Nicolas Berggruen war einst angetreten, den schwankenden Kaufhaus-Riesen Karstadt zu retten. Gerne generierte sich der deutsch-amerikanische Geschäftsmann als "Weißer Ritter", der mit seinem eigenen Geld einsprang, um tausende Arbeitsplätze zu retten. Doch die Wahrheit könnte ganz anders aussehen: Das ZDF-Magazin "Frontal 21" berichtet, dass Berggruen weit mehr Geld aus dem Unternehmen herausziehe, als er investiere. Dem Unternehmen könnte sogar erneut die Insolvenz drohen.
Alleine in diesem Jahr soll die Berggruen-Holding laut dem Magazinbeitrag aus dem Karstadt-Konzern 9 Millionen Euro erhalten - für die Nutzung der Namensrechte. Auch die Geschäftsführung soll trotz der schlechten Entwicklung des Unternehmens Boni erhalten, so "Frontal 21". Pikantes Detail am Rande: Investor Berggruen hatte Karstadt für einen symbolischen Preis von einem Euro übernommen - lediglich für die Namensrechte musste er 5 Millionen Euro zahlen. Ein ziemlich gutes Geschäft für einen selbsterklärten Retter mit hehren Zielen.
Laut "Frontal 21" stellte Berggruen bislang jedenfalls kaum eigenes Geld für die Sanierung des Unternehmens bereit. Karstadt muss demnach die Modernisierung des Unternehmens aus eigenen Erlösen stemmen. Dabei hatte der Investor bei der Übernahme von Karstadt dem Betriebsrat in einer Präsentation noch versprochen, bei einer schlechteren Geschäftsentwicklung "in der Lage zu sein, zusätzlichen Liquiditätsbedarf zu decken".
Weihnachtsgeschäft für Karstadt ein "Desaster"
Im Herbst 2010 hatte der Investor den Karstadt-Konzern aufgekauft und damit zunächst 25.000 Arbeitsplätze gerettet. Erst später wurde beschlossen, dass 2.000 Arbeitsplätze bis 2014 gestrichen werden. Berggruen stellte den als Sanierer bekannten Briten Andrew Jennings als Chef von Karstadt ein. Unter seiner Leitung wurden nicht nur die Multimedia-Abteilungen geschlossen, sondern der Schwerpunkt im Sortiment auf Kleidung gelegt. Dabei setzte Jennings teilweise auf in Deutschland unbekannte Marken.
Eine Strategie, die zumindest vorerst nicht aufzugehen scheint: Der "Spiegel" hatte zuletzt berichtet, die Umsätze hätten im Februar 2013 um 12 Prozent unter denen des Vorjahres gelegen. Auch das Weihnachtsgeschäft soll bei Karstadt ein "Desaster" gewesen sein, so Professor Jörg Funder, Wirtschaftswissenschaftler der Fachhochschule Worms, in dem Beitrag von "Frontal 21". Schon jetzt macht sich der Betriebsrat Sorgen um die Arbeitsplätze bei Karstadt: Weitere 298 Stellen stünden auf dem Spiel, heißt es in einem internen Papier.
Professor Thomas Roeb, Handelsexperte von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, sieht weitere dunkle Wolken über Karstadt. Verbessere sich die wirtschaftliche Situation nicht bald, benötige das Unternehmen noch in diesem Jahr "externen Mittelzufluss" - sonst drohe die erneute Insolvenz, sagte Roeb "Frontal 21". Spätestens dann wird sich zeigen, ob Nicolas Berggruen wirklich der "Weiße Ritter" ist, als der er einst angetreten war.
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