Paris (dpa) - Der vom Menschen verursachte Klimawandel verändert einer Studie zufolge die Wetter-Formel für gute Weinernten in Frankreich.
Während die besten Wein-Jahre sich über Jahrhunderte durch Trockenperioden am Ende der Wachstumsphase auszeichneten, werden die nötigen Temperaturen für eine frühe und gute Ernte inzwischen ohne Dürre geknackt. "Es ist nur das jüngste Symptom, dass die globale Erwärmung biologische Systeme und die Landwirtschaft beeinflusst", teilte die US-amerikanische Columbia-Universität mit.
"Die schlechte Nachricht ist, wenn wir die Erde weiter erwärmen, werden wir einen Wendepunkt erreichen", warnte Mit-Autorin Elizabeth Wolkovich von der Universität Harvard. Nach ihrer Einschätzung könnten höhere Temperaturen dann nicht mehr wie bislang zu höherer Weinqualität führen.
Die in der Fachzeitschrift "Nature Climate Change" veröffentlichte Studie stützt sich auf Daten aus den Jahren 1600 bis 2007 für Frankreich und die Schweiz. Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang des Zeitpunkts der Weinlese mit Temperaturen und Trockenheit.
"Vor allem seit 1980, wo es einen bedeutenden Wendepunkt für Temperaturen in der nördlichen Erdhalbkugel gibt, werden Erntedaten in Frankreich früher und früher", sagte Wolkovich. Im Schnitt waren Weintrauben in diesem Zeitraum gut zehn Tage früher erntereif als von 1600 bis 1900.
"Hohe Sommertemperaturen in Westeuropa, die die Fruchtreife beschleunigen, erforderten historisch Dürrebedingungen, um extreme Hitze zu schaffen", heißt es in der Studie. Die Erklärung ist einfach: Die normale Verdunstung von Feuchtigkeit aus dem Boden kühlt, bei Dürre ist dieser Effekt geringer.
Nun ist das keine Bedingung mehr: "Es ist dank des Klimawandels so warm geworden, dass Weinbauern keine Dürre brauchen, um diese sehr warmen Temperaturen zu erreichen", erklärte Mitautor Benjamin Cook von einem Institut der US-Raumfahrtbehörde Nasa.
Anhand der Anbaugebiete Bordeaux und Burgund demonstrieren die Autoren, dass höhere Temperaturen bislang in der Regel zu besseren Weinen führen. Anlässlich der Veröffentlichung verweisen die Verfasser aber auch auf frühere Studien, wonach steigende Temperaturen irgendwann zum Problem werden könnten. Wolkovich nennt die Hitzewelle von 2003 als Beispiel: Diese habe zu einer sehr frühen Weinernte geführt, doch die Qualität sei gemischt gewesen.
Unter Winzern und Weinexperten wird schon seit Jahren über die Folgen des Klimawandels diskutiert. Mit steigenden Temperaturen rechnen sich plötzlich ganz neue Regionen von Großbritannien bis nach Niedersachsen Chancen auf einen Platz im Weingeschäft aus. Doch gerade in Frankreich weckt die Entwicklung auch Sorgen. Zugleich verweisen Experten auf Möglichkeiten, sich anzupassen und beispielsweise hitzeresistentere Rebsorten einzusetzen.
Die Studie selbst betont, dass die Ergebnisse nicht notwendigerweise bedeuten, dass Weinqualität künftig zwangsläufig von Umweltveränderungen dominiert wird. Doch sie zeigten, dass die großen klimatischen Grundbedingungen, unter denen dann lokale Faktoren wie das Management der Weinberge oder die Böden ihre Wirkung entfalten, sich grundlegend verschoben haben.
Unterdessen meldete das Deutsche Weininstitut (DWI), dass der Jahrgang 2015 durch eine "außergewöhnliche Witterung mit sehr viel Sonne" herausragend gut geworden sei. Die bundesweite Erntemenge sei trotz Trockenheit kaum zurückgegangen: Mit fast neun Millionen Hektolitern liege sie nur zwei Prozent unter dem zehnjährigen Mittel. Der Präsident des Weinbauverbandes Rheinhessen, Ingo Steitz, meinte: "Bei so viel Sonne konnte sich das Aroma der einzelnen Sorten sehr gut ausprägen, es gibt eine große Geschmacksvielfalt." © dpa
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