Archäologen haben bei Ausgrabungen auf Sizilien ein einzigartiges Ensemble der Antike entdeckt: Sie fanden in dem Gymnasium der Stadt Agrigent einen Hörsaal sowie zwei Inschriftenblöcke. Warum diese Entdeckungen so bemerkenswert sind.
In der italienischen Stadt Agrigent an der Südwestküste Siziliens haben Archäologinnen und Archäologen gleich zwei außergewöhnliche Entdeckungen gemacht. Im März dieses Jahres fand ein internationales Forscherteam einen antiken Hörsaal (Auditorium). Dieser gewährt einzigartige Einblicke in die Ausbildung junger Bürger der Stadt, wie es in einer Pressemitteilung der Freien Universität Berlin heißt.
Der Hörsaal war Teil eines beeindruckenden Gymnasiums, das im 2. Jahrhundert vor Christus errichtet wurde. Das Auditorium belegt, wie wichtig neben der körperlichen damals auch die intellektuelle Ausbildung gewesen ist. Außerdem fanden die Wissenschaftler zwei Inschriftenblöcke, "die spannende Details über das soziale Leben der Stadt" preisgeben.
Ein antiker Bau der Superlative
In antiken griechischen Städten war das Gymnasium der zentrale Ort, an dem junge Männer auf ihre zukünftigen Aufgaben als Bürger vorbereitet wurden – sowohl körperlich als auch intellektuell. In der Pressemitteilung werden sie als eine Mischung aus Fitness-Center und Schule beschrieben. Ab dem 4. Jahrhundert vor Christus wurden die großen Komplexe in den Städten errichtet. Sie beinhalteten Laufbahnen und Badevorrichtungen, aber eben auch Räume, in denen die jungen Männer lernen konnten.
Auch die italienische Stadt Agrigent, die um 580 v. Chr. gegründet wurde, besaß ein solches Gymnasium. Es war ein Bau der Superlative: Er besaß ein großes Schwimmbecken und die Laufbahnen waren 200 Meter lang. Es ist bislang noch kein Komplex im westlichen Mittelmeerraum bekannt, der solche Ausmaße gehabt hat.
Dass das Gymnasium eine Sonderstellung innehatte, wurde mit dem Fund nun erneut bewiesen. Der antike Hörsaal war ein kleines überdachtes Theater, in dem etwa 200 Personen Platz fanden. Sie saßen auf acht ansteigenden, halbrund angeordneten Sitzreihen, wie es in der Pressemitteilung weiter heißt. Kein anderes bekanntes Gymnasium der antiken Welt hatte so einen Hörsaal zu bieten.
Das Gymnasium in der türkischen Stadt Pergamon erhielt erst 250 bis 300 Jahre später ein ähnliches Auditorium.

Großzügiger Bürger finanziert Erneuerung eines Dachs
Der jetzt entdeckte Hörsaal öffnete sich auf einen großen Saal mit Bänken, der 11 mal 23 Meter maß. Dieser konnte für Unterricht, Vorführungen oder Wettbewerbe genutzt werden. Dieses Ensemble ist einzigartig: Es legt der Mitteilung zufolge nahe, dass die Bauherren dem "gesunden Geist" genauso viel Bedeutung beimaßen wie dem "gesunden Körper".
Doch das ist noch nicht alles: Die Forscherinnen und Forscher fanden in der halbrunden Orchestra des Hörsaals außerdem zwei große Blöcke mit einer griechischen Inschrift. Diese stammt vermutlich aus dem späten 1. Jahrhundert vor Christus. Die Buchstaben wurden dabei in den weichen Kalkstein graviert und mit roter Farbe hervorgehoben.
Auf den Blöcken wird ein Gymnasiarch, der Leiter des Gymnasiums, erwähnt sowie die Erneuerung des Dachs des Umkleideraums. Ein großzügiger Bürger soll diese aus eigenen Mitteln finanziert haben. Er weihte sie den Göttern des Gymnasiums, Hermes und Herakles.
Das Besondere daran: Die Stadt war über 1.000 Jahre lang besiedelt. Und trotzdem fanden Wissenschaftler bislang nur sehr wenige Inschriften, die Einblicke in das soziale Leben der Stadt gewähren.
Verwendete Quellen
- fu-berlin.de: Antiker Hörsaal im Gymnasium von Agrigent entdeckt
- geschkult.fu-berlin.de: Agrigento: Gymnasium