Der 20-Stunden-Warnstreik der GDL ist beendet. Der Schienenverkehr in Deutschland läuft allmählich wieder an. Doch die unsicheren Zeiten für Fahrgäste sind damit nicht vorbei.
Bahn-Fahrgäste können vorläufig aufatmen: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn ihren ersten Warnstreik nach 20 Stunden beendet. Ab 18.00 Uhr am Donnerstagabend laufe der Fahrbetrieb allmählich wieder an, sagte ein Gewerkschaftssprecher auf Anfrage.
GDL-Streik beendet - Bahn fährt vorerst weiter nach Notfahrplan
Der Notfahrplan, den die Bahn für die Zeit des Ausstands aufgestellt hatte, sollte einem Sprecher der Deutschen Bahn zufolge noch einige Stunden darüber hinaus gelten. Zum Betriebsbeginn am frühen Freitagmorgen werde der Bahnverkehr bundesweit aber wieder weitgehend normal laufen. Die Bahn rechne damit, am Freitag ein "fast vollständiges Zugangebot" bieten zu können.
Für die Fahrgäste geht die Ungewissheit auf der Schiene aber vorerst weiter. Neue Warnstreiks schloss GDL-Chef Claus Weselsky am Donnerstag jedenfalls nicht aus. "Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich das nicht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Schwerin bei einer Gewerkschaftskundgebung. Möglicherweise rückt in den nächsten Tagen auch das Thema Urabstimmung stärker in den Blick. Immer wieder hatte Weselsky betont, sich frühzeitig rechtlich absichern und seine Mitglieder über unbefristete Streiks abstimmen lassen zu wollen.
Beruhigende Signale für die Feiertage
Zwar hatte Weselsky mit Blick auf Streiks über die Weihnachtstage zuletzt beruhigende Signale gesendet: Die GDL habe noch nie über Weihnachten gestreikt, betonte er nach der ersten Verhandlungsrunde vergangene Woche. Gänzlich ausgeschlossen hat er die Möglichkeit bislang aber nicht.
Der jüngste Warnstreik der GDL an diesem Mittwoch und Donnerstag kam für viele überraschend. Nach dem Tarifauftakt waren beide Seiten noch optimistisch auseinander gegangen. Inhaltlich waren sie zwar nicht vorangekommen. Als Erfolg wertete aber auch GDL-Chef Weselsky, dass sich die Tarifparteien auf einen Verhandlungsfahrplan einigen konnten. Im Wochenrhythmus sollte fortan über die Forderungen der Gewerkschaft verhandelt werden.
Mit der Warnstreikankündigung der GDL war dieser Plan bereits wenige Tage später Makulatur. Die Deutsche Bahn will am vereinbarten nächsten Verhandlungstermin in der nächsten Woche festhalten - vorausgesetzt, die GDL werde nicht zeitgleich wieder zum Arbeitskampf aufrufen.
Der vereinbarte Gesprächstermin kommende Woche Donnerstag und Freitag finde "selbstverständlich" statt, verlautete am Donnerstagabend aus Bahnkreisen. Anders sei das nur dann, wenn die GDL am Verhandlungstermin selbst streiken sollte. Im Sinne der Mitarbeitenden und der Fahrgäste gehe es der Bahn um eine Lösung am Verhandlungstisch, hieß es.
GDL-Chef Weselsky: Arbeitskampf geht weiter
Das nächste Treffen ist für kommende Woche terminiert. Ob beide Seiten daran festhalten, war zunächst unklar. "Das haben wir noch zu bewerten, das ist noch offen", sagte Weselsky. "Ich kann das nicht vorwegnehmen, ich weiß nicht, was die Herren treibt", ergänzte er mit Verweis auf die Arbeitgeberseite. "Ich kann nur darauf verweisen, dass wir Verhandlungen vereinbart haben."
Die Gewerkschaft fordert unter anderem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie. Knackpunkt der Verhandlungen ist indes die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Wochenstunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn lehnt das als unerfüllbar ab. Sie bietet bislang eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten und die von der GDL geforderte Inflationsausgleichsprämie. Von einer Einigung sind beide Seiten nach einer ersten Verhandlungsrunde vergangene Woche und dem ersten Arbeitskampf noch weit entfernt.
GDL legte per Warnstreik weite Teile des Bahnverkehrs lahm
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hatte die GDL am Mittwoch und am Donnerstag per Warnstreik weite Teile des Bahnverkehrs in Deutschland zum Erliegen gebracht. Tausende Züge fielen aus. Betroffen waren sowohl der Fern-, Regional-, und Güterverkehr. Im Fernverkehr war danach lediglich jeder fünfte ICE- und IC-Zug in der Zeit des Arbeitskampfes unterwegs. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen unterschiedlich: In vielen Regionen konnte die Bahn im Tagesverlauf aber zumindest ein geringfügiges Angebot bereitstellen.
Am schwersten traf es den Güterverkehr. Die Bahn ging von einem Rückstau von mehreren hundert Güterzügen mit teilweise dringlicher Terminfracht aus. Bis der Stau abgebaut ist, könnte es der Bahn zufolge noch Tage dauern.
Für die Eskalation im Tarifkonflikt machten sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich. Sowohl die GDL als auch die Bahn waren der jeweils anderen Partei vor, Absprachen nicht eingehalten zu haben. Die Stimmung vor weiteren möglichen Gesprächen ist denkbar schlecht. (mt/dpa)
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