Mit der Ankündigung des "Modell 3" ist Tesla ein spektakulärer Coup gelungen. Angesichts explodierender Vorbestellungszahlen könnte dem Elektro-Auto-Konzern der Einstieg in den Massenmarkt gelingen. Dabei setzen Vorbesteller und Anleger gemeinsam auf das Prinzip Hoffnung. Denn der Tesla-Konzern stand in seiner Geschichte mehrfach kurz vor dem Konkurs - und hat noch nie einen Gewinn erwirtschaftet.

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Elektroautos, das waren lange Zeit seltsam unförmige Kleinwagen bekannter Konzerne, die man notdürftig zu einem e-mobil umgerüstet hatte. Auf jeden Fall keine Fahrzeuge zum Angeben, Statussymbole, die auch das Herz des Auto-fixierten Individualisten höher schlagen lassen.

Zielgruppe: Ökos und Weltverbesserer?

Elektromobilität, das war noch Anfang des Jahrtausends etwas für den langhaarigen Öko und Weltverbesserer, jemanden, der sich bewusst mit einem überlegenen Lächeln von den PS-Monstern und Sprit-Fressern abgrenzen wollte, die andere für sich als Statussymbol reklamierten.

Dumm nur, dass die Sportwagen-Käufer, die gerne einmal bis zu 100.000 Euro und mehr für ein Auto hinlegen, zu der zahlungskräftigsten Kundschaft gehören - und Geld liefern, das für die Entwicklung massentauglicher Modelle dringend benötigt wird. Dem Elektro-Auto fehle genau dieses Geld, glaubte Tesla-Gründer Elon Musk.

Genau das wollte der Millionär mit der Gründung von "Tesla-Motors, Inc." ändern.

Gemeinsam mit den Mitgründern Martin Eberhard, Marc Tarpenning, JB Straubel und Ian Wright verschrieb er sich bereits 2003 einer damals völlig neuen Strategie bei der Entwicklung des Elektro-Automobils, die einen genau umgekehrten Weg bis zur massenhaften Verbreitung der neuen Technologie gegangen ist.

Als erstes müsse man einen Sportwagen entwickeln, schrieb Musk bereits 2006 in seinem Blog, weil in diesem Segment die Zahlungsbereitschaft am höchsten sei - und man mit geringen Stückzahlen hohe Einnahmen generieren könne.

Dieses Geld sollte genutzt werden für den nächsten Schritt, nämlich einen "etwa halb so teuren sportlichen Fünftürer zu bauen", der sich dafür wesentlich häufiger verkaufe. Mit dem so verdienten Geld könne man dann endlich den Massenmarkt erobern und ein "noch günstigeres Familienauto" bauen.

Der erste "Volks-Tesla"?

Genau an der Schwelle zur vorerst letzten Entwicklungsstufe bewegt sich der Konzern heute, 13 Jahre nach seiner Gründung. Das jüngst angekündigte "Modell 3" könnte der erste "Volks-Tesla" werden, schriebe "Zeit-Online" in Anlehnung an den legendären Käfer, der einst den Durchbruch für den Benziner als Massenauto brachte.

Tesla hat nach eigenen Angaben in weniger als einer Woche rund 325.000 Vorbestellungen für sein Kompakt-Elektroauto erhalten, das Ende 2017 zum Preis von 35.000 Euro (vor Abzug einer möglichen staatlichen Förderung) ausgeliefert werden soll.

Noch nie sei ein Produkt innerhalb der ersten Woche nach seiner Vorstellung stärker nachgefragt worden, erklärte ein Tesla-Sprecher. Allerdings sollte niemand vergessen, dass es das vielbestellte Modell bisher noch gar nicht gibt.

Kostspielig ist die Vorbestellung für die 325.000 Interessenten allerdings bereits heute, fast zwei Jahre vor dem geplanten Auslieferungsstart. Denn jede Vorbestellung ist mit einer Anzahlung von 1.000 Euro verbunden.

Und man kann mit gutem Grund behaupten, dass dieses Geld eine riskante Anlage ist. Denn auch wenn sie der schillernde Gründer Elon Musk gerne als Erfolgsgeschichte verkauft, ist die Entwicklung für das einstiege StartUp aus dem Silicon Valley im vergangenen Jahrzehnt nicht ohne Krisen und Tiefen verlaufen.

Mehrfach standen die Elektro-Bauer kurz vor dem Konkurs. Auslieferungstermine wurden nicht eingehalten, Kunden und Anleger drohten ihr Geld zu verlieren.

Zur Wahrheit gehört auch, dass Tesla in seiner Firmengeschichte noch nie einen Jahresgewinn erzielt hat - und trotzdem an der Börse mit fast 34 Milliarden Dollar bewertet wird.

Die Anleger kaufen dem Gründer Musk offenbar seine großen Ziele ab - bis 2020 soll Teslas Jahresproduktion nach eigenen Angaben auf 500.000 Autos steigen. Viele Anleger hoffen, in das künftige Apple der Automobilbranche zu investieren - und lassen sich dabei von einigen spektakulären Erfolgen der Vergangenheit inspirieren.

Vom Elektroroller mit Dach zum coolen Statussymbol

Da ist zum Beispiel das Modell Tesla S, das seit Juni 2012 als das erste 5+2 sitzige Elektroauto der Oberklasse verkauft wird. Mit einer Motorleistung von bis zu 539 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 250 km/h braucht sich der sportliche Wagen auf der Autobahn nicht zu verstecken.

Und: Das Modell sieht dabei auch noch verdammt gut aus und hat bereits mehrere Preise gewonnen.

Auch wenn Tesla bisher keinen Gewinn macht, ist es der Firma mit Fahrzeugen wie diesem gelungen, das Image der Elektromobilität nachhaltig zu verändern - vom Bild eines Elektrorollers mit Dach hin zum coolen Statussymbol, einer Art iPhone auf Rädern.

Und ganz ähnlich wie Apple ist es Tesla inzwischen auch gelungen, eine treue Fan-Gemeinde an sich zu binden, die an die Firma glaubt, trotz spektakulärer Misserfolge. Bilder brennender Tesla-Limousinen hatten in den vergangenen Jahren auch Zweifel am langfristigen Erfolg der Elektromobilität genährt.

Bei einem der Unfälle hatte der Fahrer ein großes Metallteil überfahren, das den Unterboden eines Modell S aufschlitzte und für einen Kurzschluss der Batterie sorgte - wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Die Firma reagierte damals mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen.

Experte zweifelt an Teslas Versprechen

Alles hängt jetzt davon ab, ob Tesla seine hochtrabenden Versprechungen auch einhalten kann, damit das Kompakt-Modell 3 auch finanziell eine Erfolgsgeschichte wird - und genau daran haben Experten erhebliche Zweifel.

"Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Tesla in der Lage sein wird, ab Ende 2017 mit der Auslieferung zu beginnen", meint Analyst Brian Johnson von der Barclays Bank nach einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur. Er rechnet damit, dass die ersten Kunden 2018 ihre Wagen erhalten und es beim Anlauf der Produktion Startschwierigkeiten geben wird.

Tesla habe bislang keine Erfahrung mit der Fertigung in hohen Stückzahlen und müsse sich für das "Model 3" neu aufstellen. Während die Komponenten der Oberklasse-Wagen "Model S" und "Model X" große Überschneidungen hätten, seien die Bauteile für das Mittelklasse-Modell weitgehend neu, sagte Johnson.

Dem hält Tesla-Chef Musk entgegen, dass man aus Fehlern in der Vergangenheit gelernt habe. Um beim "Model 3" im Zeitplan zu bleiben, werde man auf "Abenteuer" wie zum Beispiel beim "Model X" verzichten.

Bei dem Luxus-SUV, der mit aufwendigen Spielereien wie Turbo-Start-Button und Flügeltüren daherkommt, habe man den Fehler gemacht, schon bei der ersten Version zu viele technische Gimmicks einbauen zu wollen. Das soll sich nicht wiederholen, sagte Musk laut einem dpa-Bericht.

Damit wird es zur Glaubensfrage, wem die Analysten und Käufer trauen wollen. Sicher ist, der Tesla-Konzern verspricht zur Zeit beides. Bei einem Durchbruch, eine Revolution des Automarkts und gigantische Gewinne. Bei einem Scheitern, Aktien auf Ramsch-Niveau und eine Technologie-Ruine. Wer was glauben will ist letztlich so Typ-abhängig wie der Kauf eines neuen Automobils.

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