Zwei Studien deuten darauf hin, dass die Welt nun in die 1,5-Grad-Phase eingetreten ist. Die meisten Mitgliedstaaten des Pariser Abkommens haben indes die Fristen für ihre neuen Klimaziele verpasst und die Arktis könnte bis 2100 kaum noch wiederzuerkennen sein.

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2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und die Auswirkungen der Klimakrise werden spürbarer: Extremwetterereignisse nehmen weltweit zu, ein Negativrekord jagt den nächsten.

Die globale Erwärmung zu bremsen und die Folgen beherrschbar zu halten, ist eine der zentralen Herausforderungen für die Menschheit. In dieser Serie halten wir Sie über die aktuellen News und Entwicklungen rund ums Klima auf dem Laufenden.

Studie: Eine 1,5 Grad wärmere Welt beginnt jetzt

Bisher gingen Klimamodelle davon aus, dass die 1,5-Grad-Grenze der Erderwärmung erst 2030 erreicht wird. Im Jahr 2024 – dem wärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – lag die Erwärmung jedoch durchgängig über dieser Schwelle.

Ein Ausreißer? Eher nicht: Nach Ansicht von Forschenden des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig deutet dies darauf hin, dass nun ein Zeitraum von 20 Jahren begonnen hat, in dem die Durchschnittstemperaturen über 1,5 Grad liegen.

Für ihre Studie im Fachjournal "Nature Climate Change" haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Erwärmungsperioden zwischen 1981 und 2014 untersucht. Dabei zeigte sich, dass jedes erste Jahr, in dem eine bestimmte Schwelle überschritten wurde – zum Beispiel 0,6 oder 1,0 Grad –, immer den Beginn eines 20-jährigen Zeitraums markierte, in dem die gesamte Durchschnittstemperatur über dieser Schwelle lag.

Die Climate Research Division in British Columbia, Kanada, kommt in einer anderen Studie mit einer anderen Berechnungsmethode zum gleichen Ergebnis: Wird eine bestimmte Temperatur in mehr als zwölf aufeinanderfolgenden Monaten überschritten, hat die Welt mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Temperaturschwelle vollständig erreicht.

Laut dem sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC birgt eine Temperaturerhöhung um 1,5 Grad "hohe Risiken" für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hitzewellen, Dürren und Hochwasser könnten dann noch häufiger auftreten.

Nach Ansicht von Studienautor Emanuele Bevacqua vom Helmholtz-Zentrum in Leipzig sollten wir dennoch am 1,5-Grad-Ziel festhalten. "Jedes Zehntelgrad mehr zählt, weil die Auswirkungen nur schlimmer werden", sagte er im Interview mit dem "Spiegel". "Unsere Ergebnisse sind ein Ansporn zu handeln. Wir können die Wahrscheinlichkeit, dass die Temperaturziele des Pariser Abkommens bald überschritten werden, noch deutlich senken."

Nur wenige Länder reichen neue Klimapläne ein

Mit dem Pariser Abkommen haben sich 2015 insgesamt 195 Staaten dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Dafür soll jedes Land alle fünf Jahre einen neuen Klimaplan mit den geplanten Maßnahmen vorlegen – in diesem Jahr für das Jahr 2035.

Doch einer Analyse des Klimaportals "Carbon Brief" zufolge haben gerade einmal zehn der Mitgliedsstaaten ihre neuen Klimapläne fristgerecht am 10. Februar beim UN-Klimasekretariat eingereicht. Demnach repräsentieren die Länder, die die Frist verpasst haben, 83 Prozent der globalen Emissionen. Auch die EU – und mit ihr Deutschland – hat die Frist versäumt.

UN-Klimachef Simon Stiell sagte vor wenigen Tagen, dass die "große Mehrheit der Länder angedeutet hat, dass sie dieses Jahr neue Pläne vorlegen wird" und dass es sinnvoll sei, sich "etwas mehr Zeit zu nehmen" – in der Hoffnung, dass die Pläne dann entsprechend ambitionierter ausfallen. Die UN forderte die Staaten auf, ihre Pläne bis spätestens September vorzulegen. Dann können sie noch in den UN-Bericht vor der Weltklimakonferenz COP30 im brasilianischen Belém im November aufgenommen werden.

Studie: Arktis im Jahr 2100 kaum noch wiederzuerkennen

Das Eis der Arktis erstreckt sich im Jahr 2024 über 4,29 Millionen Quadratkilometer – und ist damit deutlich kleiner als noch vor 30 Jahren. Im Jahr 2100 wird die Arktis nicht wiederzuerkennen sein, wie eine neue Studie im Fachmagazin "Science" nahelegt.

Für ihre Studie haben Forschende der Universität Hamburg Simulationen von Klimamodellen mit Messdaten von Satelliten verknüpft und untersucht, wie sich die Arktis bei einem globalen Temperaturanstieg von 2,7 Grad entwickeln würde. 2,7 Grad entsprechen den aktuellen Prognosen für das Jahr 2100 – selbst wenn alle Staaten ihre zugesagten Klimaziele einhalten. Und das ist bei Weitem nicht garantiert.

In diesem Szenario wird das Nordpolarmeer, das heute noch von Meereis bedeckt ist, in den Sommermonaten vollkommen eisfrei sein – laut den Forschenden ein beispielloser Zustand in der modernen Menschheitsgeschichte. Allein das Abschmelzen der Gletscher in Grönland wird einen Anstieg des globalen Meeresspiegels um 20 Zentimeter verursachen. An Land wird dann die Hälfte der dauerhaft gefrorenen Permafrostböden getaut sein, wodurch zusätzliches CO2 freigesetzt wird – was den Klimawandel weiter anheizt.

Die Folgen für das Ökosystem und die dort lebenden Menschen sind dramatisch: Viele Tierarten könnten regional aussterben, Jagd- und Transportwege für die indigene Bevölkerung verschwinden und das Risiko für Küstenerosion, Überflutungen und die Versalzung von Wasserreservoirs steigt.

Durch verstärkte Anstrengungen zur Begrenzung der globalen Erwärmung könnten die Folgen erheblich reduziert werden, mahnen die Forschenden. "Der Mensch hat die Macht, ganze Landschaften von der Erdoberfläche zu tilgen", sagte Studienautor Dirk Notz in einer Pressemitteilung. "Die Arktis ist nur ein Beispiel. Tatsächlich liegt die Zukunft des gesamten Planeten in unseren Händen."

Klima-Initiative will Sendezeit bei der ARD kaufen

Die Initiative "Klima vor acht" versucht schon lange, in der ARD ein festes Klimaformat vor der "Tagesschau" zu platzieren; derzeit läuft dort "Wirtschaft vor acht". Bislang wurde das von der ARD mit der Begründung abgelehnt, man sei in dieser Hinsicht gut aufgestellt.

Das sieht Michael Brüggemann, Kommunikations- und Medienwissenschaftler von der Universität Hamburg und Mitglied bei "Klima vor acht", anders: 2024 sei in nur 4,5 Prozent der "Tagesschau"-Sendeminuten das Wort "Klima" erwähnt worden – ein Rückgang um 7,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.

Nun verfolgt "Klima vor acht" eine neue Strategie: Mit 250.000 Euro will die Initiative den Sendeplatz direkt vor der "Tagesschau" kaufen, um einen drei- bis fünfminütigen Kurzfilm auszustrahlen. Die Finanzierung soll durch Spenden von Unternehmen erfolgen, die Klimaberichterstattung zur Primetime unterstützen. Die ersten 25.000 Euro wurden bereits vom Ökostromanbieter EWS Schönau und dem Lebensmittelhersteller Oatly beigesteuert.

250.000 Euro seien viel Geld, um einmalig einen Kurzfilm auszustrahlen, räumt selbst Sprecherin Friederike Mayer laut "Klimareporter" ein. Man wolle der ARD damit aber auch demonstrieren, dass es viele Unternehmen gebe, die sich ein solches Format wünschen und den Acht-Uhr-Platz als einen attraktiven Werbeplatz sehen.

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