Die Affäre um manipulierte Abgaswerte im deutschen VW-Konzern betrifft vermutlich über 360.000 Fahrzeuge in Österreich. Wir haben nachgefragt, ob nun Kosten auf die Besitzer zukommen – und welche Rechte sie haben.
Welche Fahrzeuge sind betroffen?
Der Österreichische Automobil-, Motorrad- und Touringclub (ÖAMTC) geht davon aus, dass in Österreich insgesamt 363.400 Fahrzeuge betroffen sind: Laut VW handelt es sich um Wagen aller Konzernmarken – also VW, Audi, Skoda und Seat – der Baujahre 2009 bis 2014. Die betroffenen Autos und Nutzfahrzeuge sind mit 4-Zylinder-Dieselmotoren mit 1,2, 1,6 und 2,0 Liter Hubraum mit der Typbezeichnung EA 189 ausgestattet und erfüllen die EURO 5-Abgasnorm.
Wie und wann kommt der Wagen in die Werkstatt?
VW bereitet aktuell Nachbesserungen vor. "Dies kann eine Rückruf- oder Serviceaktion sein, der genaue Vorgang wird mit den Behörden noch im Oktober abgestimmt", teilt der Automobilclub auf seiner Website mit.
Der Umfang der Nachbesserungsarbeiten sei aktuell allerdings noch nicht abzuschätzen. "Wir erwarten zeitnahe Informationen und eine faire Entschädigungspolitik von VW", sagt ÖAMTC-Chefjurist Martin Hoffer. Er merkt dabei allerdings an, dass der Konzern sich nur an diejenigen Kunden wenden kann, die auch in der Datenbank der Händler aufgelistet sind. Wer seinen Wagen also beispielsweise gebraucht gekauft hat, muss möglicherweise selbst aktiv werden.
Verunsicherte Kunden können sich seit Ende September an ihre Händler wenden, schreibt der ÖAMTC. Anhand der Fahrgestellnummer können diese prüfen, ob ein Fahrzeug betroffen ist. Zudem würden auf Internetseiten der Konzernmarken Online-Abfragen eingerichtet.
Wer übernimmt die Kosten?
Die Nachbesserungsaktion wird laut VW für den Kunden kostenfrei sein. Ob der Konzern aber beispielsweise für einen Ersatzwagen sorgt, falls der Umbau längere Zeit in Anspruch nehmen sollte, ist laut Martin Hoffer noch völlig unklar. Überhaupt gebe es noch zu viele Unbekannte, um konkrete Aussagen zu treffen. "Wir hoffen natürlich, dass die Fehler schnell und leicht mit dem von VW angedachten Software-Update behoben werden können."
Hoffer gibt allerdings zu bedenken: Was, wenn die Nachbesserung Einbußen für das Fahrzeug bedeuten: weniger Drehmoment oder weniger Leistung? Dieser Umstand könnte sich auf die Unterhaltskosten auswirken. "Wenn sich die Summe zugunsten des Fahrers ändert, dann erwarten wir natürlich eine Neueinstufung", sagt Hoffer. Eine geringere Leistung würde schließlich auch einen geringeren Wiederverkaufswert bedeuten. Ob bei der einmaligen Normverbrauchsabgabe Nachzahlungen fällig werden könnten, ist noch unklar.
Steht mir Schadenersatz zu?
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) wendet sich an Käufer von Diesel-Fahrzeugen der Marken VW, Audi, Seat und Skoda: Sie können sich an einer Sammelaktion beteiligen, mit der der Verein mögliche Schadenersatzansprüche gegen VW prüfen möchte. Möglicherweise will der VKI eine Sammelklage vorbereiten. Die Initiatoren der Aktion gehen davon aus, dass die Werbung mit einer bestimmten Abgasleistung, die sich dann als falsch herausstellt, nicht nur irreführend ist,sondern, dass sie auch "für kausale Schäden Schadenersatzansprüche auslöst".
Die Betriebserlaubnis für betroffene Fahrzeuge kann in Österreich übrigens nicht automatisch erlöschen. Will der Staat die Wagen aus dem Verkehr ziehen, muss er die Typengenehmigungen für ungültig erklären. "Sollte es so weit kommen, können eventuell Gewährleistung und Schadenersatz geprüft werden", heißt es beim ÖAMTC.
Kommt die ganze Branche in Verruf?
Was der VW-Skandal für die Automobil-Branche in Österreich bedeutet, bleibt wohl abzuwarten. Zulieferer Polytec beispielsweise äußert sich vorerst nicht dazu – "weil die Folgen für uns schlichtweg noch nicht abschätzbar sind", wie eine Sprecherin erklärt.
Wirtschaftskammer-Experte Josef Schirak geht davon aus, dass die Branche in Österreich langfristig keine Schäden davontragen wird. Er ist Vorsitzender des Fachausschusses Fahrzeugeinzelhandel im Bundesgremium Fahrzeughandel der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Eine aktuelle Umfrage unter 30 Autohäusern habe ergeben, dass sich am Verhalten der Interessenten nichts verändert habe. "Die VW-Betriebe darunter werden zwar von Kunden auf den Skandal angesprochen, aber nicht auf unangenehme Weise", sagt Schirak.
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