Ein Fund aus Ägypten sorgt seit Jahren für Aufsehen: Die sogenannte "Mysterious Lady" wurde als erste schwangere Mumie berühmt. Blöd nur, dass sie mehreren Untersuchungen zufolge gar nicht schwanger war.
Bei manchen Menschen gleicht das Leben einer Telenovela. Im Fall dieser Mumie kamen die absurden Wendungen nach dem Tod.

Hundert Jahre lang dachte man, dass eine in Ägypten gefundene Mumie ein Mann war. Dies erwies sich als falsch.
Das Aufsehen war groß, als Medien auf der ganzen Welt vor vier Jahren plötzlich berichteten: In Wahrheit handele es sich nicht um einen männlichen Priester, sondern um den Leichnam einer 20- bis 30-jährigen Frau. Und um die erste schwangere Mumie, die jemals gefunden wurde - eine Sensation. Doch auch das sollte sich als falsch erweisen.
Wie der Leichnam eines Menschen zur "Mysterious Lady" wurde
- Die Mumie wurde im Jahr 1826 im ägyptischen Luxor (ehemals Theben) entdeckt.
- Sie ist eine Leihgabe der Universität Warschau an das Polnische Nationalmuseum.
- Bevor sie den bizarren Spitznamen "Mysterious Lady" erhielt, lief sie dort unter dem Namen Mumie Nr. 236805/3 NMW.
- Wegen Inschriften auf ihrem Sarkophag ging man lange Zeit davon aus, es handle sich bei der einbalsamierten Person um einen männlichen Priester.
- 2021 dann die Nachricht aus dem Warschauer Mumienprojekt, die weltweit aufgegriffen wurde - die Mumie sei in Wahrheit weiblich und schwanger. Wieso man den Fötus mit einbalsamierte? Ein Rätsel, das der Toten den Namen "Mysterious Lady" bescherte.
Die schwangere Mumie: Eine millionenfach zitierte These
Die erste schwangere Mumie - wie konnte es überhaupt zu dieser gravierenden Fehlinterpretation kommen? Die Theorie der Schwangerschaft stellten die Archäologen Wojciech Ejsmond und Marzena Ożarek-Szilke vom Warschauer Mumienprojekt (WMP) im Jahr 2021 auf. Sie interpretierten CT-Aufnahmen so, dass sich die Frau im siebten Monat ihrer Schwangerschaft befand. Sie selbst hatten laut ihrer Kritiker allerdings gar nicht die ausreichende Expertise, um das ohne radiologische Experten festzustellen.
Mehrere Forschende kritisieren seit vier Jahren, dass die Tote in Wahrheit nicht schwanger war. Darunter ausgerechnet auch Kamila Braulińska, eine Archäologin, die - wie Ejsmond und Ożarek-Szilke - ebenfalls beim WMP arbeitete.
Vor kurzem ist die neue Studie von Braulińska im Journal of Archaeological and Anthropological Sciences erschienen. Dort kommt sie erneut zu dem Ergebnis, dass die "Mysterious Lady" nie schwanger war, es sich vielmehr um eine große Fehleinschätzung ihrer Kollegen handelt.
Wie die Studie ablief
- Vorgehensweise: Ein internationales Expertenteam analysierte über 1.300 CT-Scans der Mumie aus dem Jahr 2015.
- Ergebnisse: Die Fachleute interpretieren das vermeintliche fötale Material tatsächlich als Teil des Einbalsamierungsprozesses.
- Die Untersuchung fand keine Belege für eine Schwangerschaft oder eine ebenfalls 2021 vermutete Krebserkrankung.
- Zudem wurde gezeigt, dass die Säuren im menschlichen Körper nicht ausreichen, um Knochen, wie sie bei einem Fötus zu erwarten wären, aufzulösen – besonders nach einer Mumifizierung.
Es gab bereits früher Kritik an der Schwangerschaftsthese
Mit ihrer Arbeit untermauert die Wissenschaftlerin die Kritik an der Schwangerschaftsthese. Auch der Radiologe Łukasz Kownacki, der an der ursprünglichen CT-Untersuchung mitgewirkt hatte, äußerte bereits in seiner Studie aus dem Jahr 2022 Zweifel an den ersten Interpretationen und führte das Phänomen der Pareidolie an, bei dem in zufälligen Mustern bekannte Strukturen erkannt werden.

Die anfängliche These, wonach die Mumie schwanger war, stieß auch international auf Kritik. Sahar Saleem von der Universität Kairo wies darauf hin, dass keine fötalen Überreste in den Scans erkennbar seien.
Auch Vertreter des WMP stellten früh die These der Schwangerschaft infrage. Sie kritisieren, dass die Darstellung der Mumie eher sensationsheischend als fundiert war. Schon im Jahr 2022 veröffentlichte das WMP einen Blog-Eintrag, in dem es hieß, man bedauere, dass die verantwortlichen Forschenden ihre persönliche Interpretierung veröffentlichten - und keine wissenschaftlich belegten Ergebnisse.
Verwendete Quellen
- Warsaw Mummy Project: World experts on the Egyptian mummy from Warsaw: The mummified woman was not pregnant and did not suffer from cancer. (2025, Englisch)
- Warsaw Mummy Project: Why the famous mummy is not pregnant (2022, Englisch)
- Studie von Kamila Braulińska: Innovative approach to the verification of the alleged pregnancy and cancer in the Warsaw mummy: international case study with extended research (2025, Englisch)
- Archaelogy.org: New Study Analyzes 'Pregnant' Egyptian Mummy (2025, Englisch)
- Archaelogymag.com: New study debunks claims of pregnancy and cancer in ‘Mysterious Lady’ mummy (2025, Englisch)