Könnte der russische Konzern Gazprom seine Erdgaslieferungen nach Österreich einstellen? Die OMV hatte im Mai vor einem solchen Szenario gewarnt. Das Klimaschutzministerium prüft nun Schutzmaßnahmen.

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Ohne eine Gesetzesnovelle lässt sich nicht verhindern, dass Gerichte etwaige Vollstreckungsanträge in Bezug auf OMV-Zahlungen an Gazprom Export besonders behandeln und sie etwa mit Verweis auf die Energiesicherheit Österreichs ablehnen würden. Dies erklärte das Justizministerium in Wien auf APA-Anfrage. Während Ungarn und die Slowakei Schutzmaßnahmen bereits in Kraft gesetzt haben, prüft das Klimaschutzministerium in Wien derzeit auch diesbezügliche rechtliche Möglichkeiten.

Eine Sonderregelung für etwaige Exekutionsanträge über extrem hohe Summen, die etwa die Energiesicherheit der Republik gefährden könnten, sei nicht durch einen Erlass einer Verwaltungsbehörde zu regeln, sondern könnte nur durch ein entsprechendes Bundesgesetz erfolgen, erläuterte vergangene Woche eine Sprecherin des österreichischen Justizministeriums (BMJ). "Nach dem aktuellen Stand gibt es derzeit keinerlei gesetzliche Grundlage für eine abweichende Behandlung von derartigen Exekutionsanträgen, über die die Gerichte im Rahmen der unabhängigen Rechtsprechung zu entscheiden haben", sagte sie.

Warnung der OMV: Gazprom könnte Konsequenzen ziehen

Die OMV hatte am 21. Mai 2024 vor dem Szenario gewarnt, dass auf Grundlage eines ausländischen Gerichtsurteils Zahlungen ihrer Tochterfirma OMV Gas Marketing & Trading GmbH (OGMT) an Gazprom Export Gegenstand eines Exekutionsverfahrens werden könnten und als Konsequenz der russische Konzern seine Erdgaslieferungen nach Österreich einstellen könnte. Zwei Nachbarstaaten Österreichs reagierten in Folge: Am 30. Mai dekretierte der ungarische Premierminister Viktor Orbán auf Grundlage des in Ungarn geltenden Ausnahmezustands, dass Zahlungen für Erdgaslieferungen nicht zur Befriedigung von Gläubigeransprüchen verwendet werden dürfen. Am 13. Juni beschoss der Nationalrat der Slowakei eine nunmehr bereits in Kraft getretene Gesetzesnovelle, die die Exekutierung von Zahlungen des slowakischen Energiekonzern SPP an Gazprom Export formal verhindert.

In Österreichs ist von einer vergleichbaren Gesetzesnovelle nichts bekannt. Gasversorgungsszenarien der österreichischen Energieagentur und der Regulierungsbehörde E-Control zeigten, dass auch bei einem möglichen Ausfall russischer Gaslieferungen keine Gasmangellage zu erwarten sei, beruhigte ein Sprecher des für Energiefragen formal zuständigen Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) am Dienstag. Er betonte gegenüber der APA, dass, solange Gas aus Russland bezogen würde, jedoch ein Risiko eines plötzlichen Lieferstopps bestehen bliebe. Deshalb habe man auch einen Gesetzvorschlag zum verpflichtenden Ausstieg aus russischem Erdgas vorgelegt.

Zur Gefahr von hypothetischen gerichtlichen Vollstreckungsanträgen in Bezug auf österreichische Gaszahlungen an Russland erklärte der BMK-Vertreter, dass das Ministerium ständig unterschiedliche auch rechtliche Möglichkeiten prüfe, um die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten. Man sei mit allen relevanten Partnern im Austausch. Er nannte konkret den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts sowie das Außenministerium. Die Pressestelle von letzterem ließ die Frage der APA unbeantwortet, ob österreichische Diplomaten mit Vertretern Deutschlands in diesem Zusammenhang Verhandlungen führen oder geführt haben: Der deutsche Staat besitzt 99,12 Prozent des Konzerns Uniper Global Commodities, der auf Grundlage einer Gerichtsentscheidung in Deutschland vom September 2022 sowie einer Schiedsgerichtsentscheidung in Schweden vom Juni 2024 theoretisch Milliardenforderungen in Bezug auf Gazprom Export geltend machen könnte. (APA/tas)

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