• Ganz Deutschland ächzt unter der extremen Hitze.
  • Doch wie kommt es überhaupt zu solch einer Wetterlage?
  • Experten erklären, welches Phänomen dahintersteckt und ob wir in Zukunft öfter mit Extremhitze rechnen müssen.

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Deutschland ächzt unter der extremen Sommerhitze. Vielerorts kratzt das Thermometer an Rekordmarken, der Deutsche Wetterdienst spricht Hitzewarnungen aus, der Bundesgesundheitsminister warnt vor lebensgefährlichen Folgen.

Temperaturen bis zu 40 Grad Celsius – mittlerweile sind solche Extreme auch in Deutschland keine Seltenheit mehr. Doch wie kommt es überhaupt zu solch einer Wetterlage?

Für die Hitzewelle mit ihren Spitzen am 19. und 20. Juli macht Astrid Ziemann von der TU Dresden die sogenannte Omegalage verantwortlich. Dabei rolle von Frankreich und den Benelux-Ländern eine kurze und intensive Hitzewelle auf Deutschland zu.

"Eine solche Wetterlage ist in unseren Breiten als Omegalage bekannt", sagt Ziemann. "Auf der Höhenwetterkarte in ca. 5,5 km Höhe sieht man bei einer Omegalage ein ausgedehntes Hochdruckgebiet, das von zwei Tiefdruckgebieten östlich und westlich flankiert wird." Sieht man sich diese Wetterlage auf einer Karte an, dann ähnelt das Bild dem griechischen Buchstaben Omega – daher der Name.

Extreme Hitze durch Omegalage: Darum rettet uns die warme Saharaluft

Die Omegalage blockiere den typischen Wechsel der Wetterlage, erklärt Ziemann. "Eine Omegalage ist stabil und kann über viele Tage anhalten. Im Bereich des Hochdruckgebietes ist es ausgeprägt trocken und warm. Besonders in den Städten steigt die Wärmebelastung für die Menschen, da sich aufgrund des Wärmespeichers der Bebauung auch nachts keine erholsame Abkühlung mehr einstellen kann."

Dabei habe man sogar noch Glück, wie Sebastian Schappert vom Deutschen Wetterdienst betont. Denn durch den hohen Luftdruck strömen trockene Luftmassen aus Nordafrika zu uns. "Ein Glück ist, dass es keine feuchte Hitze ist", sagt der Meteorologe. "Das rettet uns ein wenig."

Die Gluthitze hat zurzeit große Teile Europas im Griff. In Portugal seien durch extreme Temperaturen mehr als 1.000 Menschen ums Leben gekommen, berichtet die Tagesschau auf ihrer Website. In Frankreich wiederum seien gleich an mehreren Orten die höchsten Temperaturen seit Beginn der Messungen verzeichnet worden. Die Stadt Brest übertraf mit 39,3 Grad Celsius den bisherigen Temperaturrekord gar um mehr als vier Grad.

Gletscher auf Spitzbergen: Tonnenschwere Eismassen stürzen ins Meer

Spektakulärer und beängstigender Anblick am Monacobreen auf Spitzbergen: Eine Expedition filmte, wie riesige Eismassen vom Gletscher abbrachen und ins Wasser stürzten.

Hitzerekorde verzeichnet auch Großbritannien. So durchbrach das Thermometer erstmals in der Geschichte die 40-Grad-Marke. Das Örtchen Coningsby verzeichnete am 19. Juli einen Wert von 40,3 Grad Celsius – 1,5 Grad über der bisherigen Höchstmarke.

Angesichts dieser Extreme warnte Paul Davies, Chefmeteorologe des nationalen meteorologischen Dienstes des Vereinigten Königreichs, vor einem sogenannten Hitzedom. Bei diesem Wetterphänomen ist die Hitze wie unter einer riesigen Kuppel gefangen und kann nicht entweichen. Der Begriff wird jedoch meist im Zusammenhang mit der Hitzewelle 2021 in Nordamerika verwendet.

"Ich tue mich mit dem Begriff schwer", sagt Sebastian Schappert. "Im meteorologischen Sinne gibt es die Hitzekuppel nicht. Es geht da eher um einen hohen Luftdruck, der seinen Schwerpunkt nach Osten verlagert."

Expertin prophezeit: Wir werden öfter mit Hitzewellen rechnen müssen

Wie auch immer man das Phänomen nennt, vermeidbar sind solche Extremwetter nicht, wie Astrid Ziemann betont. Umso wichtiger sei es, sich zu schützen. "Jeder Einzelne sollte nach Möglichkeit sein Verhalten an die Hitze anpassen: direkte Sonne meiden, größere Anstrengungen (auch Sport) in die kühleren Morgen- oder Abendstunden verlegen, tagsüber eine Kopfbedeckung tragen, luftig kleiden, ausreichend und regelmäßig Wasser trinken."

Ziemann macht klar, dass wir in Zukunft öfter mit extremer Hitze rechnen müssen: "Der Weltklimarat IPCC zeigt in seinem aktuellen Sachstandsbericht auf, dass in Europa der Mittelmeerraum zukünftig besonders unter einer Zunahme und Intensivierung von Hitzewellen und Dürren leiden wird. Klimaprojektionen belegen: Es wird in allen Regionen Europas häufigere Hitzewellen geben, die stärker sind als bisher."

Wie heiß wird der Sommer 2022 noch werden?

Und wie wird der Sommer 2022 weitergehen? Nach der Superhitze am 19. und 20. Juli wird es wieder etwas kühler. Aber langfristige Prognosen bleiben schwierig.

Deshalb drückt sich Sebastian Schappert bei seiner Einschätzung äußerst vorsichtig aus: "Wir haben Signale dafür, dass die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass der Sommer wärmer als im Durchschnitt ausfallen könnte."

Über die Experten:

Dr. Astrid Ziemann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Hydrologie und Meteorologie der Technischen Universität Dresden.

Sebastian Schappert ist Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Dr. Astrid Ziemann
  • Interview mit Sebastian Schappert
  • tagesschau.de: Hitze in Süd- und Westeuropa. Mehr als 1000 Hitzetote in Portugal
  • Met Office: Record breaking temperatures for the UK
  • dailymail.co.uk: Summer could be the hottest on record with Brits set to bake in 86F heat TODAY as forecasters warn we now face 'historic, even unprecedented' heat dome
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