Auch Steuerberater leben gefährlich, wie der Villacher Dietrich Birnbacher unlängst feststellen musste. Dank eines Geständnisses soll er wegen Untreue im Zuge des Hypo-Deals "nur" drei Jahre teilbedingt hinter Gitter. Rechtskräftig verurteilt ist er bisher nicht.

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Wie soll man es nennen, wenn des ÖVP-Landeschefs privater Steuerberater beim Verkauf der Hypo an die BayernLB mitnascht? Sechs Millionen Euro Beraterhonorar soll Dietrich Birnbacher eingesackt haben - seiner eigenen Aussage vor Gericht zufolge 5,7 Millionen Euro zu viel. Mehr als 300.000 Euro sei seine Tätigkeit nämlich nicht wert gewesen.

Laut ORF Kärnten war Birnbacher auch eng mit dem verstorbenen Kärntner Ex-Landeshauptmann Jörg Haider verbandelt. Haider hatte den Steuerberater demnach schon engagiert, als es um die Finanzierung der Klagenfurter Seebühne ging. Der Steuerberater soll einen Persilschein ausgestellt haben, weil die für fünf Jahre angedachte Bundessubvention schon nach dem ersten Jahr verbraucht war. Später - als die Hypo Alpe Adria ihre SWAP-Verluste zu vertuschen versuchte - war Birnbacher mit einem Entlastungsgutachten zur Stelle. Wegen Bilanzfälschung verurteilt wurden aber andere, etwa Wolfgang Kulterer.

"Patrioten-Rabatt" für Birnbacher

Um die marode Hypo zu verkaufen, brauchte Haider 2007 die Zustimmung des damaligen Vorstands der Kärntner Landesholding, die die Landesbeteiligungen verwaltet - des Kärntner ÖVP-Landesparteichefs und Landesrats Josef Martinz. Auch Stefan Petzner, damals Haiders Pressesprecher und Berater, war nach eigener Aussage in die Gespräche zwischen Haider und Martinz eingebunden.

Birnbacher sollte den Verkauf "begleiten". Berichten zufolge wurden dafür 100.000 Euro Fixhonorar vereinbart, zuzüglich 1,5 Prozent vom Verkaufserlös: insgesamt mehr als zwölf Millionen Euro.

Nicht nur der Deal wurde publik, sondern auch die Höhe von Birnbachers Honorar - für das er eine nur sechs Seiten lange Zusammenfassung seiner angeblichen Tätigkeit abgeliefert hatte. Haider drängte auf einen Nachlass, Birnbacher gab sich schließlich auch mit der Hälfte zufrieden: besagten sechs Millionen Euro. Haider nannte das "Patrioten-Rabatt" - ein Wort, das Stefan Petzner gemeinsam mit ihm erfunden haben will.

Verdacht der Parteienfinanzierung

"Profil" zufolge stand schon seit 2008 der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung im Raum. Im Juni 2010 meldete sich ein Ex-Mitarbeiter Haiders bei dem Magazin und beschuldigte Martinz, beim Hypo-Deal Gelder in die ÖVP-Kassa abgezweigt zu haben (Profil 28/2010). Martinz dementierte zunächst zwar heftig, trat aber Mitte Jänner 2012 als Landesrat zurück, nachdem Anklage gegen ihn erhoben wurde. Mitte März startete der sogenannte Birnbacher-Prozess.

Sowohl Birnbacher als auch Martinz gestanden im Verfahren Parteienfinanzierung. Von Anfang an sei über das Hypo-Millionenhonorar eine verdeckte Parteispende angedacht gewesen: Das vereinbarte Honorar wollte man dritteln und unter Birnbacher, ÖVP und BZÖ aufteilen. 100.000 Euro sollen an die ÖVP geflossen sein, die FPK (damals noch BZÖ) forderte angeblich eine halbe Million. Bezahlt worden sei dieses Geld aber nicht mehr - "Haider war ja schon tot", erklärte Birnbacher.

In seiner Aussage belastete Birnbacher die ÖVP schwer. Martinz habe sich in Wien kundig gemacht, welche Möglichkeiten man zur verdeckten Parteienfinanzierung habe. Konkret habe Martinz mit Ernst Strasser gesprochen, der das entsprechende "Know-how" mitgebracht habe. Strassers Anwalt Thomas Kralik dementierte.

Schenkung oder Parteispende?

Nach seinem überraschenden Geständnis Ende Juli 2012 gab Martinz seinen Rücktritt als Kärntner ÖVP-Obmann und Parteiaustritt bekannt. Zudem überreichte er Richter Manfred Herrnhofer ein Sparbuch mit "Schandgeld" in Höhe von 65.000 Euro. Die Kärntner Landesholding (KLH) wollte in der Folge das Geld für sich beanspruchen.

Martinz' Anwalt sprach sich dagegen aus: Sollte sich herausstellen, dass bei der KLH gar kein Schaden eingetreten sei, wären die 65.000 Euro als Schenkung an Martinz zu verstehen. Birnbacher erklärte jedoch dem Gericht, er habe die Zahlung in Zusammenhang mit der "Drittellösung" gesehen. Zudem sei das Geld für Martinz' Wahlkampf 2009 bestimmt gewesen.

Haftstrafen für alle Angeklagten

Gemeinsam mit Birnbacher und Martinz standen die beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder der Kärntner Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, vor Gericht. Haftstrafen wegen Untreue und Beihilfe - wenngleich noch nicht rechtskräftig - setzte es für alle vier Angeklagten. Der Steuerberater kam als einziger mit einer teilbedingten Strafe davon - wegen seines "umfassenden und reumütigen Geständnisses", heißt es in der Anfang Dezember veröffentlichten Urteilsbegründung. Er bekam drei Jahre, zwei davon unbedingt.

Mit fünfeinhalb Jahren die höchste Strafe fasste Josef Martinz aus, wegen Anstiftung zur Untreue. Für Megymorez und Xander gab es drei beziehungsweise zwei Jahre. Für alle vier gilt die Unschuldsvermutung, solange das Urteil keine Rechtskraft hat. Martinz, Megymorez und Xander meldeten unverzüglich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an - ebenso wie die Staatsanwaltschaft. Birnbacher will gegen die Strafhöhe berufen.

Eines der "schmutzigsten Geschäfte Kärntens"

Ein solches politisches Erdbeben habe er nicht erwartet, erklärte Dietrich Birnbacher nach seiner Verurteilung. "Exorbitanten Schaden" hätten Birnbacher und seine drei Mitverurteilten in der "Causa Birnbacher" verursacht, schreibt Richter Manfred Herrnhofer in seiner Urteilsbegründung. Zum Strafausmaß für Martinz erklärte er, der Hypo-Verkauf sei wohl ein gutes Geschäft gewesen, aber auch eines der "schmutzigsten Geschäfte Kärntens".

Auch der Richter lässt Ex-FPÖ-Chef Jörg Haider nicht unerwähnt. Birnbacher war von Haider und Martinz beauftragt worden, bezahlt hatte ihn 2008 aber schließlich die Landesholding. Einmal mehr drängt sich der Verdacht auf, der ehemalige Kärntner Landeschef hätte wohl auf der einen oder anderen Anklagebank Platz nehmen müssen, wäre er nicht im Oktober 2008 tödlich verunglückt.

Immer noch ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen einige Gutachter. Wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht, wurden zwischen Februar und März 2008 sechs Gutachten von Megymorez und Xander in Auftrag gegeben, "zur Verschleierung (...) und um der Tat den Anschein der Korrektheit zu verleihen". Namentlich genannt werden Dr. Christian Nowonty, Dr. Wolfgang Brandstetter, DDr. Gerhard Altenberger, der zwei Gutachten erstellte, Dr. Gottfried Spitzer von Deloitte-Auditor Treuhand GmbH sowie Mag. Rudolf Siart. Allein aus ihren Honoraren ergäbe sich ein Untreueschaden von 48.650 Euro.

Nachtrag vom 11.03.2014: Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied über die Berufungen von Josef Martinz, Gert Xander, Hans-Jörg Megymorez und Dietrich Birnbacher. Martinz' Strafe wurde leicht herabgesetzt, der bedingte Anteil von Birnbachers Strafe erhöht. Die Berufungen von Xander und Megymorez wurden indes verworfen.

Nachtrag vom 30.09.2016: Ex-FPÖ-Landesrat Harald Dobernig wurde in der Causa Birnbacher zu zwei Jahren Haft verurteilt - acht Monate davon unbedingt. Er legte vor dem Landesgericht Klagenfurt ein Teilgeständnis ab und gab an, Jörg Haider habe ihn angewiesen, sich für die Zahlung des überhöhten Honorars einzusetzen.

In unserer Serie "Österreich tanzt Tango Korrupti" fassen wir die die wichtigsten Korruptionsfälle der vergangenen Jahre für Sie zusammen.

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