Über die Hintergründe der über René Benko verhängten Untersuchungshaft werden neue Informationen bekannt. Ein Dreh- und Angelpunkt ist die Laura Privatstiftung.
Die Gründe für die über Signa-Mastermind René Benko verhängte U-Haft sind stichhaltig, wie nun bekanntgewordene Details zeigen. Investoren, ein Insolvenzverwalter und ein Ex-Stiftungsvorstand, E-Mails, Chats und Telefonprotokolle belasten den insolventen Tiroler schwer.
So soll er etwa in der Laura Privatstiftung de facto "Alleinherrscher" sein. Dort ist millionenschweres Vermögen geparkt, das bisher vor dem Zugriff von Masseverwaltern und Gläubigern geschützt war.
Benko als faktischer Machthaber
Die Ermittlerinnen und Ermittler werfen Benko vor, "faktischer Machthaber", der nach seiner Tochter Laura benannten Stiftung zu sein und dies im Zuge seiner persönlichen Insolvenz verschleiert zu haben, berichten das Nachrichtenmagazin "profil" und die Zeitung "Der Standard" unter Verweis auf Passagen aus der fast 40-seitigen Festnahmeanordnung.
Über die Stiftung soll der Signa-Gründer Vermögen verheimlicht und so dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen haben. Offiziell ist Benko als Unternehmer seit 9. März 2024 auch privat zahlungsunfähig. Über seine Mutter als Strohfrau gewähre ihm die Stiftung aber erhebliche Zuwendungen und ermögliche ihm weiterhin ein Luxusleben, so der Verdacht.
Der deutsche Fressnapf-Geschäftsführer und Investor Torsten Toeller soll ausgesagt haben, dass Benko sowohl in der Signa-Gruppe als auch in der Firmengruppe rund um die Laura Privatstiftung "allmächtiger Alleinherrscher" gewesen sei. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien, die die Aussagen laut "Der Standard" als "besonders plakativ" bezeichnet, merke dazu an: "Seine Angaben werden durch vorliegende WhatsApp-Nachrichten gestützt."
Daher gehe sie davon aus, dass Benko "einem Eigentümer gleich die Belange der Stiftung lenkt, unmittelbar über ihr Vermögen verfügt und sich finanzielle Zuwendungen in beträchtlichem Ausmaß zur Finanzierung seines aufwendigen Lebensstils aneignet". "Entlarvend" nennt die WKStA der Zeitung zufolge einen Chat zwischen Benko und einem Mitarbeiter, der fragte: "René, darf ich mir 1,5 Millionen aus der LPS (Laura Privatstiftung, Anm.) nehmen, um das Finanzamt auf den verschiedensten Ebenen zu bedienen?" Benko habe "nur binnen Sekunden" bejaht.
Benko soll Investoren betrogen haben
Weiters soll Benko ein Geldkarussell in Gang gesetzt und dabei Geldgeber betrogen haben - er habe vorgegeben zu investieren, dies in Wahrheit aber nicht getan, so "Der Standard". Die WKStA prüfe jedenfalls einen Betrugs- und Untreueverdacht. Investoren sollen dazu verleitet worden sein, sich bei der Signa Holding an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen.
Fälschlicherweise sei den Geldgebern vorgetäuscht worden, dass auch die Familie Benko Privatstiftung Geld einschießen werde, so das "profil". Dabei wurden - so der Verdacht - rund 35 Mio. Euro, die andere Investoren - laut Ermittler Eugster/Frismag - bereits einbezahlt haben, im Kreis geschickt.
Im Fokus der Ermittlungen stehe auch die Villa Eden Gardone am Gardasee - die Besitzgesellschaft soll ohne ausreichende Gegenleistung an die Ingbe Privatstiftung, benannt nach Benkos Mutter Ingeborg Benko, verkauft worden sein, berichtet "Der Standard". Die WKStA prüft laut "profil" die Übertragung einer Villen-Projektfirma von der Signa Holding an die Ingbe Privatstiftung. Die Stiftung soll dafür mit Aktien der Signa Prime Selection bezahlt haben. Allerdings hegen die Ermittler den Verdacht, dass die Aktien zu dem Zeitpunkt nicht mehr den entsprechenden Wert hatten.
"Die Mama schenkt es mir"
Einige Vorwürfe im Detail: Die WKStA soll aus abgehörten Telefonaten sowie aus der Auswertung von E-Mails und Handy-Chats geschlossen haben, dass die Stiftungskonstruktion der Laura Privatstiftung nur dazu diene, das vorhandene Vermögen dem Zugriff der Behörden, Masseverwalter und Gläubiger zu entziehen: Dabei stützen sich die Ermittler unter anderem auf Zeugenaussagen von drei Signa-Investoren, darunter des Strabag-Gründers Hans Peter Haselsteiner, sowie Einvernahmen eines Insolvenzverwalters und eines ehemaligen Vorstands einer Benko-nahen Stiftung.
Haselsteiner habe die Vermutung geäußert, Benkos Mutter habe als Stifterin und Begünstigte der Laura Privatstiftung alles unterfertigt, was ihr Sohn vorgeschlagen habe. Der Bauunternehmer habe auf Aussagen von Benko wie "Die Mama kriegt immer von der Laura Privatstiftung das Geld" oder "Die Mama schenkt es mir" und "Die Mama kauft uns etwas ab" verwiesen.
Nach der Erinnerung Haselsteiners habe sich die Laura Privatstiftung niemals von sich aus in einen Vertrag oder eine Vereinbarung eingebracht, vielmehr habe das immer Benko getan, schreibt "Der Standard" weiters.
Die Villa in Innsbruck-Igls, in der Benko zuletzt hauptgemeldet war, gehört ebenfalls der Laura Privatstiftung. Allerdings sei für die Villa monatelang keine Miete bezahlt worden, gehe aus der Festnahmeanordnung hervor. Früheren Medienberichten zufolge hatte Ingeborg Benko für das Domizil über eine Stiftung monatlich 238.500 Euro Miete gezahlt und ihren Sohn samt Familie dort wohnen lassen.
Überweisungen aus Privatstiftung
Neben der Laura Privatstiftung mit Sitz in Innsbruck soll jedenfalls auch die Ingbe Privatstiftung mit Sitz in Liechtenstein eine wesentliche Rolle für Finanzierungen gespielt haben. Am 22. November sowie am 12. Dezember 2023 überwies die Stiftung 5 Mio. Euro an Benkos Mutter. Und 4 Mio. Euro davon landeten auf einem Konto Benkos. Der Zeitpunkt der Transaktionen ist auffällig, denn am 29. November 2023 meldete die Signa Holding Insolvenz an. Die Pleite der Gesellschaft bildete den Auftakt zum Zusammenbruch der gesamten Signa-Gruppe.
Benko hätte laut Ermittlungen 2022 nur rund ein Viertel der Aufwendungen für sich und seine Familie aus eigenen Einkünften aufbringen können. Und von Jänner 2023 bis Februar 2024 hätten die eigenen Einkünfte nur rund 21 Prozent der Aufwendungen ausgemacht, merkte die WKStA an. Der Großteil der Einzahlungen auf Benkos Privatkonto seien letztlich "aus den Sphären der Laura Privatstiftung sowie der INGBE Stiftung" gekommen.
Schwester wegen gefälschter Rechnung ebenfalls im Visier der Behörden
Bei einer Hausdurchsuchung in der Villa in Igls wurden angeblich 15 Schusswaffen sichergestellt, die an eine Firma der Laura Privatstiftung verkauft wurden. Bei drei Waffen mit einem Gesamtwert von 25.000 Euro bestehe der Verdacht, dass auf einen "Scheinverkauf" vergessen und eine nachträglich hergestellte Rechnung vorgelegt wurde. "Die WKStA hegt den Verdacht der Beweismittelfälschung - und sieht den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr", so das "profil".
Konkret geht aus der Festnahmeanordnung laut "Krone" und "News" hervor, dass der dringende Verdacht bestehe, Benko habe "am 23. September 2024 ein falsches Beweismittel, und zwar eine inhaltlich unrichtige Rechnung über den vorgeblichen, tatsächlich nicht stattgefundenen Verkauf von drei (...) verheimlichten Schusswaffen von ihm an die Forstgut Steiermark GmbH & Co KG, datiert mit 18. Oktober 2023" in seinem Insolvenzverfahren vorlegen lassen. Durch einen seiner Rechtsvertreter.
Die Korruptionsermittler nehmen dabei angeblich auch die Schwester von René Benko ins Visier. Diese soll an diesem "vorgeblichen Schusswaffenverkauf" mitgewirkt haben. Und zwar "zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Zeitraum 25. Juni 2024 bis 23. September 2024", so die Ermittler. Benkos enge Vertraute soll dem Dokument zufolge zur "angeführten strafbaren Handlung des René Benko beigetragen" haben, "indem sie die inhaltlich unrichtige Rechnung auf Anweisung des Genannten erstellte und so die Vorlage an die Staatsanwaltschaft ermöglichte".
WKStA ermittelte mit einem eigenen Team
Der Inhaftierung Benkos gingen, wie die den Medien vorliegende Anordnung zur Festnahme zeigt, intensive Ermittlungen durch die WKStA voran. Das Signa-Team der Behörde - bestehend aus insgesamt sechs Oberstaatsanwälten sowie drei Wirtschaftsexperten - wird in ihrer Arbeit im Rahmen eines Joint Investigation Teams unterstützt, dem auch Staatsanwälte in Berlin und München angehören. Offen ist derzeit noch, ob und wann mit einer Anklage zu rechnen ist.
Der gescheiterte Immobilien-Tycoon wurde vergangenen Donnerstag in Innsbruck in seinem Büro festgenommen und nach Wien überstellt. In der Justizanstalt Josefstadt, Österreichs größtem Gefängnis, sitzt er seit Freitag in Untersuchungshaft. Als Haftgründe wurden Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr genannt. Vorerst bleibt Benko bis 7. Februar in U-Haft. Sollte diese im Rahmen der nächsten Haftprüfung verlängert werden, muss der Signa-Gründer ein weiteres Monat in U-Haft verbringen.
Beim darauffolgenden Haftprüfungstermin kann die U-Haft dann um zunächst weitere zwei Monate verlängert werden. Benko soll vergangenen Freitag zu den genannten Vorwürfen keine Angaben gemacht haben. Laut "Der Standard" sind auch vier weitere hochrangige Ex-Manager aus der Signa-Gruppe als Beschuldigte geführt. Für alle gilt die Unschuldsvermutung. (APA/bearbeitet von ank)
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