Die Oberstaatsanwaltschaft von Trient will René Benko verhaften lassen: Es gibt bereits einen entsprechenden Befehl. Ein Südtiroler Vertrauter des Signa-Gründers steht schon unter Hausarrest.

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Die in Italien für die Causa Signa zuständige Oberstaatsanwaltschaft Trient hat einen Haftbefehl gegen René Benko erlassen. Das meldet die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Der Österreicher ist Gründer der pleitegegangenen Signa-Gruppe.

Heinz Peter Hager wurde demnach bereits festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Der Wirtschaftsberater aus Bozen gilt als Benkos rechte Hand. Ebenfalls unter Hausarrest befindet sich dem Bericht zufolge die Bürgermeisterin von Riva del Garda, Christina Santi. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Es geht unter anderem um Korruption

Das Bozener Rathaus werde von Polizisten durchsucht, berichten italienische Medien übereinstimmend. Insgesamt wurden am Dienstag 100 Durchsuchungen bei weiteren Personen durchgeführt, gegen die ermittelt wird. Ziel waren Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in den Provinzen Trient, Bozen, Brescia, Mailand, Pavia, Rom und Verona sowie im Ausland.

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Die Maßnahme wurde vom Amtsgericht Trient auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen. Die Ermittlungen seien von der italienischen Polizei und der Steuerpolizei durchgeführt worden.

Laut der Staatsanwaltschaft von Trient wird den Verdächtigen die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen, unrechtmäßige Parteienfinanzierung, unzulässige Einflussnahme, Betrug, unrechtmäßiger Bezug von Leistungen zum Nachteil des Staates sowie verschiedene Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung vorgeworfen. Darunter sind Korruption, unzulässige Veranlassung zu Handlungen, Offenlegung von Amtsgeheimnissen und Unterlassung von Amtshandlungen, ebenso wie Verstöße gegen steuerrechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit der Ausstellung von Rechnungen für nicht tatsächlich durchgeführte Geschäfte.

Benko bleibt vorerst auf freiem Fuß

Benkos Rechtsanwalt, Norbert Wess, teilte der APA mit: "Es wird kein europäischer Haftbefehl gegenüber Herrn Benko vollzogen. Herr Benko wird weiterhin – wie bisher – mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen."

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck bestätigte auf Anfrage des "Standard", dass gegen Benko ein europäischer Haftbefehl vorliegt. Benko sei am Dienstag in der Landespolizeidirektion Tirol vernommen worden und befinde sich auf freiem Fuß.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck prüft demnach, ob die Vorwürfe gegen Benko in Italien auch in Österreich strafbar sind. Derzeit gehe man aber nicht davon aus, dass man den Haftbefehl vollstrecken müsse.

Die Staatsanwaltschaft Trient untersuchte verschiedene Immobilienprojekte in Norditalien aus den Jahren 2018 bis 2022. Auch in Südtirol laufen Ermittlungen. Laut APA sind insgesamt 77 Personen von den Nachforschungen betroffen, darunter elf Beamte der öffentlichen Verwaltung, 20 Manager und Beamte lokaler Behörden und Beteiligungsgesellschaften, Angehörige der Polizei, Freiberufler sowie eine Reihe von Südtiroler Unternehmern.

Insgesamt erließ die Staatsanwaltschaft von Trient neun Haftbefehle. Neben Benko, Steuerberater Hager und Santi sind darunter Paolo Signoretti, Unternehmer aus Rovereto, der ehemalige Bürgermeister von Dro und Senator Vittorio Fravezzi, die Architekten Fabio Rossa und Andrea Saccani, der Journalist Lorenzo Barzon sowie Daniela Eisenstecken, eine im Amt für Stadtplanung tätige Beamtin der Stadtverwaltung Bozen.

Ermittlungen gegen Benko auch wegen Corona-Hilfen

Der Ärger nimmt damit für René Benko vorerst kein Ende: Gerade erst war bekannt geworden, dass gegen ihn in Österreich wegen mutmaßlichen Betrugs im Zusammenhang mit staatlichen Corona-Geldern ermittelt wird. Wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ende November bestätigte, geht es um Hilfsgelder für das luxuriöse "Chalet N" im Skiort Lech am Arlberg. Zuvor hatte der ORF berichtet.

Das Anwesen gehört indirekt einer Privatstiftung in Benkos Umfeld. Offiziell wird das "Chalet N" als Hotel geführt, Benkos Familie übernachtete dort aber auch immer wieder. Die WKStA will nun herausfinden, ob die Corona-Hilfen wie vorgesehen wirklich als wirtschaftliche Unterstützung während der Pandemie genutzt oder zweckentfremdet wurden.

Benko-Anwalt weist die Vorwürfe zurück

Benkos Anwalt erklärte, das Chalet sei kein privater Wohnsitz seines Mandanten. Die Familie Benko habe ihre Aufenthalte stets bezahlt, so wie andere Gäste des Hotels. "So gesehen sind die Vorwürfe haltlos und werden daher auch bestritten", teilte der Anwalt der Deutschen Presse-Agentur mit.

Zuvor waren WKStA-Ermittlungen gegen Benko wegen mutmaßlichen Kreditbetrugs und eines mutmaßlichen Bestechungsversuches bekannt geworden. Außerdem steht der ehemalige Milliardär im Verdacht, Teile seines Vermögens unrechtmäßig beiseitegeschafft zu haben. Benkos Anwalt bestritt Ende November auch diese Vorwürfe.

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