Die Studentenverbindung "Skull & Bones" ist sagenumwoben: Drei Präsidenten gingen aus ihr hervor, außerdem weitere einflussreiche Politiker und Wirtschaftsbosse. Ist der Geheimbund nur dazu da, die Familie Bush zu schützen? Arbeiten Sie auf ein übergeordnetes, religiöses Ziel hin? Um "Skull & Bones" ranken sich viele Gerüchte und Verschwörungstheorien.
Geheimbünde, deren Mitglieder sich heimlich treffen und seltsamen Riten nachgehen, sind an Universitäten nicht so selten, wie man meinen könnte. Jedenfalls in England und den USA. Und nicht nur das: Sie haben zum Teil sehr großen Einfluss und dienen als Sprungbrett für eine Karriere in der Politik und der Wirtschaft. Einer der bekanntesten und geheimnisvollsten Geheimbünde ist "Skull & Bones" (Schädel und Knochen) an der Elite-Uni Yale in den USA. Weitere solcher Gemeinschaften sind zum Beispiel der "Porcellian Club" in Harvard oder die "Owl Society" an der Universität von Pennsylvania. Auch in Yale gibt es noch andere Geheimgesellschaften, etwa "Scroll and Key" oder "Wolf's Head".
Keine davon ist aber so mächtig wie "Skull & Bones". Zu den bekanntesten Mitgliedern gehören sogar drei ehemalige US-Präsidenten: George W. Bush, sein Vater George Bush und William Howard Tuft, Präsident von 1909 bis 1913. Auch der Präsidentschaftskandidat der Demokraten von 2004, John Kerry, ist ein "Bonesman" oder "Ritter", wie sich die Mitglieder nennen. Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft 2004 standen sich mit Kerry und George W. Bush also zwei Mitglieder des Bundes gegenüber. Weitere Mitglieder waren zum Beispiel F. Trubee Davison, ehemals CIA-Personaldirektor, Frederick W. Smith, Präsident von FedEx und Potter Stewart, einst Richter am Obersten Gerichtshof der USA.
Die geheimen Riten
Die Riten und Bräuche des Geheimbundes sind mysteriös und sagenumwoben: Jedes Jahr werden genau 15 Studenten aufgenommen. Sie sind Seniors, besuchen also alle das letzte Jahr vor dem Bachelor an der Uni. Für ihre Mitgliedschaft bekommen sie angeblich 15.000 Dollar und eine Taschenuhr. Der aktive Kern besteht also stets aus genau 15 Mitgliedern. Diese widmen sich ihren Bräuchen und müssen Rechenschaft über ihr komplettes bisheriges Leben ablegen und etwa alle Charakterschwächen offenbaren und sexuelle Erfahrungen beichten.
Man kann sich für die Mitgliedschaft nicht bewerben, sondern man wird ausgewählt - und zwar von den Neulingen des letzten Jahres. Gesucht werden die herausragendsten jungen Studenten der Elite-Uni. Wer ein "Bonesman" werden will, muss sich durch besondere Leistungen hervortun oder irgendwie anderweitig auffallen. Nach der Auswahl der neuen Mitglieder folgt der "Tap Day", also der Tag der Initiation. Hier stehen Zeremonien im Mittelpunkt, über deren genauen Verlauf wenig nach außen gedrungen ist.
Gerüchten zufolge muss das Neumitglied Blut aus einem Schädel trinken. Danach wird es zum "Ritter" geschlagen und bekommt einen Ordensnamen. Der von George W. Bush ist zum Beispiel "Temporary". Weitere Bräuche bei der Initiation erinnern an einen Maskenball: Eines der Altmitglieder ist als Don Quixote verkleidet, ein anderer als Papst. Der angehende "Ritter" muss dem Papst die Füße küssen und vor ein Bildnis der Göttin Eulogia treten. Einer der Neu-"Bonesmen" wird kopfüber durch den Raum getragen.
Eigene Zeitrechnung und die Zahl 322
Wichtig für den Geheimbund ist unbedingte Verschwiegenheit. Niemand darf über den Club und die Mitgliedschaft reden. Angeblich muss ein "Bonesman" den Raum verlassen, sobald die Rede auf den Club kommt. Das war aber nicht immer so: Bis Anfang der 1970er-Jahre wurden die Mitgliederlisten öffentlich in der Bibliothek von Yale aufbewahrt und die neuen "Ritter" namentlich in der "New York Times" erwähnt. Heute werden alle Nicht-Mitglieder als Heiden und Vandalen bezeichnet. Es gibt sogar eine eigene Zeitrechnung. Die "S.B.T." (Skull & Bones Time) weicht von der Zeit an der Ostküste der USA allerdings nur um fünf Minuten ab.
Es gibt weitere wichtige Symbole: Ein Totenschädel über gekreuzten Knochen ist das Zeichen des Geheimbunds, dabei steht die Zahl 322. Was diese genau bedeutet, ist unklar. Eine Erklärung lautet, dass es das Todesjahr des griechischen Redners Demosthenes ist. Was der aber mit "Skull & Bones" zu tun haben soll, ist offen. 322 gilt außerdem als Nummer des inneren Tempels, auch Gruft genannt, einem Gebäude auf dem Universitätsgelände, wo die Treffen des Bunds stattfinden. Dort sollen sich viele Knochen und Schädel befinden, die für den Orden eine wichtige Rolle spielen. Darunter ist offenbar auch der Schädel des Apachen-Häuptlings Geronimo, den der Großvater von George W. Bush zusammen mit anderen "Bonesmen" 1918 ausgegraben hatte.
Das Ziel: ein überaus einflussreiches Netzwerk
Der Geheimclub ist auch unter anderen Namen bekannt, etwa "The Order of Death" (Orden des Todes), nur "The Order", "Loge 322" oder "Der Eulogianische Club". Die "Bonesmen" oder "Knights" (Ritter) heißen auch "Knights of Eulogia" oder "Boodle Boys". Die Göttin Eulogia steht für die Redekunst, woher der Name "Boodle Boys" stammt, ist nicht bekannt. Erst seit 1991 gibt es auch "Boneswomen", "Ladies of Eulogia" oder "Boodle Girls". Bis dahin war "Skull & Bones" ein reiner Männerverein. Gegründet wurde der älteste Geheimbund in Yale 1832 von William Huntington Russell. Angeblich kam er in Deutschland auf die Idee für die Verbindung - dort hatte er zuvor studiert.
Das Ziel der Bruderschaft ist klar: Die Mitglieder wollen ein mächtiges Netzwerk aufbauen. Die "Bonesmen" und "-women" üben dadurch einen starken Einfluss auf die Politik und Wirtschaft in den USA aus. Der Geheimbund stirbt nie aus, es folgen immer neue Generationen von "Rittern". Schätzungen zufolge gibt es rund 800 lebende "Bonesmen" und "-women". Sie sind in der Russell Trust Association (RTA) organisiert, einer seit 1856 in Yale eingegliederten Ehemaligen-Organisation. Die RTA finanziert "Skull & Bones", überwacht die Einhaltung der Traditionen und beschließt Satzungsänderungen. Sie ist das eigentliche Netzwerk. Bei Treffen tragen alle Mitglieder als Erkennungszeichen eine goldene Anstecknadel.
Verschwörungstheorien rund um "Skull & Bones"
Ganz genau kennt die Riten und Gebräuche des Geheimbundes außer den Mitgliedern niemand, es handelt sich vorwiegend um Gerüchte. Deshalb ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien um "Skull & Bones". Demnach ist die Bruderschaft womöglich nicht nur eine Art Karrierenetzwerk, sondern arbeitet auf eine neue Weltordnung mit einem übergeordneten, religiösen Ziel hin.
Oder sie steht anderen, sehr unterschiedlichen Organisationen nahe: Manche glauben, dass die SS ihr Totenkopfsymbol von "Skull & Bones" abgeschaut hat. Anderen Spekulationen zufolge steht der Club mit der CIA in Verbindung, weil einige einflussreiche Mitglieder in dem Geheimdienst aktiv sein sollen. Der Geheimbund soll zusammen mit der CIA für einige Anschläge verantwortlich sein, unter anderem auf John F. Kennedy und auf Che Guevara. Der Schädel des Letzteren soll sich sogar in den Clubräumen befinden.
Besonders skurril: Weil in dem Geheimbund besonders viele Mitglieder der Familie Bush vertreten sind und waren, gehen manche davon aus, dass das einzige Ziel des Clubs ist, die Familie zu schützen. Sie sollen Nachkommen von Karl dem Großen und sogar von Jesus Christus sein. George W. Bush wird demzufolge der "Heilige Georg" genannt.
Möglicherweise haben die "Ritter" ja auch etwas mit den Illuminaten zu tun - einige Verschwörungstheoretiker glauben, dass "Skull & Bones" die Ortsgruppe 322 des Geheimbundes sei.
Sicher ist: "Skull & Bones" respektive die Russell Trust Association besitzen viel Geld, Schätzungen zufolge um die vier Millionen Dollar - und sogar eine eigene Insel. Diese liegt zwischen den Bundesstaaten New York und Ontario in Kanada. Auf ihr gibt es angeblich zwei Tennisplätze, einen Bungalow, zwei Häuser und ein Amphitheater. Sie dient als Zufluchtsort für die Mitglieder.
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