Sie ist eine österreichische Besonderheit und gilt als Vorzeigemaßnahme des Wohlfahrtsstaates. Vor allem Arbeitnehmer mit niedrigem Bildungsstand sollen durch die Bildungskarenz zur Weiterbildung motiviert werden. Kritiker behaupten aber, dass genau dies eben nicht passiert.
Bürger anderer Staaten runzeln nicht selten ungläubig die Stirn, wenn man ihnen die österreichische Bildungskarenz erklärt. Arbeitnehmer erhalten vom Staat Geld dafür, dass sie vorübergehend aufhören zu arbeiten und sich stattdessen weiterbilden. Bedingung dafür ist, dass man seit mindestens sechs Monaten ununterbrochen beim selben Arbeitgeber angestellt ist.
Dieser kann dann den Arbeitnehmer zwischen zwei bis maximal zwölf Monate von der Arbeit freistellen. In dieser Zeit zahlt der Staat ein Weiterbildungsgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes, mindestens aber knapp 450 Euro pro Monat. Das Geld erhält jedoch nur, wer einen Weiterbildungsnachweis vorlegen kann. In der Vergangenheit war dies nicht besonders schwer. Im Falle eines Studiums reichte die Vorlage der Inskriptionsbestätigung.
Bildungskarenz mit strengeren Auflagen
Doch seitdem die Bildungskarenz vergangenes Jahr reformiert wurde, herrschen strengere Auflagen. Wer studieren will, muss nun mindestens vier Semesterstunden in der Woche vorweisen. Andere Ausbildungen haben ein Ausmaß von 20 Wochenstunden zu erfüllen. Unverändert bleibt, dass während der Bildungskarenz kein Abschluss erlangt werden muss.
Seit der Reform gibt es auch die Möglichkeit der Bildungsteilzeit, in der die Arbeitnehmer nicht gänzlich aufhören zu arbeiten. Sofern der Arbeitgeber zustimmt, kann die Arbeitszeit um 25 Prozent bis maximal 50 Prozent reduziert werden. Der Staat steuert dann zu dem verbleibenden Gehalt das anteilige Weiterbildungsgeld bei. Die maximale Dauer der Bildungsteilzeit ist mit 24 Monaten doppelt so lang wie bei der normalen Bildungskarenz.
Wurde die Bildungskarenz anfangs sehr selten in Anspruch genommen, nutzten sie im Jahr 2013 bereits fast 22.000 Arbeitnehmer. Vor allem während der Finanzkrise stieg die Zahl der Anträge erheblich an – und damit auch die Kosten. Denn ein maximales Limit an Ausgaben für die Bildungskarenz gibt es nicht. 2013 gab der Staat fast 110 Millionen Euro für die Weiterbildungen aus. Von dem Geld profitieren aber vor allem jene, die bereits über einen hohen Bildungsstand verfügen.
Weiterbildung nur was für Reiche?
Knapp 60 Prozent der Bezieher haben Matura oder einen noch höheren Abschluss. Die Wirtschaftskammer kritisiert, dass gerade die Zielgruppe mit niedrigerem Bildungsstand sich die Karenz gar nicht leisten kann. Dass die besser abschneidenden Akademiker während ihrer Bildungskarenz auch nur halb so viele Semesterstunden absolvieren müssen wie Studenten die Kindergeld beziehen, ist nicht für jeden nachvollziehbar.
Mit der Teilzeitbildung hofft der Staat nun langfristig deutlich mehr Arbeitnehmer mit niedrigerem Bildungsstand zu erreichen. Bislang ist das aber noch nicht geglückt. Zudem werden durch die Bildungsteilzeit die Ausgaben nicht verringert, sondern steigen im Gegenteil weiter an. Doch zeigen diese Ausgaben immerhin auch Wirkung. Motivation und Kompetenz sind nach einer Bildungskarenz tendenziell höher, so eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS). Und vor allem Frauen dürfen sich nach der Weiterbildung über durchschnittlich zehn Prozent mehr Gehalt freuen.
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