Seit vergangenen Montag befindet sich Uli Hoeneß hinter Gittern. Wird ihn die Zeit im Gefängnis als Mensch verändern? Wie wird sich der ehemalige Präsident des FC Bayern München mit den anderen Gefangenen verstehen? Und was passiert nach seiner Haft? Hoeneß-Biograf Patrick Strasser im Interview.
Herr Strasser, Sie kennen
Patrick Strasser: Es ist für ihn eine völlig neue Lebenssituation. Es ist schwer vorauszusagen, was das Gefühl der Einsamkeit und der Isolation mit ihm macht. Er ist ein kommunikativer Mensch, der vieles in seinem Leben angeschoben hat - vor allem durch den direkten Kontakt. Er hat das Vier-Augen-Gespräch immer einem Telefonat und ein Telefonat immer einer E-Mail vorgezogen. Dennoch muss man beachten: Ein Gefängnisantritt stellt einen ganz krassen Einschnitt im Leben dar – für jeden Menschen.
Ist Hoeneß in der Lage, kein Anführer sondern nur einer von vielen zu sein?
Seitdem er Manager wurde, war er natürlich ein anderes Leben gewohnt, in dem er vieles bestimmt hat. Doch auch wenn eine Haft mit der Zeit als Profifußballer nicht zu vergleichen ist: Auch damals als Spieler bei den Bayern war er nur einer von vielen und musste sich den Regeln des Klubs und des Trainers unterwerfen. Aber das jetzt ist eine ganz andere, eine viel krassere Situation.
Was wird Hoeneß in seiner Zeit im Gefängnis am meisten belasten?
Vor allem das Fehlen der gewohnten sozialen Kontakte – so wie das bei jedem anderen auch der Fall wäre. Die Beschäftigung mit sich selbst wird sehr intensiv sein. Hoeneß muss für sich einen Weg finden, um diese Zeit bestmöglich zu überstehen.
Wird sich Hoeneß auch aus dem Gefängnis zu Wort melden?
Es gibt das Angehörigengespräch, das zeitlich sehr beschränkt ist, und da wird er sicherlich in erster Linie mit seiner Frau, seinen Kindern oder anderen Familienangehörigen sprechen. Deswegen wird eine Ruhe um ihn einkehren. Seine Anwälte werden ihm sicher raten, während seiner Haft zu schweigen, auch später als eventueller Freigänger.
Wird man über den FC Bayern Neuigkeiten zu Hoeneß erfahren?
Wenn Karl-Heinz Rummenigge oder andere aus dem Verein Kontakt zu Hoeneß haben, wird man sicherlich wieder was über ihn hören. Ansonsten wird sich der Klub wohl nicht mehr äußern. Man hat quasi alles gesagt, als man ihm den roten Teppich für die Rückkehr ins Präsidentenamt ausgerollt hat.
Wie ist Ihre Meinung: Darf der FC Bayern einen verurteilten Steuersünder nach seiner Haft wieder zum Präsidenten machen?
Jeder Mensch hat das Recht auf eine zweite Chance. Hoeneß hat dann seine Haftstrafe verbüßt. Er muss für sich entscheiden, ob er zurückgezogen leben oder in exponierter Position beim FC Bayern mitbestimmen möchte. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass er sich in sein Haus am Tegernsee zurückzieht.
Wie geht es mit Hoeneß nach der Haft weiter?
Es scheint so, als ob Karl Hopfner nur eine Art Übergangspräsident ist. Trotzdem muss der Verwaltungsbeirat Hoeneß erst vorschlagen, wenn er wieder auf freiem Fuß ist. Dann müsste Hoeneß bei einer Mitgliederversammlung von den Mitgliedern gewählt werden. Dass er gewählt würde, steht außer Frage. Hoeneß drängt auf ein Comeback - das hat er bereits auf der vergangenen Mitgliederversammlung verkündet, als er der Menge zurief: "Das war's noch nicht!"
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