Nicht nur wurde im Bankenskandal um die Hypo Alpe Adria unglaublich viel Geld versenkt, nach wie vor gibt es Streit, wer dafür geradestehen soll. Die Republik Österreich und der Freistaat Bayern bekriegen sich - auch vor der EU.
Zwist zwischen Österreich und Bayern eskaliert
Ende September reichte das Wiener Kanzleramt beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg eine Nichtigkeitsbeschwerde ein, die sich laut "Süddeutscher Zeitung" (SZ) zwar formal gegen die EU richtet, eigentlich aber nach München zielt. Demnach verwahrt sich Österreich gegen einen Beschluss der EU vom Juli 2012. Darin hieß es, für die Kredite der Bayerische Landesbank (BayernLB) liege eine Garantie der Republik in Höhe von 2,638 Milliarden Euro vor, die mit europäischem Beihilferecht vereinbar sei.
In diesem Fall müsste Österreich für die Milliardenkredite haften. Dabei habe man aber nie beabsichtigt, der BayernLB "einen Vorteil zu gewähren", zitiert die SZ aus dem Dokument. Außerdem sei es nie darum gegangen, die Münchner Landesbank "mit Geld des österreichischen Steuerzahlers zu subventionieren". Man sei bei der Notverstaatlichung davon ausgegangen, dass es sich um normale Kredite gehandelt habe, "Anhaltspunkte" legten jedoch nahe, dass mit den Darlehen lediglich fehlendes Eigenkapital ersetzt worden sei.
Bei der Verstaatlichung der Hypo im Dezember 2009 hatte die BayernLB der Hypo ein bis 2013/2014 befristetes Darlehen gewährt. Inklusive Zinsen hat Österreich bisher 2,3 Milliarden Euro zurückgezahlt, weitere 2,3 Milliarden Euro sind noch offen.
Österreich stellt Zahlungen ein
Am 14. Dezember stoppte die Hypo Alpe Adria nach einem Sitzungsmarathon ihre Tilgungen und Zinszahlungen an die frühere Hypo-Mutter, die BayernLB. Hypo-Gutachter - und damit die Bank - stuften Großkredite, die die BayernLB ab 2008 in ihre damalige Kärntner Tochter pumpte, als eigenkapitalersetzende Gesellschaftsdarlehen ein. Daraus leitete die Hypo das Recht ab, eine Rückzahlungssperre zu verhängen, bis das Institut saniert ist.
Bayerns Finanzminister
"Keine Zeit für Geschenke"
Nachdem das Geld ausblieb, reichte die BayernLB am Landgericht München prompt Feststellungsklage ein: Es soll entschieden werden, ob die Hypo zur Zahlung verpflichtet ist. Daneben behält sich die deutsche Bank "alle weiteren gebotenen Schritte" vor. Zudem müssten die Hypo und ihre Eigentümerin, die Republik Österreich, "die aus diesem Vorgehen resultierenden nachteiligen Folgen" für sich und "den gesamten Finanzplatz Österreich" verantworten.
Die Republik Österreich, die ebenfalls eine Klage zur Rückabwicklung des Kaufs wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung erwägte, verzichtete zunächst auf einen Prozess.
Hypo-Chef Gottwald Kranebitter reagierte gelassen auf die Münchner Klage: Die Ankündigung seiner Bank, die Zahlungen einzustellen, sei wohl durchdacht gewesen, erklärte er im Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten". "Keine Zeit für Geschenke. Wir haben unseren Rechtsstandpunkt klar mitgeteilt. Davon können wir keinen Millimeter abrücken." Die Krise der Hypo sei viel tiefer, als bei der Notverstaatlichung 2009 bekannt gewesen war, und der Weg heraus dauere länger. "Wir wollen keinen österreichisch-bayerischen Watschentanz."
Kranebitter stellte zudem klar, dass die Zahlungen nur ausgesetzt seien. Der Stopp heiße nicht, "dass wir nie mehr bezahlen. Die Kredite sind Kredite und bleiben Kredite". Wegen ihrer Wirkung als Eigenkapitalersatz müssten sie aus der Sicht der Hypo aber erst nach allen anderen Krediten zurückgezahlt werden.
Schadenersatzklagen in Wien und München
Die SZ vermutete schon im Vorfeld des Zahlungsstopps, Österreich werde demnächst mit dem Zaunpfahl winken: 2011 hatte nämlich die BayernLB eine Schadensersatzklage beim Handelsgericht in Wien eingereicht. Man sei beim Kauf der Hypo vorsätzlich getäuscht worden, die Bilanz der Kärntner Bank sei falsch gewesen.
Im Mai 2011 erhob die Staatsanwaltschaft München zudem Anklage gegen alle acht BayernLB-Vorstände, die an der Übernahme der Hypo beteiligt gewesen waren. Diese hätten sich über Bedenken über den Kauf bewusst hinweg gesetzt und damit ihre Pflichten verletzt. Am 19. Juni 2012 begann der Schadenersatzprozess vor dem Landgericht München. Es geht um Forderungen in Höhe von 200 Millionen Euro gegen die früheren Top-Manager.
In unserer Serie "Österreich tanzt Tango Korrupti" fassen wir die wichtigsten Korruptionsfälle der vergangenen Jahre zusammen - immer freitags und freilich ohne Garantie auf Vollständigkeit. Finden Sie nächste Woche heraus, bei wem die meisten Fäden im Hypo-Skandal zusammenlaufen.
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