Nach Jan Marsalek wird international mit Hochdruck gefahndet. Auf seiner Flucht kann sich das einstige Vorstandsmitglied des insolventen Bezahldienstleisters Wirecard offenbar auf Hilfe der philippinischen Behörden verlassen. Rätsel gibt der Tod eines angeblichen Vertrauten Marsaleks auf.
Wo ist Jan Marsalek? Diese Frage beschäftigt vor allem die Staatsanwaltschaft München I und das Bundeskriminalamt.
Der 40-jährige Österreicher wird von Polizeibehörden weltweit gesucht. Der ehemalige Chief Operating Officer der Wirecard AG aus Aschheim bei München steht unter dem Verdacht des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Weiterhin wird ihm Untreue in besonders schwerem Fall vorgeworfen. Seit seiner Entlassung bei Wirecard am 22. Juni ist der Manager untergetaucht.
Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek: Bilanzfälschung richtet Milliarden-Schaden an
Marsalek gilt als Hauptverantwortlicher für die Bilanzfälschung bei dem bisher börsennotierten Unternehmen Wirecard, das Softwarelösungen für Zahlungsprozesse anbietet. Es geht um den ungeklärten Verbleib von 1,9 Milliarden Euro.
Sie sind das Ergebnis wahrscheinlich nicht existierender Luftgeschäfte mit Subunternehmern in Südostasien und im Mittleren Osten. Das vermisste Geld sollte sich eigentlich auf philippinischen Treuhandkonten befinden. Im Juni stellte sich dann heraus, dass weder die Milliarden noch die Treuhandkonten existierten. Die Ansprüche von Banken und Investoren dazugerechnet, erhöhe sich die Schadenssumme auf 3,2 Milliarden Euro, wie das BKA in einer Presseaussendung mitteilte.
"Aktenzeichen XY... ungelöst" fragt Zuschauer nach Hinweisen
Die Fahndung nach Marsalek schaffte es in der seit 1967 ausgestrahlten ZDF-Fahndungsreihe "Aktenzeichen XY... ungelöst" am 12. August 2020 auf Sendeplatz eins. Ein Sprecher des Bundeskriminalamts (BKA) bestätigte der "Bild"-Zeitung am Tag nach der Aussstrahlung: "Bisher sind Hinweise im unteren zweistelligen Bereich eingegangen." Später präzisierte das BKA nach Information des "Spiegel", es habe zunächst "ein gutes Dutzend" Rückmeldungen gegeben. Die Qualität der Hinweise bezeichnete die Staatsanwaltschaft München als offenbar mäßig.
"Marsalek war vorwiegend für die Auslandsgeschäfte von Wirecard zuständig", hatte Moderator Rudi Cerne die Zuschauer informiert. "Daher verfügt er über zahlreiche Kontakte ins Ausland, unter anderem nach Russland, Dubai und auf die Philippinen."
Dort sollen Einwanderungsbeamte Reiseunterlagen des Flüchtigen gefälscht haben. Ermittler in dem südostasiatischen Inselstaat empfahlen am Donnerstag, Anzeige gegen die beiden Verdächtigen zu erstatten. Die Beamten hätten falsche Einträge in die Datenbank des Immigrationsbüros eingegeben.
Demnach wäre Marsalek am 23. Juni in der Hauptstadt Manila eingetroffen und hätte die Philippinen am folgenden Tag von der Provinz Cebu aus - die auf einer anderen Insel liegt - wieder verlassen, hieß es in einer Mitteilung der nationalen Ermittlungsbehörde.
Marsalek soll Flug genommen haben, den es offiziell nicht gab
Allerdings habe es am 24. Juni gar keinen Flug von Cebu nach China gegeben, wohin Marsalek angeblich gereist sein soll. Zudem seien den Angaben nicht - wie bei solchen Einträgen üblich - die Reisepassdaten des Österreichers beigefügt worden.
Offiziellen Daten zufolge war Marsalek am 3. März das letzte Mal in Manila und verließ das Land zwei Tage später - Monate bevor der Skandal ins Rollen kam.
"Die Einträge für den 23. und 24. Juni 2020 sind beide falsch und sollten offenbar nur eine Ablenkung sein, um die Aufmerksamkeit der europäischen Behörden auf die Philippinen und nicht auf deren eigene Gerichtsbarkeit zu lenken", so die Behörde.
Deutscher Wirecard-Manager stirbt auf den Philippinen
Justizminister Menardo Guevarra bestätigte am Donnerstag auch den Tod eines deutschen Managers in Manila, dessen Verbindungen zu dem Skandal Teil der Ermittlungen sind.
Der 45-Jährige soll Ex-Asienchef von Wirecard und ein enger Vertrauter Marsaleks gewesen sein. Er sei am 27. Juli in einem Krankenhaus in Paranaque City in der Region Metro Manila eines natürlichen Todes gestorben und eingeäschert worden. (dpa/hau)
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