Die Abwicklung der Hypo Alpe Adria hat etliche Banken und Versicherungen in Deutschland hart getroffen. Sie bangen um ausstehende Milliardensummen. Eine Einigung mit dem Nachbarland droht zu scheitern. Heute Freitag läuft die Frist ab.
Der Milliardenstreit zwischen deutschen Banken und dem Nachbarland Österreich um die Abwicklung der Skandalbank Hypo Alpe Adria spitzt sich zu: Am Freitag war für die Gläubiger die letzte Chance, auf ein Angebot von Österreich und dem Bundesland Kärnten einzugehen und somit zumindest einen Teil ihrer Forderungen aus alten Zeiten zurückzuerhalten.
Mit dem offiziellen Ergebnis der Annahmequote wird zwar erst am Montag gerechnet: Die Zeichen für eine Einigung stehen aber alles andere als gut. Der Machtkampf wird zunehmend zu einer Belastungsprobe für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern.
Worum geht es in dem Streit?
Um eine Bank, die es gar nicht mehr gibt: Die Hypo Group Alpe Adria (HGAA). Die Kärntner Bank hatte sich mit ihrer Expansion auf dem Balkan verspekuliert und Milliardenverluste gemacht.
2014 wurde die HGAA in ihrer alten Form beerdigt. Die Reste wurden in eine Abwicklungsanstalt namens Heta gekippt. Dort landeten auch die Anleihen, die etliche deutsche Banken aus den besseren Zeiten der HGAA noch in ihren Büchern haben.
Vor einem Jahr gingen dann auch bei der Heta die Lichter aus: Quasi über Nacht drehte das Finanzministerium in Wien der Abwicklungsanstalt den Geldhahn zu und stoppte zunächst sämtliche Schuldenzahlungen an die Gläubiger.
In Deutschland sorgte dieser Schritt für Empörung: Jahresabschlüsse für 2014, die eigentlich schon fertig waren, mussten wegen der Belastungen plötzlich korrigiert werden.
Welche Banken und Versicherungen sind in Deutschland betroffen?
Die Liste ist lang: Unter anderem die Commerzbank, die Hypovereinsbank, die Allianz, der Rückversicherer MunichRe und die NordLB. Die Düsseldorfer Hypothekenbank musste wegen der Wertkorrekturen sogar gerettet werden.
Nach der Hiobsbotschaft aus Wien vor einem Jahr wagte sich eine Bank nach der anderen aus der Deckung und gab ihre Belastungen durch die Auflösung der Heta bekannt.
Als eine der ersten meldete sich die Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE), die in der Finanzkrise in Deutschland selbst zum Inbegriff einer maroden Bank wurde – inzwischen aber privatisiert ist und unter dem Namen Pfandbriefbank pbb wieder profitabel arbeitet.
Auch die Bad Bank der HRE, die FMS Wertmanagement, ist betroffen. Außen vor ist inzwischen jedoch die BayernLB: Sie war früher Eigentümerin der HGAA und hatte ebenfalls Milliardenforderungen aus alten Zeiten – dieser Streit wurde aber im vergangenen Jahr durch einen Kompromiss beigelegt.
Was hat Österreich den Gläubigern angeboten?
Das Bundesland Kärnten schlug den Gläubigern zunächst einen Schuldenschnitt von 75 Prozent vor. Eine vollständige Rückzahlung, so die Argumentation, hätte die Pleite des Bundeslands zur Folge.
Diese Drohung lassen die Gläubiger, die sich in mehreren Gruppen zusammengeschlossen haben, aber nicht gelten: "Kärnten ist nicht zahlungsunfähig", erklärten sie vor wenigen Tagen. Das Angebot Kärntens spiegele nicht einmal ansatzweise die Leistungsfähigkeit und die Vermögenswerte des Bundeslandes wider.
Österreich besserte vergangene Woche nach und bot zusätzlich spezielle Bundesanleihen an. Gläubiger würden durch die Investition in die Anleihen nach 18 Jahren Laufzeit nominell ihre Altschulden vollständig zurückerhalten.
Real bleibt je nach Marktlage aber weniger übrig. Banken und betroffene Versicherungen lehnten aber auch diese Offerte ab.
Was bedeutet der Streit für die Wirtschaftsbeziehungen der Länder?
Die Banken und Versicherungen in Deutschland waren davon ausgegangen, dass Österreich notfalls mit einer Staatsgarantie für Kärnten einspringt, falls das Land die Milliardenlasten der Skandalbank HGAA nicht schultern kann.
Schließlich gilt Österreich als zahlungskräftiges Land mit guter Kreditwürdigkeit. Umso größer ist nun der Ärger: Einigen Bankmanagern treibt allein der Name "Heta" die Zornesröte ins Gesicht.
Ihre vornehme Zurückhaltung haben die Finanzmanager längst aufgegeben, wenn es um den Umgang Österreichs mit den Gläubigern der Heta geht und schimpfen öffentlich.
"Mich stört, wie unserer Nachbarland versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen", erklärte der Vorsitzende der Geschäftsführung der deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg von Fürstenwerth, und kündigte weiteren Widerstand an. "Schon im Interesse unserer Kunden sagen wir: So nicht."
In Kärnten scheut man sich nicht vor einer weiteren Eskalation. "Wir sind bisher mit Samthandschuhen vorgegangen. Wird das Angebot abgelehnt, dann werden wir aber die Boxhandschuhe anziehen", sagte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). © dpa
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