Am Donnerstag soll aller Voraussicht nach das Urteil im Prozess gegen Uli Hoeneß fallen. Im Interview mit unserem Portal spricht Rechtsanwalt und FDP-Politiker Wolfgang Kubicki über das mögliche Strafmaß für Hoeneß und warum er einen Deal zwischen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft für ausgeschlossen hält.
Herr
Wolfgang Kubicki: Generell mahne ich zur Zurückhaltung bei einer Urteilsprognose. Dass das Gericht zu der Erkenntnis gelangt, die Selbstanzeige sei strafbefreiend gewesen, halte ich jedoch für ausgeschlossen.
Kann Uli Hoeneß nach dem bisherigen Prozessverlauf noch auf eine Bewährungsstrafe hoffen?
Das Gericht wird auf der einen Seite den Schadensumfang und die festzustellende kriminelle Energie berücksichtigen, auf der anderen Seite die Strafmilderungsgründe damit abwägen. Für Uli Hoeneß spricht, dass er nicht vorbestraft ist, das Verfahren mit seiner Selbstanzeige erst ins Rollen gebracht hat, ein vollständiges Geständnis abgelegt hat und dabei Sachverhalte offenbart, die den Behörden aller Voraussicht nach dauerhaft verborgen geblieben wären. Zudem ist er durch die mediale Berichterstattung seit einem Jahr in erheblichem Maß belastet worden, also schon "bestraft", von ihm sind vergleichbare Straftaten nicht mehr zu erwarten, er hat eine unbestritten große Lebensleistung mit großem sozialen Engagement vorzuweisen und einen erheblichen Teil des Schadens bereits wieder gutgemacht. All dies wiegt schwer und lässt eine Bewährungsstrafe immer noch möglich erscheinen.
Was spricht gegen Uli Hoeneß?
Die Höhe der Hinterziehung. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheint eine Bewährungsstrafe aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich.
Hat sich Uli Hoeneß mit seinem "überschießenden Geständnis" zu Beginn des Prozesses einen Gefallen getan?
Das Geständnis untermauert den ernsthaften Willen des Angeklagten, "reinen Tisch" zu machen und vollständig zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Es wirkt grundsätzlich strafmildernd, da die Finanzbehörden Kenntnis von Umständen und damit auch nachzuentrichtenden Steuern erlangen, die sie nicht oder nicht in dem Umfang hätten ermitteln können. Das Problem, das entsteht: zugleich erhöht sich die der strafrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legende Schadenssumme. Ob diese Strafschärfung von der Strafmilderung des Geständnisses überwogen wird, unterliegt der gerichtlichen Würdigung. Angesichts der Größenordnung und der "Nachbesserung" durch die Steuerfahndung von ja immerhin neun Millionen Euro habe ich daran Zweifel.
Vor Prozessbeginn kam es heute zu einer Verzögerung, schnell machten Gerüchte die Runde, die Verteidigung könnte einen Deal aushandeln. Halten Sie das für denkbar?
Einen "Strafmaßdeal" schließe ich aus. Er müsste durch das Gericht auch in der Hauptverhandlung öffentlich bekannt gegeben und erläutert werden.
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