Im ersten Halbjahr 2024 ist die Zahl der Firmeninsolvenzen in Österreich stark gestiegen. Betroffen sind etwa 11.000 Arbeitsplätze. Die Zahl der Privatinsolvenzen bleibt hingegen nahezu unverändert.

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Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Österreich ist im ersten Halbjahr 2024 um mehr als ein Viertel auf 3.363 (+26,4 Prozent) gestiegen, wobei laut der endgültigen Statistik des Gläubigerschutzverbandes Creditreform die Zahl der tatsächlich eröffneten Verfahren gegenüber der ersten Jahreshälfte 2023 um 34,6 Prozent auf 2.099 zunahm. Besonders besorgniserregend ist der massive Anstieg der mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen um 14,7 Prozent auf 1.264 Fälle.

"Das Thema Pandemie spielt bei den Insolvenzen keine Rolle mehr", sagt der Geschäftsführer von Creditreform Österreich, Gerhard Weinhofer. "Dafür schlägt die anhaltende Wirtschaftsflaute negativ zu Buche. Die Auftragsbücher leeren sich zunehmend, die Kosten steigen aber weiter, dazu kommen bürokratische Hürden. Die Unternehmen kämpfen an zahlreichen Fronten und verlieren immer öfters diesen Kampf."

11.000 Arbeitsplätze betroffen

Laut einer Creditreform-Umfrage sind die Geschäftsaussichten der österreichischen Unternehmen derzeit pessimistischer als auf dem Höhepunkt der Pandemie. Rückläufige Erträge, Aufträge und Investitionen kennzeichnen das aktuelle Geschäftsklima, das seit Jahrzehnten nicht mehr so negativ war.

Die Insolvenzpassiva summierten sich auf rund 11,2 Mrd. Euro, und etwa 11.000 Arbeitsplätze waren betroffen. Insbesondere Insolvenzen von Unternehmen der Signa-Gruppe und von René Benko als Einzelunternehmer prägten das erste Halbjahr, aber auch bekannte Unternehmen wie Fisker GmbH, Windhager Zentralheizung Technik GmbH und Brucha GmbH.

Starker Zuwachs an Insolvenzfällen vor allem in drei Bundesländern

Im Bundesländervergleich verzeichneten Vorarlberg (+74,1 Prozent), das Burgenland (+67,0 Prozent) und die Steiermark (+33,2 Prozent) die höchsten Zuwächse an Insolvenzfällen. Wien bleibt mit fast 15 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen am stärksten betroffen, während Tirol mit 5 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen die niedrigste Insolvenzrate aufweist.

Branchenübergreifend waren der Handel (625 Insolvenzen), das Bauwesen (598) und unternehmensbezogene Dienstleistungen (500) am stärksten von Insolvenzen betroffen. Besonders stark stiegen die Insolvenzen jedoch in der Industrie (+44,6 Prozent), im Kredit- und Versicherungswesen sowie im Transportwesen (+44,4 Prozent).

Zahl der Privatinsolvenzen unverändert

Für das Gesamtjahr 2024 prognostiziert Creditreform mehr als 7.200 Firmeninsolvenzen und damit einen neuen Rekord seit 15 Jahren.

Die Zahl der Privatinsolvenzen blieb im ersten Halbjahr mit knapp über 5.000 (+0,5 Prozent) nahezu unverändert. "Trotz steigender Arbeitslosigkeit und wachsender Kosten für die Lebenserhaltung stagniert die Privatinsolvenzentwicklung und bleibt sogar unter dem Vor-Corona-Niveau", so Weinhofer. "Das feinmaschige soziale Netz samt staatlicher Hilfen in Kombination mit hohen Lohnabschlüssen macht die Österreicherinnen und Österreicher angesichts der Polykrisen krisenresilienter." Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren stieg um 1,6 Prozent auf rund 4.600, während die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen um 11,3 Prozent auf 392 Verfahren zurückgingen.

Ein Drittel der Schuldner sind gescheiterte Selbstständige. Die bereinigte Durchschnittsverschuldung liegt bei rund 55.000 Euro. (APA/aks)

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