Die Zölle auf chinesische E-Autos könnten in der EU bald drastisch steigen. Die EU-Kommission und China haben noch bis Donnerstag Zeit, eine Lösung zu finden. Ansonsten könnten auch deutsche Automarken betroffen sein.
Sollte es bis Donnerstag nicht doch noch einen Kompromiss zwischen Brüssel und der chinesischen Führung in Peking geben, wird die EU-Kommission die Zölle auf E-Autos aus China teils drastisch erhöhen. Besonders im Fokus sind drei Marken, die sich die Kommission in ihrer Untersuchung genauer angeschaut hat: BYD, Geely und SAIC.
Was wird China vorgeworfen?
Die EU-Kommission geht davon aus, dass China seinen E-Autoherstellern übermäßige Subventionen zahlt und ihnen so einen Vorteil auf dem Markt verschafft. Die Weltmärkte würden von "billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Chinesische Anbieter wie BYD und SAIC haben ihren Anteil auf dem europäischen Markt für Elektroautos in den vergangenen zwei Jahren mehr als vervierfacht. Er lag nach Angaben des Analyseunternehmens Jato Dynamics im letzten Quartal des vergangenen Jahres bei 7,8 Prozent.
BYD weltweit größter E-Autobauer
BYD ist seit Ende des vergangenen Jahres der weltweit größte Hersteller von Elektroautos. Das Unternehmen aus dem südchinesischen Shenzhen wurde 1995 gegründet, produzierte zunächst Batterien und stieg 2003 in die Produktion von Autos ein. Heute ist das Unternehmen spezialisiert auf Hybrid- und E-Autos. Zahlreiche westliche Autokonzerne beziehen Batterien für ihre Elektro-Pkw von BYD, darunter BMW, Mercedes, Audi, Tesla, Toyota und Ford.
Den chinesischen Markt hat der Hersteller bereits erobert, nun soll Europa folgen. Erste Pläne für eine Fabrik in Ungarn gibt es bereits und auch mit der italienischen Regierung gab es zu Beginn des Jahres Gespräche über ein mögliches Werk. Außerhalb Europas verfolgt der Konzern etwa in Südostasien und in Brasilien Pläne für neue Produktionsstandorte.
Den Anspruch des Unternehmens unterstreicht sicherlich auch das Sponsoring der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland: Dort löste BYD in diesem Jahr den deutschen Hersteller VW ab. Für BYD soll der Aufschlag bei den Zöllen laut Kommission 17,4 Prozent betragen.
Höchster Zollsatz für Hersteller SAIC
Für den staatlichen Hersteller SAIC sieht die EU-Kommission einen Zollsatz von 38,1 Prozent vor, wohlgemerkt zusätzlich zu den bereits bestehenden Zöllen von zehn Prozent. Die Höhe des zusätzlichen Satzes orientiert sich laut Kommission am Wert der erhaltenen Subventionen, wohl aber auch daran, wie stark die Unternehmen bei der Untersuchung mit der Kommission zusammengearbeitet haben.
SAIC hat seinen Sitz in Shanghai, über Joint Ventures arbeitet es mit VW zusammen. In der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang betreiben die beiden Firmen ein gemeinsames Werk und eine Teststrecke. Am Bau der Teststrecke seien womöglich uigurische Zwangsarbeiter beteiligt gewesen, berichtete im Februar das "Handelsblatt".
SAIC war im vergangenen Jahr maßgeblich daran beteiligt, dass China nach einer Auswertung des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch-Gladbach zum größten Autoexporteur der Welt aufstieg. Allein SAIC führte eigenen Angaben zufolge 1,21 Millionen Autos im vergangenen Jahr aus.
Geely zeigt sich innovationsstark
Der Autobauer Geely aus Hangzhou machte zuletzt durch seine Innovationsstärke im Bereich der Elektroautos von sich reden: Der Konzern stattete als erster weltweit seinen Van Zeekr 009 mit einer leistungsstarken Batterie aus, die Reichweite soll bis zu 822 Kilometer betragen. Im CAM-Vergleich der Autohersteller weltweit war Geely vergangenes Jahr das zweitinnovationsstärkste Unternehmen (nach Tesla).
Gemeinsam mit dem französischen Hersteller Renault startete Geely Ende Mai ein gemeinsames Projekt für Verbrennerautos. Das neue Gemeinschaftsunternehmen Horse Powertrain Limited soll Motoren, Getriebe und Batterien für Autos mit Verbrennungsmotor und Hybridantrieb entwickeln, herstellen und verkaufen. Für Geely plant die EU-Kommission einen Zollsatz von zusätzlich 20 Prozent.
Was für andere Hersteller gilt
Die Zollerhöhungen würden auch für Unternehmen wie BMW oder Tesla fällig, die ihre Produktion nach China verlagert haben. Sie müssen im gewichteten Durchschnitt mit einem Aufschlag von 21 Prozent rechnen, wenn sie aus China in die EU importieren. Darüber hinaus kündigte die Kommission Strafzölle in Höhe von 38,1 Prozent für Unternehmen an, die während der Untersuchung nicht mit der EU kooperiert hatten. Die Hersteller können in den kommenden Monaten allerdings individuelle Änderungen in Brüssel beantragen. (afp/phs)
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