Stellen Sie sich vor, die Troika käme nach Österreich ... Was würde passieren, müsste die Alpenrepublik die Spar- und Reformmaßnahmen umsetzen, die Griechenland nun erfüllen soll?

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Innerhalb kürzester Zeit muss Griechenland Reformen durchsetzen und im Schnellverfahren Gesetze erlassen, die in dieser Form in jedem Land heftige Veränderungen bedeuten würden. Zeit für ein Gedankenspiel: Was würde in Österreich passieren, müssten wir die Reformvorgaben umsetzen? Wäre das überhaupt möglich – und was würde es für uns bedeuten?

Anhebung der Mehrwertsteuer

Eine der wesentlichen Reformen betrifft die Mehrwertsteuer: Sie wurde am vergangenen Montag in Griechenland deutlich erhöht. Für viele Waren und Dienstleistungen, für die bislang ein ermäßigter Satz von 13 Prozent galt, wird nun der reguläre Satz von 23 Prozent fällig. Dieser ist höher als jener in Österreich (20 Prozent) oder Deutschland (19 Prozent). Er gilt für verpackte und verarbeitete Lebensmittel und beispielsweise auch für Fleisch, Eier, Mehl, Reis oder Toilettenpapier. Getränke und Speisen in Bars und Restaurants sind ebenfalls davon betroffen.

Die Mehrwertsteuer betrifft jeden Bürger – unabhängig davon, wie viel er verdient oder wie viel er besitzt. Für wohlhabende Griechen mag die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes beim Einkauf keinen großen Unterschied machen, anders bei den Armen: Sie zahlen nun wesentlich mehr für den Einkauf, und das, obwohl bei vielen schon jetzt das Einkommen nicht für den täglichen Bedarf reicht. Bisher hatte Griechenland sechs unterschiedliche Sätze für die Mehrwertsteuer. Nach der Reform soll es nur noch drei Tarife geben, ähnlich wie in Österreich. Eine derartige Erhöhung hierzulande würde bedeuten, dass der reguläre Satz plötzlich bei 30 Prozent läge.

"Eine Maßnahme wie das Anheben der Mehrwertsteuer wäre in Österreich sehr schwierig, denn wir sind schon jetzt eines der am höchsten besteuerten Länder", sagt Christoph Schneider, Leiter der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Im Gegensatz zu Griechenland habe Österreich kein Einnahmenproblem, jedes Jahr bringe einen neuen Rekord an Einnahmen für den Staat. "Doch in Österreich wird immer eine neue Möglichkeit der Ausgaben gefunden, anstatt dass man Schulden zurückzahlt oder die Krankenkassen saniert."

Pensionsreform

Eine weitere, heftig umstrittene Maßnahme in Griechenland ist die Pensionsreform. Die Durchschnittspension in Griechenland beträgt nach den Kürzungen in den vergangenen Jahren 833 Euro pro Monat. Nach Regierungsangaben erhalten 45 Prozent der griechischen Pensionisten Zahlungen unter der Armutsgrenze von 665 Euro.

"Am dramatischsten sind die Lohnkürzungen und die drastischen Kürzungen der Pensionen und Mindestpensionen" sagt David Walch, Pressesprecher von Attac Österreich. "Die Kürzungen von Löhnen und Pensionen schlagen sich in jedem Land auf den Konsum nieder, mit der Anhebung der Mehrwertsteuer sind die Menschen umso stärker belastet."

Anders als in Österreich sind aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Griechenland allerdings viele Menschen abhängig von den Pensionen ihrer Familienangehörigen. WKÖ-Wirtschaftsexperte Schneider hält eine Anhebung des gesetzlichen Mindestalters für Pensionisten auf 67 Jahre, wie sie nun in Griechenland erfolgen soll, auch in Österreich für dringend notwendig und längst überfällig. Zwar liegt das gesetzliche Pensionsalter in Österreich bei 60 Jahren für Frauen bzw. 65 Jahren bei Männern, faktisch gehen aber im Durchschnitt Männer schon mit 58 Jahren in Pension. Das bedeutet, dass die Zuschüsse aus dem öffentlichen Budget zum Pensionssystem ansteigen und zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro pro Jahr betragen. "Aber es gibt eine gewisse Angst, etwas zu ändern", sagt Schneider.

Verwaltungsreform

Auch eine Verwaltungsreform, wie sie Griechenland nun durchführen muss, hält Schneider in Österreich für notwendig: "Wir reden seit Jahren über eine Verwaltungsreform, ich glaube in den 1970er-Jahren hat man sich das erste Mal damit befasst – und es bis heute nicht geschafft."

Privatisierungen

Eine weitere Maßnahme in Griechenland sind Privatisierungen. Über einen längeren Zeitraum soll Staatsvermögen verkauft werden, um Einnahmen von etwa 50 Milliarden Euro zu generieren. Nur ein kleiner Teil der Erlöse ist für Investitionen in die griechische Wirtschaft vorgesehen, der Großteil soll zur Schuldenrückzahlung verwendet werden.

Attac-Pressesprecher Walch sieht in Österreich momentan eher einen gegenläufigen Trend, nachdem Anfang der 2000er-Jahre sehr viel privatisiert worden sei und man damit teilweise auch schlechte Erfahrungen gemacht habe. "Bei den Austria Tabak Werken, die hochprofitabel waren, hat man für einen einmaligen Erlös viele Arbeitsplätze vernichtet", sagt er.

Maßnahmen wären in Österreich undenkbar

Jede der griechischen Reformen für sich wäre in Österreich schon Grund für heftigen Aufruhr. Angefangen bei fragwürdigen Vorgaben, wie den Sonntagsöffnungszeiten, die in Österreich schon auf Widerstand stießen, bis hin zu einer Pensionsreform. Zusammengenommen wären diese Maßnahmen in Österreich undenkbar

"Würde man das Gesamtpaket eins zu eins in Österreich durchsetzen, würde es extremen Widerstand geben in der Gesellschaft", sagt Schneider von der Wirtschaftskammer. "Da wär' Feuer am Dach!"

"Man kann davon ausgehen, dass diese Reformen in jedem europäischen Land diese Effekte haben – politisch würde das keine Regierung überleben", urteilt Walch von Attac. "Wenn über fünf Jahre die Wirtschaft um 30 Prozent einbricht, hat das in jedem Land vergleichbare Auswirkungen", sagt er. "Doch bei uns kann man davon ausgehen, dass die Menschen sich nicht pro-europäisch und links entscheiden, sondern eine rechte und nationalistische Partei wählen würden."

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