Im Neuen Testament sorgt Jesus für einen reichen Fischfang am See Genezareth. Ein Forscherteam will für das Phänomen nun eine wissenschaftliche Erklärung gefunden haben: die verschiedenen Schichten des Gewässers.

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Das Evangelium nach Johannes, Kapitel 21, berichtet von einer Szene zwischen Jesus und den Jüngern am See Genezareth: "Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es." Eine zweite Stelle bei Lukas im Neuen Testament beschreibt ebenfalls den "wunderbaren Fischfang", der Christen seit etwa 2.000 Jahren als ein Beispiel für das wundersame Handeln Jesu gilt – doch nun haben Forschende eine naturwissenschaftliche Erklärung dafür gefunden.

Ein interdisziplinäres Team aus Umweltwissenschaftlern und Limnologen, also Experten für Binnengewässer, untersuchte, ob es für den plötzlichen Anstieg der Fischmengen eine weniger wundersame Erklärung geben könnte. In ihrer Studie in der Fachzeitschrift "Water Resources Research" beschreiben sie das Phänomen als natürliches Fischsterben im See Genezareth.

Wie die Wissenschaftler vorgingen

Die Forschenden ließen Temperatursensoren und Geräte zum Messen des Sauerstoffgehalts in den See hinab, außerdem erfassten sie die Windgeschwindigkeit und die Windrichtung über dem See. Laut der Studie ist der See im Sommer von Natur aus geschichtet: Es gebe eine kalte untere Schicht mit geringem Sauerstoffgehalt und eine obere, wärmere und sauerstoffreichere Schicht, in der die Fische leben.

Im Frühjahr und Frühsommer, nachdem die thermischen Schichten entstanden sind, sorgten mitunter starke Westwinde für einen gewissen Druck an der Oberfläche des Sees, heißt es in der Studie. Dadurch könnten sich die Temperaturschichten vermischen, sodass das sauerstoffarme oder -freie Wasser an die Oberfläche steige. Das Ergebnis sei ein plötzliches Fischsterben – die Fische könnten in keiner Schicht des Sees überleben, sie sterben und treiben an die Oberfläche. Für eine Person am Ufer oder in einem Boot sehe dies so aus wie eine große Anzahl an Fischen, die langsam an die Oberfläche des Sees aufsteige und leicht gefangen werden kann.

Solche Ereignisse sind den Forschenden zufolge sehr selten, weil mehrere Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Unter anderem brauche es starke Winde, die einen Auftrieb des Wassers aus tieferen Schichten bewirken. Diese Winde müssten zu dem Zeitpunkt kurz nach Einsetzen der thermischen Schichtung auftreten, wenn die Schicht an der Oberfläche noch nicht so tief reiche. Und natürlich sei die Anwesenheit von Fischschwärmen wesentlich, die in den Küstenregionen schwimmen, in denen sauerstoffarmes Wasser auftreibt.

Vergleichbares auch heute möglich

Solch plötzliche Fischsterben seien auch aus anderen Seen bekannt und kämen auch heutzutage noch am See Genezareth vor. Die Forschenden nennen insbesondere zwei Ereignisse aus dem Mai und Juni 2012 – aus der Zeit zuvor erinnere sich einer der Studienautoren, Mitarbeiter eines Forschungsinstituts am See, nur an zwei weitere solcher Fälle aus dem April 2007 und aus den frühen 1990er-Jahren. Seit 2012 seien keine solchen Beobachtungen mehr gemeldet worden.

Nach Ansicht der Forschenden passt das Phänomen gut zu den Bibelstellen: "Das heutige Verständnis der physikalischen Limnologie des Sees Genezareth könnte eine plausible wissenschaftliche Grundlage für diese Wunder liefern", schreiben sie in der Studie.   © DER SPIEGEL

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