Den Wein vom Fass in Flaschen zu füllen, ist für Winzer von der Pfalz bis an die Bergstraße in diesen Wochen schwieriger als sonst. Die Flaschen-Großhändler kommen mit den Bestellungen nicht nach.
Die Winzer haben im vergangenen Jahr so viel Wein in die Fässer gefüllt, dass jetzt die Weinflaschen knapp werden. Allenthalben höre man von Klagen über Engpässe bei der Belieferung mit Flaschen, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Neben der europaweit großen Erntemenge nennt er als weiteren Grund eine Konzentration bei den Herstellern von Weinflaschen und Kapazitätsprobleme - derzeit sind drei Glasschmelzwannen von großen Glashütten in Süd- und Ostdeutschland in Reparatur.
"Können nicht alle Aufträge bedienen"
"Wir können nicht alle Aufträge zeitnah bedienen oder nicht in der gewünschten Form und Farbe", sagt Sascha Wlodarczyk, Geschäftsführer des Flaschen-Großhandels Wittmer GmbH in Kirrweiler im Kreis Südliche Weinstraße in Rheinland-Pfalz. Sein Unternehmen beliefert Winzer in der Pfalz, in Rheinhessen, im Rheingau, an der Hessischen Bergstraße und in Württemberg. "Seit drei Monaten sind Ein-Liter-Schlegelflaschen in Massongrün nicht ausreichend verfügbar." Eine große Knappheit gebe es auch bei Weißglas für Rosé- oder Perlweine.
Es sei nicht die Erntemenge allein, die zu den Lieferengpässen geführt habe, erklärt Wlodarczyk. "Die Nachfrage nach Glas wird allgemein größer, viele Getränkekonzerne gehen vom PET-Kunststoff zurück auf Glas." Der zusätzliche Bedarf am Markt könne von den vorhandenen Kapazitäten nicht abgedeckt werden.
Der Vertrieb von Wittmer habe sie frühzeitig über den kommenden Engpass informiert, sagt die Winzerin Hanneke Schönhals im rheinhessischen Biebelnheim. "Daher und auch wegen angekündigter Preiserhöhungen für 2019 hatten wir unseren Grundbedarf für die Abfüllung Februar schon im November eingekauft." Frühzeitige Vorsorge sei ganz wichtig, sagt der Winzer Martin Tesch in Langenlonsheim an der Nahe. "Wir füllen spät ab, das hilft auch."
Die passende Belieferung werde auch erschwert von der großen Bandbreite an unterschiedlichen Flaschen, erklärt das Deutsche Weininstitut. Glas sei ein idealer Behälter für Wein, sagt Experte Büscher. "Licht fördert Reifeprozesse im Wein, deswegen sind grün oder dunkel eingefärbte Flaschen besonders gut geeignet." Für Spitzenweine sind besondere Formen gefragt, hinzu kommen regionale Besonderheiten wie der fränkische Bocksbeutel.
Kein Problem beim Bocksbeutel
An dieser besonderen Flaschenform scheint es aber gerade noch nicht groß zu mangeln. "Beim Bocksbeutel dürfte es zu keinem Problem kommen", sagt Michael Bock vom Fränkischen Weinbauverband in Würzburg. Die Winzer würden vorausschauend bestellen. Das bestätigt Nancy Boy vom Weingut Bürgerspital in Würzburg. "Einen Großteil unserer Weine füllen wir in Bocksbeutel mit einem speziellen Schulterwappen, Gründungsjahr der Stiftung 1316", sagt Boy mit Blick auf die besondere Prägung auf der Flasche. Da sei langfristige Planung wichtig.
Besonders hochwertige Weine füllen Winzer gern in Spezialflaschen ab, wie Weininstitutssprecher Büscher erklärt. Die große Bandbreite an unterschiedlichen Weinflaschen sei auch ein Grund dafür, dass diese vom Pfand befreit seien. Zudem sei es bei importiertem Wein auch kaum machbar, leere Weinflaschen nach Chile oder Australien zurückzuschicken. Der jetzige Lieferengpass sei nicht auf Deutschland beschränkt. "Auch europaweit sind Weinflaschen aufgrund der großen Ernte Mangelware."
Beim Kellereiartikel-Händler Carl Klein GmbH in Kitzingen heißt es: "Die Glashütten sind einfach leer." Auch in Franken hatten die Weinbetriebe im vergangenen Jahr eine gute Ernte. Winzer müssten derzeit teilweise drei bis vier Wochen warten, sagt Vertriebsmitarbeiter Armin Gsell.
Den traditionellen Bocksbeutel verwenden die fränkischen Winzer gern für ihre besonderen Tropfen. Die Flaschenform findet sich bereits bei einem keltischen Tongefäß aus der Zeit um 1400 vor Christus - gefunden auf fränkischem Boden bei Wenigumstadt. Etwa ein Drittel der fränkischen Weine wird in Bocksbeuteln abgefüllt. Aber: "Viele Winzer wollen momentan einen 0,7-Liter-Schlegel", sagt Gsell. "Die Nachfrage steigt stark." © dpa
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