 Untersorten, die hauptsächlich in Äthiopien angebaut werden. Doch auch auf diese kann der Verbraucher nicht auf Dauer zählen, erklärt der Experte.

"Die Bevölkerung breitet sich aus, die Anbauflächen sind nicht mehr gegeben." Auf der einen Seite fehle dem Kaffee also der Platz, auf der anderen Seite wird es ihm zu warm.

Auch dem Kakao wird es zu heiß

Warm ist es auch in Westafrika – und eigentlich sind Ghana und die Elfenbeinküste der ideale Standort für Kakao-Bäume. Bis zu 35 Grad können die Pflanzen aushalten. Aber auch hier steigen die Temperaturen weiter, die Kakao-Bäume versuchen, mit mehr Wasser ihren Kühlkreislauf in Gang zu setzen. Zu wenig Regen bedroht Bäume und Ernte.

Robustere Kakao-Bäume, die sich der Wärme anpassen können, sind zwar in der Entwicklung. Doch bis sie den Weg zu den Plantagen finden, vergeht noch viel Zeit - und die Schokolade steigt im Wert.

Luxusgut der Zukunft: Mandeln

Die meisten Mandeln, die wir im Supermarkt kaufen, kommen aus Kalifornien. Mandelbäume sind besonders durstige Pflanzen: Eine einzige Mandel benötigt zum Wachsen knapp vier Liter Wasser.

Große Dürren und die darauf folgenden tiefen Brunnenbohrungen der Bauern sorgen für ein dramatisches Absinken des Grundwasserspiegels in der Mandel-Anbau-Region.

Trotzdem halten die Mandel-Bauern an ihren Bäumen fest. Etliche moderne Bewässerungsanlagen auf den Farmen reduzieren zwar den Wasserverbrauch, die Brunnen müssen jedoch immer tiefer gebohrt werden.

Problem im Lebensmittel-Anbau: Monokulturen

Ein großes Problem sieht Agrarwissenschaftler Bommert in den Monokulturen – wie etwa beim Mandel-Anbau: der Boden wird immer durch die gleiche Pflanzenart bewirtschaftet.

"Wir werden wieder zu der vielseitigen Landwirtschaft zurückkommen, wo mehrere Kulturen nebeneinander angebaut werden", sagt der Experte. "Vielfalt ist das einzige, was uns in unseren Ernährungskreisläufen noch Stabilität geben kann."

Zu nass, zu trocken: Bakterien und Schädlinge breiten sich aus

Nicht nur Hitze, Trockenheit und Unwetter mit sintflutartigem Regen machen Kaffee, Kakao und Mandeln zu schaffen. Aufgrund der Klima-Extreme entwickeln sich neue Schädlinge, die den Pflanzen schaden – und manchmal haben die Schädlinge auch noch Bakterien mit im Gepäck.

"Aus Brasilien wissen wir, dass zum Beispiel die Apfelsinen-Ernte von Schädlingen betroffen ist", sagt Bommert. Die Hitze allein beeinträchtigt die Pflanze nicht so sehr – aber durch die Hitze entwickeln sich Insekten, wie etwa ein Blatt-Floh, der ein Bakterium mit sich führt, das die Saftleitungen in den Orangen-Bäumen blockiert.

"Die beiden sorgen für eine Embolie in der Pflanze, also für einen Gefäßverschluss", erklärt der Sachbuch-Autor. "Kein Wasser kommt mehr durch, die Früchte bleiben klein und grün und sind nicht mehr verwertbar."

Dabei ist Brasilien der Haupt-Hersteller des Orangensafts. "Wir können uns auch hier auf ein knapperes und deutlich teureres Angebot im Supermarkt einstellen."

Der Wein und die Kirsch-Essig-Fliege

Nun könnte man denken, der Klimawandel betreffe hauptsächlich die Lebensmittel, die im Ausland angebaut werden. Aber auch Europa leidet - unter anderem wegen eines 2009 importierten Schädlings, der den Weinbauern seitdem Sorgen bereitet: die Kirsch-Essig-Fliege.

"Sie liebt reife Früchte wie Kirschen oder Beeren, am liebsten hat sie aber den Wein, denn dessen Traube ist besonders lange am Stock", sagt Bommert.

Am Weinstock zeigen die Fliegen dann ihre Zerstörungswut: Mit ihrem Stachel bohren sie Löcher in die Traube und legen ihre Eier dort ab, die Maden werden in der Traube groß. "Innerhalb weniger Tage kann sich die Fliege tausendfach vermehren. Gleichzeitig kommen Essig-Bakterien in die Traube und sie kann nicht mehr zu Wein verwertet werden."

Meerestiere und die Übersäuerung des Wassers

An Land toben als Folge des Klimawandels Schädlinge und Bakterien und machen viele Ernten zunichte – im Wasser passiert ähnliches, allerdings ist das Klimagas CO2 hier der Hauptschuldige.

"Solange wir zu viel CO2, Kohlenstoff-Dioxid, in der Atmosphäre haben, ist die logische Konsequenz, dass die Versauerung der Meere voranschreitet", sagt Bommert. "Das hat zur Folge, dass Kalk im Meerwasser aufgelöst wird. Tiere, die im Meer wohnen und Kalk-Panzer haben, wie etwa Muscheln, werden zerstört. Tintenfische und Quallen zum Beispiel haben bessere Voraussetzungen für ihr Leben."

Aus Liebe zum Klima: Verzicht auf Kaffee, Orangen und Co.?

Als mögliche Lösung schlagen manche vor, ganz auf die Verlierer des Klimawandels – und nicht lebensnotwendige Dinge – wie Kaffee, Kakao, Tee, Orangen oder Mandeln zu verzichten.

Für die Bauern in den Anbau-Gebieten wäre das jedoch katastrophal, sagt Agrarwissenschaftler Bommert: "Den Anbauern wird die Existenzgrundlage entzogen, und in Ländern wie Brasilien heißt das: Abwanderung der Bauern in die großen Städte, weil sie auf dem Land nichts mehr haben, und die Auffangstationen in den großen Städten sind die Slums, die Armenviertel."

Ein Verzicht im Supermarkt würde nur eine kurze Markt-Entspannung bewirken, erklärt der Welternährungsexperte.

Der Verzicht auf Fleisch tut dem Klima gut

Anders ist dagegen die Abnahme an Fleisch-Konsumenten zu bewerten: "Das ist in jeder Hinsicht gut, denn Fleisch ist das größte Klima-Problem, das wir haben", sagt Wilfried Bommert.

Soja und Futtermais als Tierfutter verschlingen Unmengen an Wasser und ihr Anbau führt zu immer mehr Klimagasen; auch reagiert Soja auf Temperatur-Veränderungen empfindlich und entwickelt bei längeren Hitze-Perioden keine Blüte. Die Folge: Miss-Ernten.

"Das Tierfutter wird dann teurer, der Preis für das Fleisch steigt – Futter ist zum Beispiel beim Schwein das preisbestimmende Element –, die Menschen wollen es aber sowieso nicht mehr essen. Der Konsum sinkt also einerseits aus ideellen Gründen und wird auch aus Preisgründen sinken."

Profiteure des Klimawandels

Gibt es auch Profiteure des Klimawandels? "Pflanzen und Tiere, die Wärme und Trockenheit lieben", sagt Bommert. Dennoch bezweifelt der Experte, dass das für uns ein Trost sein kann, denn durch die Veränderung des Klimas verändern sich unser Lebensraum und die Bedingungen, unter denen wir leben. "Und die Veränderungen sind nicht mehr umkehrbar."

Was wir heute an Wetter erleben, verdanken wir laut dem Experten den Emissionen, die vor 30 Jahren in die Luft gegangen sind. "Das bedeutet auch, dass das, was heute in die Luft geht, erst in 30 Jahren wirksam wird. Wir sind aber immer noch dabei, Gas zu geben. Einschränkungen von Klima-Abgasen sind nicht maßgeblich festzustellen, durch die Pandemie hat sich die Geschwindigkeit vielleicht etwas reduziert. Maßgeblich ist das alles aber nicht."

Über den Experten: Dr. Wilfried Bommert, Jahrgang 1950, ist Agrarwissenschaftler, Journalist, Sachbuch-Autor und Sprecher des World Food Institute, dem Institut für Welternährung in Berlin. Neben zahlreichen Büchern zu den Themen Klimawandel und Ernährung erschien 2017 auch das Buch "Verbrannte Mandeln. Wie der Klimawandel unsere Teller erreicht", DTV, München 2017. Dafür bereiste er mit der Journalistin und Autorin Marianne Landzettel die Welt, um mit Bauern und Forschern vor Ort über die Auswirkungen des Klimawandels für unsere Ernährung zu sprechen.
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