Das 1,5-Grad-Ziel der Pariser Klimakonferenz ist allgegenwärtig. Doch wann genau ist diese Grenze erreicht? Bisher muss für eine klare Aussage ein langer Zeitraum vergehen. Für schnellere Reaktionen sei eine andere Definition nötig, betonen Forscher.

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"Die 1,5-Grad-Grenze ist überschritten" - eine solche Aussage zur Klimakrise könnten Experten nach den derzeit geltenden Kriterien erst viele Jahre verspätet treffen. Davor warnten kürzlich britische Forscher in einem Kommentar im Fachblatt "Nature". Sie machen einen Vorschlag, wie die Nichteinhaltung von Klimazielen wesentlich früher attestiert werden könnte.

Bei der Weltklimakonferenz 2015 in Paris hatten die Staaten weltweit vereinbart, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen zu wollen. Auch bei der derzeit laufenden Weltklimakonferenz in Dubai geht es um die Einhaltung dieser Marke. Das 1,5-Grad-Ziel bezieht sich dabei auf längerfristige Werte und nicht auf einzelne Tage, Monate oder Jahre. Doch wann genau lässt sich sagen: Das Ziel wurde verfehlt?

"Es mag überraschen, dass die Pariser Erklärung keine formell vereinbarte Definition des gegenwärtigen Standes der globalen Erwärmung enthält", erläutern Richard Betts und seine Kollegen vom britischen Wetterdienst Met Office und der Universität Exeter in ihrem Kommentar.

"Ohne eine Einigung darauf, was eigentlich als Überschreiten der 1,5 Grad Celsius zählt, riskieren wir Ablenkung und Verwirrung genau zu dem Zeitpunkt, wenn Handeln zum Abwenden der schlimmsten Effekte des Klimawandels sogar noch dringlicher wird", sagte Betts. Viele Fachleute gehen mittlerweile davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel nicht mehr zu schaffen ist.

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Jahrelange Verzögerung

Der Weltklimarat IPCC hat durchaus definiert, wann eine bestimmte Temperatur-Marke als überschritten gilt. Dafür schauen sich die Fachleute die globale Durchschnittstemperatur gemittelt über einen Zeitraum von 20 Jahren an. Liegt der Mittelwert beispielsweise 1,5 Grad über dem vorindustriellen Durchschnittswert, legen die Experten die Mitte des 20-Jahre-Zeitraums als den Moment fest, an dem diese Schwelle erstmals überschritten wurde. "Das bedeutet, dass wir das Überschreiten eines Schwellenwerts erst 10 Jahre nach diesem Datum feststellen können", erklärte Chris Hewitt, Direktor für Klimadienstleistungen bei der Weltwetterorganisation (WMO), auf Anfrage.

Das Problem wird am Beispiel der 1-Grad-Schwelle deutlich: Der Zeitraum von 2002 bis 2021 war der erste, in der die globale Durschnitttemperatur im Mittel ein Grad über der vorindustriellen Zeit lag. Es wurde - und das eben erst am Ende dieses langen Zeitraums - festgelegt, dass die 1-Grad-Schwelle um das Jahr 2012 überschritten wurde.

Die WMO erwäge, ein internationales Expertenteam mit der Prüfung alternativer Methoden zu beauftragen, um eine zeitnähere Bewertung zu ermöglichen, sagte Hewitt.

Riff

Bericht: Forschende warnen vor Kipppunkten

Die Klimakrise nimmt schon jetzt dramatische Ausmaße an. Forscher warnen davor, dass selbstverstärkende Prozesse ausgelöst werden könnten. Doch es gibt auch Anlass zur Hoffnung.

Vorschlag von Experten

Die Gruppe um Betts schlägt vor, den Stand der globalen Erwärmung aus Beobachtungsdaten der vergangenen zehn Jahre sowie Modellprojektionen für die kommenden zehn Jahre zu berechnen. Dadurch sei weiter sichergestellt, dass auf den Durchschnittswert einer Periode von 20 Jahren geschaut werde. Das Überschreiten der 1,5-Grad-Schwelle könnte aber rechtzeitig erkannt und eine Verschärfung von Maßnahmen eingeleitet werden, so die Wissenschaftler.

Mit der vorgeschlagenen Methode berechneten die Forscher, dass die globale Erderwärmung Ende 2022 bei etwa 1,26 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau lag. (dpa/mak)

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