In Österreich geht eine neue Pleitewelle um – davon ist der Kreditversicherer Acredia überzeugt. Insbesondere zwei Bereiche sollen besonders gefährdet sein.
Der Kreditversicherer Acredia geht von einem deutlichen Anstieg der weltweiten Insolvenzen aus. In Österreich könnten heuer bis zu 6.500 Firmen zahlungsunfähig werden, das wäre ein Plus im Jahresvergleich von 20 Prozent. Hierzulande droht nach den Jahren 2005, 2006 und 2009 die vierthöchste Zahl an Pleiten. Besonders betroffen sind der Bau und das Hotelgewerbe, so Acredia.
"Anfang des Jahres haben wir für 2024 weltweit mit neun Prozent mehr Firmenpleiten gerechnet. Das Insolvenzgeschehen hat aber so stark angezogen, dass wir die Prognose auf elf Prozent korrigieren mussten", erklärte Acredia-Vorständin Gudrun Meierschitz. Als Gründe für den unerwartet starken Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen werden die gedämpfte Nachfrage, die anhaltende geopolitische Unsicherheit und ungleiche Finanzierungsbedingungen genannt.
Über 1,6 Millionen Arbeitsplätze in Gefahr
Auffällig sei das Rekordniveau an Großinsolvenzen, wobei Westeuropa besonders betroffen sei. Bis 2025 könnten dadurch in Europa und Nordamerika bis zu 1,6 Mio. Arbeitsplätze gefährdet sein, was den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt markierte. Eine allmähliche Lockerung der Geldpolitik könnte einigen Unternehmen eine Entlastung bringen, sei aber keine Wunderwaffe für angeschlagene Betriebe, schätzt Meierschitz.
Die gute Nachricht sei, dass voraussichtlich der Höhepunkt der Pleitewelle erreicht sei. "Insolvenzen, die durch Corona-Hilfen verzögert wurden, sollten damit abgebaut sein. In den nächsten beiden Jahren erwarten wir wieder eine leichte Entspannung, wenn auch auf hohem Niveau", so Meierschitz. Laut Prognose sollte die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Inland um acht Prozent in 2025 und um weitere elf Prozent in 2026 sinken.
International erwarten die Kreditversicherer 2024 ein Pleiten-Plus von elf Prozent, in der EU sogar von 14 Prozent. 2025 dürften die weltweiten Unternehmensinsolvenzen noch einmal um zwei Prozent zulegen, in der EU wird ein Rückgang um fünf Prozent erwartet. Erst 2026 kündigt sich eine globale Erholung an.
Auch Deutschland von Pleitewelle betroffen - wenngleich deutlich weniger stark
Haupttreiber der starken Insolvenzdynamik sind in diesem Jahr Kanada (+39 Prozent), Singapur (+39 Prozent) und Brasilien (+33 Prozent), in Europa sind es die Niederlande (+35 Prozent), Irland (+33 Prozent), Schweden (+29 Prozent) und Griechenland (+27 Prozent).
Für Österreichs wichtigsten Exportpartner Deutschland wird heuer ein Anstieg von 25 Prozent auf rund 22.200 Insolvenzen prognostiziert - womit der Nachbar, umgelegt auf die Bevölkerungszahl, deutlich weniger Pleiten als die Alpenrepublik verkraften muss. In der Schweiz wird mit einem Anstieg der Pleiten um elf Prozent gerechnet. (APA/bearbeitet von lag)
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