Land der Berge, Land am Strome - nämlich dem der Korruption. Eine Tragödie in zu vielen Akten. Heute: der Eurofighter-Deal.

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Der U-Ausschuss ist zwar seit Mitte Oktober vergangenen Jahres Geschichte, am die Schlagzeilen beherrschenden Thema hat das aber nichts geändert. Dabei ist einer der jüngsten Korruptionsskandale ein altbekannter: Schon als die Eurofighter 2002 angeschafft worden waren, munkelte man, nicht alles sei sauber zugegangen. 2006 berief man dazu eigens einen U-Ausschuss ein - der offenbar aber nicht genug Licht ins Dunkel brachte.

Ein Rüstungsdeal und viele Fragen

Als Schwarz-Blau 2002 vom deutsch-französischen Konzern EADS Kampfflieger kaufte, dürfte es zu erheblicheren Ungereimtheiten gekommen sein, als bisher angenommen. Die jüngsten Razzien vom November 2012 in Deutschland, Österreich und der Schweiz legen nahe, dass weit mehr Schmiergeld geflossen ist - unter anderem bei einem mysteriösen Gegengeschäftsprogramm des Rüstungskonzerns.

Bis 2018 sollten österreichische Unternehmen Aufträge erhalten, deren Volumen insgesamt doppelt so hoch ist wie der Kaufpreis der Kampfjets. Eigentlich hatte Österreich einen Vertrag über 18 Kampfflieger um 1,9 Milliarden Euro unterzeichnet. Im Zuge der Diskussion um einen Vertragsausstieg traf Verteidigungsminister Norbert Darabos eine Vereinbarung mit dem Hersteller, die Stückzahl auf 15 und den Preis auf 1,7 Milliarden Euro zu reduzieren. Dem gegenüber stünden Gegengeschäfte in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Nach Recherchen von "Profil" lieferten zwischen 2003 und 2010 fast 300 österreichische Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Gegenwert von mehr als drei Milliarden Euro an das Eurofighter-Konsortium.

Im Verteidigungsministerium ist die Rede von einem "beträchtlichen wirtschaftlichen Impuls" für Österreich. Besonders kleine und mittelgroße heimische Betriebe "in allen Zukunftsbereichen" sollten vom Deal profitieren. Zuletzt sind aber nicht nur der Eurofighter-Kauf selbst, sondern auch die Gegengeschäfte wegen Verdachts auf Schmiergeldzahlungen und Scheingeschäfte in die Schlagzeilen geraten. Die Staatsanwaltschaften in Wien und München ermitteln.

100 Millionen Euro Schmiergeld

Einige der jetzt ins Visier der Staatsanwaltschaft Geratenen hatten 2007 vor dem U-Ausschuss ausgesagt - als "Berater". Zur Sprache kam damals auch die Londoner Briefkastenfirma Vector Aerospace LLP, über die ein Großteil der Schmiergelder geflossen sein soll. Neu ist indes die jüngst publik gewordene Größenordnung: Damals war nur von ein paar hunderttausend Euro die Rede, nicht von rund 100 Millionen Euro.

Auch Neo-Politiker Frank Stronach dürfte die Eurofighter-Anschaffung gut zu Pass gekommen sein. Unterlagen legen nahe, dass Magna Gegengeschäfte im Umfang von rund 27 Millionen Euro machte. Stronach hatte aber 2007 vor dem Eurofighter-U-Ausschuss verlauten lassen, seine Firma habe nicht profitiert. BZÖ-Chef Josef Bucher wirft ihm daher Meineid vor - der allerdings schon nach fünf Jahren verjährt.

EADS wehrt sich gegen Schmiergeldvorwürfe

Die Kritik an EADS sei "weit über das Ziel hinausgeschossen", erklärte Konzernchef Tom Enders gegenüber dem "Handelsblatt". Enders beklagte sich über die "Kriminalisierung und Vorverurteilung", der sein Unternehmen ausgesetzt sei. Das Prinzip der Gegengeschäfte verteidigte er aber: "Kompensationsgeschäfte sind an sich nichts Schlechtes." In der Verteidigungsbranche seien sie durchaus üblich.

Grünen-Abgeordneter Peter Pilz sieht die Causa Eurofighter als geklärt an - schon vor Abschluss eines juristischen Verfahrens. Seiner Ansicht nach ist der Fluss von Schmiergeldern bereits erwiesen. Die einzige noch offene Frage sei, wer die Empfänger des Geldes waren, erklärt Pilz. Er fordert, dass sich die Republik das Geld zurückholt und EADS "das Klumpert zurückgibt". Über die Vertragsausstiegsklausel war seinerzeit schon im Eurofighter-U-Ausschuss heftig diskutiert worden.

Die Rolle von Alfons Mensdorff-Pouilly

Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly tauchte auch in der Liste derer auf, die auf das Eurofighter-Geschäft Einfluss genommen haben sollen. Der Rüstungskonzern BAE, für den Mensdorff tätig war, gehörte zum Eurofighter-Konsortium. Zudem soll Mensdorffs Firma MPA Druck ausgeübt haben, sodass die erste Ausschreibung für Jets für nichtig erklärt wurde. Mensdorff bestritt jedoch die Vorwürfe.

Am 17. Jänner 2013 ging der Schmiergeldprozess gegen Mensdorff-Pouilly zu Ende. Geldwäsche konnte ihm letztlich nicht nachgewiesen werden, weshalb er nur zwei Monate bedingt wegen Beweismittelfälschung ausfasste. Richter Stefan Apostol wirkte frustriert: "Die Sache stinkt. Sie stinkt sehr, aber sie stinkt nicht genug." Staatsanwalt Michael Radasztics meldete unverzüglich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Damit sind die Urteile nicht rechtskräftig - und der Prozess geht in die nächste Runde.

Die Causa Eurofighter ist also beileibe noch nicht ausgestanden. Auch andere Affären halten die Republik schon seit Jahren in Atem. In unserer Serie "Österreich tanzt Tango Korrupti" haben wir die wichtigsten Korruptionsfälle der vergangenen Jahre zusammengefasst - freilich ohne Garantie auf Vollständigkeit.

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